Vorstoß von Berlins Bildungssenatorin: Scheeres will Mittleren Schulabschluss an Gymnasien erleichtern
Nun also doch: „Wir werden einen Gesetzentwurf auf den Weg bringen“, kündigt die Spitze der Bildungsverwaltung an. Die Linke geht bereits auf Distanz.
Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) will nun doch die Initiative bei der Reform des Mittleren Schulabschlusses (MSA) übernehmen. „Wir werden einen Gesetzentwurf auf den Weg bringen“, kündigte Bildungsstaatssekretärin Beate Stoffers (SPD) gegenüber dem Tagesspiegel an.
Ob dies zum Erfolg führt, ist allerdings fraglich, weil die rot-rot-grüne Koalition bisher immer daran festhielt, dass auch die Gymnasien alle MSA-Prüfungen absolvieren müssen.
„Die Linke wird nicht zustimmen“, sagte denn auch die bildungspolitische Sprecherin Regina Kittler auf Anfrage. Schließlich würde der Wegfall der Prüfungen „nur mal wieder die Exklusivität des Gymnasiums stützen“. Das widerspreche der inklusiven Schule ebenso wie das gymnasiale Probejahr und das damit verbundene Abschulen.
Auch die Grünen und die SPD lassen bisher nicht erkennen, dass sie der Senatorin folgen würden. Die Grünen wollen erstmal den gesamten Bericht der Expertenkommission mit der Bildungsverwaltung diskutieren und „warten auf eine Einladung dazu“. Im Übrigen könne Senatorin Scheeres den Grünen „selbstverständlich jederzeit Gesetzentwürfe vorlegen, und wir werden das dann beraten“, stellte die grüne Bildungsexpertin Marianne Burkert-Eulitz in Aussicht.
Wie berichtet, hatte die von Scheeres berufene Expertenkommission unter der Leitung des Bildungsforschers Olaf Köller empfohlen, den Gymnasien die zentralen schriftlichen Prüfungen am Ende der zehnten Klasse zu ersparen, weil sie Stoff abfragen, der dort schon in der neunten Klasse durchgenommen wird. [Den vollständigen Bericht der Expertenkommission können Sie hier herunterladen.]
Scheeres hat verschiedene Optionen
Dies ist der Tatsache geschuldet, dass die Gymnasien in zwölf Jahren zum Abitur führen, die Sekundarschulen aber in 13 Jahren. Es wird daher diskutiert, dass die Gymnasien stattdessen zu Beginn der zehnten Klasse Vergleichsarbeiten schreiben, die ihrem Niveau angemessen sind. Dies hätte auch den Vorteil, dass nicht alle MSA-Prüfungen parallel zu den Abiturklausuren stattfänden.
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Ob Scheeres diese Möglichkeit in ihren geplanten Gesetzentwurf aufnimmt, ist bisher nicht bekannt. Es gäbe darüber hinaus noch die Möglichkeit, den MSA einfach mit dem Versetzungszeugnis in die elfte Klasse zu vergeben, so wie es die meisten anderen Bundesländer tun.
Die Elternschaft fordert seit 2016 die Reform des MSA
Zudem gibt es den Vorschlag von Seiten der Gymnasien und der Elternschaft, dass die Gymnasiasten eine Präsentationsprüfung in der zehnten Klasse ablegen, mit der sie sich auf die fünfte Prüfungskomponente im Abitur vorbereiten könnten.
Der Landeselternausschuss fordert mindestens seit 2016 den Verzicht auf die MSA-Prüfungen am Gymnasium. Wegen des Lehrermangels wurde diese Forderung 2018 wiederholt.
Scheeres hatte bei der Vorstellung des Expertenberichts angekündigt, dass sie den Vorschlag befürworte. Dies hatte allgemein für Aufmerksamkeit gesorgt, weil sie bislang stets für die Beibehaltung der vollständigen MSA-Prüfungen votiert hatte. Auf Nachfrage des Tagesspiegels hieß es dann aber in den vergangenen Wochen, dass das Parlament am Zug sei, weil es einer Gesetzesänderung bedürfe.
Die SPD-Fraktion bestreitet die Notwendigkeit einer Gesetzesänderung
Dies wiederum hatte die SPD-Fraktion bestritten und auf die Möglichkeit verwiesen, eine Verordnung zu ändern. Das könne Scheeres von sich aus tun, ohne Unterstützung des Parlaments. Die SPD-Fraktion ließ allerdings keinen Zweifel daran, dass es wenig Chancen für eine Zustimmung der rot-rot-grünen Koalition gebe.
Damit schien die MSA-Sache in der Sackgasse, wie der Tagesspiegel am Dienstag berichtet hatte. Am selben Tag dann folgte die überraschende Mitteilung, dass Scheeres selbst die Gesetzesänderung auf den Weg bringen wolle.