Berliner Schulplanung: Schnellbauschulen sollen besser werden
Module! Module! Wegen Schulraumangels macht Berlin Abstriche bei der Architektur. Bald starten aber neuartige Wettbewerbe: Hier sind die Standorte.
Schluss jetzt mit den "Flurschulen" nach altem Muster: Berlins neue Schulen sollen "Lern- und Teamhäuser" werden, in denen man sich nicht nur in der Aula oder in der Mensa trifft, sondern auf allen Etagen soll es Platz für Begegnung und Austausch geben.
Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) nutzte die Klausur der SPD-Fraktion am Wochenende in Hamburg, um den Abgeordneten zu berichten, wie es nun konkret weitergeht mit der neuen Art, Schulen zu bauen: Die nächsten zehn Projekte, die im Rahmen des Programms "Modellvorhaben beschleunigter Schulbau" (MOBS) geplant sind, sollen - anders als die ersten zehn MOBS-Schulen - bereits nach den neuen Raumvorstellungen errichtet und entsprechend ausgeschrieben werden.
Je drei Schnellbauschulen in Pankow und Lichtenberg
Auf der Karte der neuen Standorte kann man schnell sehen, dass die geburtenärmeren Westbezirke erstmal kaum rankommen: Drei MOBS-Schulen entstehen in Pankow (Cotheniusstraße/Conrad-Blenkle-Straße, Hauptstraße, Rennbahnstraße), drei im ebenfalls geburtenreichen in Lichtenberg (Schleizer Weg, Allee der Kosmonauten, Am Breiten Luch), je eine in Neukölln (Koppelweg), Treptow-Köpenick (Eisenhutweg-Hemann-Dorner-Allee in Adlershof), Reinickendorf (Thurgauer Allee) und zwei in Mitte (Reinickendorfer Straße in Wedding, sowie Adalbertstraße in Alt-Mitte nahe Kreuzberg).
Protest in der BVV Mitte
Vom Standort Adalbertstraße wird noch einiges zu hören sein, denn wie berichtet hat der Bauherr, die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, den Bezirk aufgefordert, dem für seine Integrationsarbeit hoch gelobten Tennisverein TC Mitte zu kündigen, der dort seine Plätze hat: Am Donnerstag wurde der Protest bereits in die BVV Mitte getragen (mehr dazu im aktuellen Tagesspiegel-Newsletter aus Mitte), und die Fraktionen bekräftigten die Erwartung, dass die neue Schule so konzipiert wird, dass der Tennisverein bleiben kann: Das Grundstück sei groß genug, hieß es.
Erwartungen an die neuen "Lern- und Teamhäuser"
In Hamburg war das allerdings kaum ein Thema: Da ging es mehr ums große Ganze und damit um die Frage, wie auf die Schnelle zehntausende zusätzliche Schüler versorgt werden können, ohne dass die Lernqualität zu sehr leidet. Genau darauf hatte auch der Berliner Landeselternausschuss stark gedrungen, seitdem klar war, dass bis 2025 rund 60 neue Schulen entstehen müssen. Landeselternsprecher Norman Heise war dann auch zur Fraktionsklausur nach Hamburg eingeladen worden, um über das Konzept der Berliner Lern- und Teamhäuser sowie über die Erwartungen der Eltern an die neuen Schulen zu berichten.
Heise sagte auf Anfrage, dass das Elterngremium sich "sehr freut über die Ankündigung der Standorte für die ersten neuen Schulen nach dem Konzept der Berliner Lern- und Teamhäuser". Nun hoffe man darauf, dass es "demnächst die ersten Entwürfe zu sehen gibt".
"Ansprüche des 21. Jahrhunderts"
Scheeres kündigte gegenüber der Fraktion denn auch an, dass die neuen Schulen den Ansprüchen an "moderner Unterrichtsarbeit, wie Teilungsunterricht oder Gruppenarbeit" genügen solle. Auch die Erwartungen an Fachräume und Unterrichtsgestaltung seien gestiegen. Die Architekten, die sich an den Wettbewerben für die neuen MOBS-Schulen beteiligen werden, sollen dann bereits die Vorgaben der "Facharbeitsgruppe Schulraumqualität" folgen. Kurzum: Die neuen Schulen sollen "den Ansprüchen des 21. Jahrhunderts genügen", wie Scheeres betonte.
SPD-Bildungsexpertin Maja Lasic sagte am Sonnabend auf Anfrage, die neue Tranche der Schnellbauschulen sei "extrem wichtig", weil sie in Stadtteilen wie im Wedding schnell die notwendigen Kapazitäten schaffen würden, "auf die wir nicht länger warten können". Lasic betonte, aber dass diese neuen Schulen "nach den neuen Raumkonzepten gebaut werden".
Grüne warnen vor Uniformität
Ganz anders verhält es sich allerdings mit den Modularen Ergänzungsbauten (MEBs), die überall in Berlin aus dem Boden schießen und bislang nur als reine Flurschulen aufgetaucht sind. 40 davon sind schon gebaut, "weitere 39 in Bau und Planung", wie Scheeres' Sprecherin Beate Stoffers berichtete.
Um zu erreichen, dass Berlins Schulbau vielfältiger wird, als es die bisherigen Modulbauten sind, hatten die Grünen im Dezember angeregt, einen großen Ideenwettbewerb zu starten ("50 Schools for Berlin"). Ob es dafür die Unterstützung der Koalitionäre gibt, war bisher noch nicht zu erfahren. Klar ist nur: Die Grünen wollen sich nicht damit abfinden, dass Berlin wegen des Zeitdrucks, der entstanden ist, für die nächsten 50 bis 100 Jahre mit uniformen Schulbauten zugebaut wird. Sie verweisen darauf, dass es um das Jahr 1900 herum - trotz ähnlich rasant steigender Schülerzahl - gelungen war, sehr vielfältige Schulen zu schaffen.
Einheitsbrei - auch bei den Kitas
Auch bei den Kitas regiert längst die Uniformität: Vergangene Wochen waren Modelle für Schnellbau-Kitas vorgestellt worden. Angesprochen auf das Problem der Uniformität hatte die Senatorin für Stadtentwicklung, Katrin Lompscher (Linkspartei, entgegnet, dass auch in der Gründerzeit mit vorgefertigten Standardelementen gebaut worden sei. Als Beispiel nannte sie Gebäudeteile wie Stuck-, Treppen- oder Fensterelemente. Was sie nicht sagte: Die Gründerzeitschulen waren in ihre Gesamtwirkung alles andere als uniform.
Allerdings - die städtebaulichen und architektonischen Fragen drohen in den Hintergrund zu treten angesichts des herrschenden Platzmangels: Zunehmend wird es nur noch darum gehen, die Kapazitäten "irgendwie" zu schaffen. Angesichts der zunehmenden Probleme, Firmen und Verwaltungsmitarbeiter zu gewinnen und den Vorschriften-Dschungel zu lichten, hatte die CDU vergangene Woche eigene Vorschläge gemacht, wie Berlin den Schulbau beschleunigen könnte.