Religions- und Weltanschauungsunterricht in Berlin: Pro Halbjahr ein Kontrollbesuch
Der freiwillige Religionsunterricht findet nahezu ohne staatliche Aufsicht statt. Bayern geht einen völlig anderen Weg - auch für muslimische Kinder.
Trotz des wachsenden Anteils muslimischer Schüler stagniert die Teilnahme am Religionsunterricht der Islamischen Föderation: Die Quote liegt seit der Einführung im Jahr 2003 bei weit unter zwei Prozent, wie aus einer Anfrage des SPD-Abgeordneten Joschka Langenbrinck (SPD) hervorgeht. In absoluten Zahlen bedeutet dies eine Teilnehmerzahl von unter 5000.
Damit ergeht es der Föderation ähnlich wie den anderen Religionsgemeinschaften: Auch die Evangelische und Katholische Kirche, die Aleviten, Buddhisten sowie die Jüdische Gemeinde verzeichnen kaum Veränderungen bei ihrer schulischen Präsenz. Einzig der Humanistische Verband mit seinem Weltanschauungsfach Lebenskunde legt ständig zu: Seinen Unterricht besuchen inzwischen rund 63 000 Schüler. Diese Expansion ist möglich, weil der Verband ein eigenes Institut für die Lehrerausbildung hat. Hingegen wird es einen Lehrstuhl für Islamische Theologie in Berlin erst ab 2018 geben.
Berlin geht einen Sonderweg
Langenbrinck wollte in seiner Anfrage auch wissen, ob und wie oft der Islamische Religionsunterricht kontrolliert wird. Die Antwort der Bildungsverwaltung, die dem Tagesspiegel vorliegt, lautet, dass „pro Schulhalbjahr ein unangemeldeter Unterrichtsbesuch durch die zuständige Schulaufsicht oder die Schulleitung durchgeführt wird“. Dies hält Langenbrinck für nicht ausreichend. „Die seltenen Kontrollbesuche der Schulaufsicht sehe ich kritisch. Auch der freiwillige Islamunterricht an Schulen muss regelmäßiger staatlicher Kontrollen unterliegen, sonst sind die Qualitätskriterien nichts wert,“ befürchtet der Bildungspolitiker.
Da der Religions- und Weltanschauungsunterricht in Berlin - anders als in den anderen Bundesländern - freiwillig und kein ordentliches Unterrichtsfach ist, unterliegt er generell keiner besonderen Kontrolle. Das ist in den übrigen Bundesländern anders, sofern sie Religion als Fach in staatlicher Verantwortung anbieten: Hier gelten für den Religionsunterricht die gleichen Anforderungen an die Ausbildung der Lehrer und an die Kontrolldichte wie bei den übrigen staatlichen Fächern. Allerdings bietet sich für den Islamunterricht ein anderes Bild: Er ist – mangels Kooperationspartnern – noch nicht so flächendeckend installiert wie der christliche Religionsunterricht: Die Länder behelfen sich mit unterschiedlichen Modellen.
In Bayern gibt es an 400 Schulen Islamunterricht
Zunehmend versucht Bayern, den muslimischen Schülern ein Unterrichtsangebot zu unterbreiten. Am Modellversuch „Islamischer Unterricht“ nehmen bereits 400 Schulen teil – 160 mehr als im Vorjahr. Dahinter verbirgt sich allerdings kein konfessioneller sondern ein religionskundlicher Unterricht
Nach Angaben des bayerischen Bildungsministeriums wurden die Inhalte des Islamischen Unterrichts von der Universität Erlangen-Nürnberg gemeinsam mit dem Ministerium unter Einbindung von Eltern erarbeitet „und basieren auf dem Fundament des Grundgesetzes und der Bayerischen Verfassung“. Eine Kooperation mit der von der Türkei gesteuerten Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditip) bestehe nicht, betont das Ministerium.
Wie berichtet besuchen aktuell laut Bildungsverwaltung knapp 170 000 Schüler Religions- oder Weltanschauungsunterricht. Der größte Anteil entfällt mit rund 80 000 Teilnehmern auf den evangelischen Religionsunterricht, gefolgt von 62 700 auf den Lebenskundeunterricht und 24 000 auf den katholischen Religionsunterricht.
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