Marode Schule in Steglitz-Zehlendorf: Bürgermeisterin gibt Gutachten zu Gesundheitsgefahr nicht heraus
Die Turnhalle der Berliner Grundschule am Insulaner ist gesperrt. Das Gutachten, das dazu führte, bleibt erstmal im Schulamt. Aber der Schimmel ist nicht das einzige Problem.
Man muss kein Spürhund sein, um den Schimmelgeruch in der Umkleidekabine zu identifizieren: „Das schlägt einem schon muffig entgegen“, beschreibt eine Mutter den ersten Eindruck beim Betreten der Turnhalle am Insulaner und rümpft angewidert die Nase.
Wann genau die Probleme angefangen haben, weiß sie nicht so genau. Erst tropfte es durchs Dach, dann wurde repariert, dann war eine andere Stelle undicht und so weiter. „Flickschusterei, weil kein Geld da war, um das Dach komplett neu zu decken“, resümiert die Bürgermeisterin von Steglitz-Zehlendorf, Cerstin Richter-Kotowski (CDU), wenn man sie nach der jüngeren Reparaturgeschichte der Steglitzer Turnhalle fragt.
Irgendwann war der Schimmel unübersehbar. Was dann folgte: „Im Februar forderte der Bezirk ein Gutachten an, am 22. Februar gab es die Empfehlung, die Turnhalle zu sperren, am 23. Februar hat das Schulamt die Schule informiert“, legte Richter-Kotowski am Montag gegenüber dem Tagesspiegel dar. Und dass eine andere Turnhalle am Immenweg als Ausweichquartier genutzt werden soll.
Schimmel, defekte Klos, Duschen und Parkett
Sonst bleibt allerdings manches im Unklaren. Etwa die Frage, wann die Insulaner-Halle wieder nutzbar ist. Bildungsstadtrat Frank Mückisch (CDU) hatte nach Angaben der Gesamtelternvertretung (GEV) von „drei Monaten“ gesprochen. Die Bürgermeisterin will sich darauf aber nicht festlegen. Erst müssten ja Angebote eingeholt werden. Zumal die Probleme vielfältig sind: Denn kaputt sind auch Fall- und Abwasserrohre.
Letzteres ist der Grund dafür, dass die Toiletten und Duschen der Turnhalle seit einem Jahr nicht genutzt werden dürfen – weshalb die Kinder die ganze Zeit Dixi-Toiletten benutzen mussten, wie Boris Mahn vom Gesamtelternvorstand ergänzt. Aber auch das ist noch lange nicht alles: Wegen der Feuchtigkeit hat sich das Parkett in der Turnhalle gewölbt. Und dann muss in zwei Räumen der Schimmel beseitigt werden.
Schüler gingen in Schimmel-Halle ein und aus
Aber wie gesundheitsschädlich ist der Schimmel denn nun? Erhellend wäre vielleicht ein Blick in das Gutachten, aber das will die Bürgermeisterin nicht herausgeben. „Die Eltern können das im Schulamt einsehen“, wehrte Richter-Kotowski die Bitte des Tagesspiegels ab, mehr über die Schimmelrisiken zu erfahren.
Ganz ungefährlich dürfte es nicht sein. Dafür spricht nicht nur die Sperrung, sondern auch die Tatsache, dass die Bürgermeisterin eine Fotoerlaubnis für das Innere der Turnhalle mit Hinweis auf ihre „Verantwortung“ verweigerte. Aber war es dann überhaupt zu verantworten, dass die Schüler im Schimmelraum bis vor Kurzem ein- und ausgingen? „Anfangs sieht man den Schimmel ja kaum“, wehrt Richter-Kotowski ab. Das sei erst jetzt so „deutlich“ zu erkennen.
Kurz: Nichts scheint zu funktionieren
Die Eltern sind aber nicht nur wegen des Schimmelbefalls besorgt, sondern auch verärgert über den Umgang des Schulamts mit Elternanfragen. „Ich habe vom Schulamt wochenlang keine Antwort auf meine Mail erhalten“, ärgert sich GEV-Vorstand Mahn. Und er gibt zu bedenken, dass das Ausweichquartier am Immenweg schon jetzt als – überstrapazierter – Ersatz für andere Schulen diene. Und dann berichtet er noch, dass die Klettergerüste auf dem Schulhof teils seit Jahren abgebaut, teils seit Monaten gesperrt seien.
Die Schule ist offenbar inzwischen auch nicht bereit, sich weiter zu gedulden: Mitte März demonstrierten Lehrer und Schüler vor den Bezirksverordneten. Es ist nicht die erste Demonstration gegen die baulichen Mängel an Schulen im Bezirk: Die Schülervertreter organisierten Märsche zum Rathaus, einzelne Schulen protestierten vor dem Amtssitz des Baustadtrates Michael Karnetzki, die Eltern des Bezirks, allen voran Daniela von Treuenfels, machten vor knapp zehn Jahren den Anfang mit ihrem "Adventskalender" der maroden Schulen und ließen seither nicht locker. Anfang 2015 organisierten sie eine viel beachtete Diskussion mit verantwortlichen Bezirks- und Landespolitikern und schafften es, das Thema "marode Schulen" immer wieder auf die Agenda zu bringen, bis schließlich der Sanierungsbedarf berlinweit erhoben wurde. Zu den größten Ärgernissen gehört die Sperrung vieler Turnhallen, darunter auch die der Grundschule am Karpfenteich. Sie hat mit rund acht Jahren wohl die längste Wartezeit hinter sich.
Wie berichtet, hat der Bezirk auch den mit den Abstand höchsten Akut-Sanierungsbedarf Berlins angemeldet. Richter-Kotowski begründet dies unter anderem mit dem großen Altbaubestand, was aber die Bildungsverwaltung nicht gelten lässt, da viele Bezirke in der selben Zeit expandierten und viele Schulen bauten, die alle vergleichbar alt und aufwendig zu sanieren sind.