Gutachten belastet Regierenden Bürgermeister: Schmitz-Affäre: Wowereit handelte "klar rechtswidrig"
Laut Parlamentsgutachten hätte der Regierende Bürgermeister in der Steueraffäre seines früheren Kulturstaatssekretärs André Schmitz ein Disziplinarverfahren einleiten müssen. Und auch die Staatsanwaltschaft hat sich dem demnach nicht korrekt verhalten.
Nach einem Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes des Berliner Abgeordnetenhauses hat der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit in der Steueraffäre seines früheren Kultursstaatssekretärs André Schmitz (beide SPD) gegen geltendes Dienstrecht verstoßen. Die Gutachter kommen zu dem Schluss, dass der Regierende Bürgermeister in jedem Fall ein Disziplinarverfahren gegen Schmitz hätte einleiten müssen, als er von diesem über Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung informiert worden war. Steuerhinterziehung – auch im privaten Bereich – werde nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als Dienstvergehen gewertet.
Zudem hätte Wowereit den Fall aktenkundig machen müssen. Auch die Staatsanwaltschaft hat sich dem Gutachten zufolge nicht korrekt verhalten. Sie hätte offiziell Wowereit als Dienstherrn benachrichtigen müssen und nicht automatisch davon ausgehen dürfen, dass dieser von den Ermittlungen weiß.
Im Februar dieses Jahres war bekannt geworden, dass im Jahr 2012 die Staatsanwaltschaft gegen Schmitz ermittelte, da er Steuern in Höhe von 22 000 Euro hinterzogen hatte. Das Verfahren wurde Ende 2012 gegen die Zahlung einer Geldbuße von 5000 Euro eingestellt. Im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses hat Wowereit sein Verhalten in der Sache Schmitz vor einigen Wochen gerechtfertigt: „In Würdigung der jahrzehntelangen hervorragenden Arbeit von Herrn Schmitz“ habe er davon abgesehen, ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Einen Tag nach Bekanntwerden seiner Steuerhinterziehung bat Schmitz um die Entbindung von seinen Aufgaben. Seinen Beschluss, ihn daraufhin zu entlassen, musste der Senat wenig später wieder zurücknehmen. Schmitz wurde stattdessen in den Ruhestand versetzt und hat damit Anspruch auf Übergangsgelder.
Wowereit hätte Disziplinarverfahren einleiten müssen
In dem Gutachten, das von den Grünen im Abgeordnetenhaus in Auftrag gegeben worden war, heißt es, dass bei „hinreichenden Anhaltspunkten“ ein Disziplinarverfahren „unverzüglich“ eingeleitet werden muss: „Dem Dienstvorgesetzten steht in diesem Fall kein Ermessensspielraum zu.“ Weiter führt das Gutachten aus: „Eine schuldhafte Vernachlässigung dieser Pflicht“ könne ein Dienstvergehen des Vorgesetzten bedeuten, das wiederum disziplinarrechtliche Folgen haben kann. Allerdings nicht für Wowereit – als Mitglied des Senats ist er kein Beamter und unterliegt deshalb nicht dem Beamtenrecht.
Für den Fraktionsgeschäftsführer der Grünen, Benedikt Lux, hat sich Wowereit klar rechtswidrig verhalten. Dieser hätte disziplinarrechtlich handeln und das auch dokumentieren müssen, sagt Lux. „Wowereit hat sich über Recht und Gesetz gestellt und geltendes Beamtenrecht gebrochen“, sagte Lux. „Die Regierungsfraktionen haben eine Missbilligung von Wowereit verhindert.“ Damit hätten sie sein Verhalten gebilligt. Lux forderte die Koalitionsfraktion auf, „sich vom Verhalten des Regierenden Bürgermeisters deutlich zu distanzieren“. Ein Missbilligungsantrag von Grünen, Linken und Piraten war mit den Stimmen von SPD und CDU im Abgeordnetenhaus gescheitert.