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Berliner Kitas sollen nach dem Willen des Senats nur noch in Ausnahmen Zuzahlungen von Eltern kassieren dürfen.
© dpa

Neues Berliner Kita-Gesetz: Scheeres beharrt auf Obergrenze bei Elternzuzahlungen

Berlins Bildungssenatorin will eine angemessene Zuzahlung der Eltern in Kitas. Klarheit soll aber erst eine Verordnung schaffen. Die Kitas bekommen zehn Millionen Euro mehr für Personal.

Das Kind vorm Mittagsschlaf aus der Kita abholen müssen, weil man nur einen Halbtagsplatz hat – damit ist es bald vorbei. Ab 1. Januar 2018 haben alle Berliner Kinder ab ihrem ersten Geburtstag Anspruch auf eine mindestens siebenstündige Betreuung, ohne dass Eltern einen Betreuungsbedarf nachweisen müssen. Bisher lag die Grenze bei fünf Stunden. Diese Neuerung ist Teil der aktuellen Kitagesetz-Änderung, die am Dienstag vom Senat beschlossen wurde und rund 20 Millionen Euro pro Jahr kostet.

Weitere rund zehn Millionen Euro fließen in personelle Verbesserungen, insbesondere in die Anleitungsstunden für Erzieherinnen in der berufsbegleitenden Ausbildung. Zudem bekommen die Kitaleitungen mehr Zeit für ihre gestiegenen Verwaltungs- und Planungsaufgaben.

Zuzahlung soll "angemessen sein"

Besonders strittig im neuen Kitagesetz war die Frage, ob es eine Obergrenze für Elternzuzahlungen – etwa für bilinguale Angebote oder für Bio-Essen – geben soll. Diese Frage wurde jetzt erstmal ausgeklammert und soll vor dem 1. August 2018 im Rahmen einer Rechtsverordnung oder direkt mit den Trägern geklärt werden.

Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) votiert für eine „Obergrenze im zweistelligen Bereich“. Im Gesetz festgeschrieben wurde jetzt nur noch, dass die Höhe der Zuzahlung „angemessen“ sein soll und dass die Träger die Zuzahlungen einen Monat vorher „anzeigen“ müssen. In einem früheren Entwurf hieß es noch, dass die Zuzahlungen von der Jugendverwaltung zu genehmigen seien. Dagegen hatte es Protest gegeben, weil es als unpraktikabel und bürokratisch eingeschätzt wurde.

Eltern fordern mehr Geld vom Land

Der Landeselternausschuss für die Kindertagesstätten (LEAK) verhält sich ambivalent zur Zuzahlungsfrage: Einerseits wollten die Eltern auf „liebgewonnene Angebote“ wie Fremdsprach- oder Musikförderung nicht verzichten, berichtet die LEAK-Vorsitzende Katrin Molkentin. Andererseits wollten sie aber auch nicht, dass die Kitas – wegen des Platzmangels – finanziellen Druck ausüben können. Molkentin plädiert dafür, dass das Land für „kulturelle Aktivitäten“ aufkommt – dann seien Zusatzbeiträge kaum noch nötig.

So sei musikalische Früherziehung auch von den Erzieherinen zu leisten, sofern sie entsprechend ausgebildet seien. Eine Obergrenze bei den Zuzahlungen lehnt Molkentin ab, weil sie befürchtet, dass dann alle Kitas früher oder später Zuzahlungen in der Höhe dieser Obergrenze verlangen werden. Das aber sei noch schlechter als die gerade erst abgeschafften sozial gestaffelten regulären Elternbeiträge.

Bisher kaum Sozialassistenten in Eigenbetrieben

Besorgt sind die Eltern aber auch wegen des Erziehermangels. Scheeres kritisierte, dass die öffentlichen Kita-Eigenbetriebe ersatzweise kaum von der neuen Möglichkeit Gebrauch machen, Sozialassistenten einzustellen - in über 270 Kitas der Eigenbetriebe seien bisher nur zwei von berlinweit 100 Sozialassistenten beschäftigt: Seit Mai gilt, dass Sozialassistenten in Kitas beschäftigt werden dürfen, sofern sie nach zwei Jahren eine berufsbegleitende Ausbildung zum Erzieher absolvieren.

Der pädagogische Geschäftsführer des Eigenbetriebs Nordwest, Harald Bohn, begründete die große Zurückhaltung bei der Einstellung von Sozialassistenten damit, dass sein Betrieb erst abwarten wollte, ob er die freien Stellen durch voll ausgebildete Erzieherinnen besetzen kann, die im Juli ihre Ausbildung beendet haben.

Rund 3400 Quereinsteigerinnen in Kitas

Allerdings hat der Eigenbetrieb Nordwest laut Bohn im Jahr 2017 rund 40 Quereinsteiger eingestellt, die eine berufsbegleitende Ausbildung machen. Das bedeute allerdings eine zusätzliche Belastung für die Beschäftigten, die beim Einarbeiten helfen müssen. Es sei gut, dass diese Anleitungsstunden ab Februar 2018 erhöht würden.

Berlinweit liegt der Anteil der Quereinsteiger, die berufsbegleitend eine Erzieherausbildung machen, bei etwa zwölf Prozent, wie die Sprecherin der Jugendverwaltung, Iris Brennberger, auf Anfrage mitteilte: Demnach sind aktuell 3400 der knapp 29.000 Erzieherinnen in der berufsbegleitenden Ausbildung.

Der Berlintag richtet sich auch an Erzieherinnen

Scheeres wies aber die Vermutung zurück, dass Erzieher massenhaft nach Brandenburg abwandern, weil dort besser bezahlt wird: Ihren Angaben zufolge pendeln über 5000 Erzieher von Brandenburg nach Berlin, aber nur etwas mehr als 1000 in umgekehrte Richtung. Künftig dürfte es dennoch immer schwieriger werden, ausgebildete Erzieherinnen zu finden, denn bundesweit gibt es eine Mangelsituation. Berlin hat deshalb abermals seine zentrale Werbeaktion für Lehrer, den "Berlintag", auf den Erzieherberuf ausgeweitet.

Ein Eigenbetrieb leistete sich Fristverträge

Angesichts des Mangels findet es Scheeres umso überraschender, dass der Kitaeigenbetrieb Nordwest manche Erzieherstellen nur befristet ausschreibt, was potentielle Interessenten abschreckt. Bohn sagte dazu auf Anfrage. dass das künftig anders gehandhabt werde.

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