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Der ADFC stellt an allen Orten, an denen Radfahrer getötet wurden, "Geisterräder" zur Mahnung auf.
© Soeren Stache/dpa

Berlin-Neukölln: Saudische Botschaft äußert Anteilnahme nach tödlichem Fahrradunfall

Nach dem Verkehrsunfall zwischen einem Radfahrer und einem saudi-arabischen Diplomaten prüft das Auswärtige Amt den Fall.

Nach dem tödlichen Verkehrsunfall in Berlin, in den ein saudi-arabischer Diplomat verwickelt war, fordert das Auswärtige Amt eine Stellungnahme des Königreichs. Es sei eine Verbalnote an die Botschaft übermittelt worden, teilte das Amt am Donnerstag auf Tagesspiegel-Anfrage mit. „Überlegungen zur etwaigen Ergreifung gesandtschaftsrechtlicher Schritte können frühestens angestellt werden, wenn die erbetene Stellungnahme vorliegt und die polizeilichen Ermittlungen abgeschlossen sind." Bei dem Unfall am Dienstag starb ein Radler, der auf die offene Fahrertür des im Halteverbot stehenden Diplomatenautos geprallt war. Ein Strafverfahren ist wegen der Immunität ausgeschlossen. Das Auswärtige Amt versicherte, es gehe Einzelfällen dennoch nach und schöpfe alle Mittel aus. Dazu gehöre ein Antrag auf Aufhebung der Immunität, die Aufforderung zur Abberufung oder die Erklärung eines Diplomaten zur unerwünschten Person.

Reaktion der saudischen Botschaft

Inzwischen hat sich auch die saudische Botschaft in einer E-Mail an den Tagesspiegel zu dem Fall geäußert. „Mit großer Bestürzung haben wir von dem tragischen Verkehrsunfall in Neukölln erfahren. Wir stehen dazu in engem Austausch mit dem Auswärtigen Amt. Im Namen der saudischen Botschaft möchten wir den Angehörigen des Verstorbenen unser tief empfundenes Beileid aussprechen“, hieß es .

Es war ein schrecklicher Moment, der sich am Dienstag an der Hermannstraße abspielte. Ein 51-jähriger Diplomat stand mit seinem Porsche Cayenne im absoluten Halteverbot. Als er die Fahrertür öffnete, konnte ein Radler, der an dem Wagen vorbeifahren wollte, nicht rechtzeitig bremsen. Der 56-Jährige erlitt bei der Kollision schwere Kopfverletzungen und starb im Krankenhaus. Konsequenzen erwarten den Diplomaten aber keine. Offiziell ermittelt die Polizei zwar wegen fahrlässiger Körperverletzung mit Todesfolge, die Staatsanwaltschaft wird am Ende der Ermittlungen aber kein Verfahren einleiten. Das verbietet die völkerrechtliche Immunität, die 1961 durch das „Wiener Übereinkommen“ international festgelegt wurde. Durch die Immunität sollen Diplomaten eigentlich vor der Willkür der Regierungen im Gastland geschützt werden.

22.882 Verkehrsverstöße durch Diplomatenfahrzeuge

In Berlin werden dadurch aber vor allem die Botschaftsmitarbeiter geschützt. 2016 registrierte die Polizei 22.882 Verkehrsverstöße durch Diplomatenfahrzeuge. Es gab sogar Vorfälle, in denen Diplomaten Sklaverei vorgeworfen wurde – zu strafrechtlichen Konsequenzen in Deutschland kam es nicht. Selbst bei einem Mord können keine Ermittlungen eingeleitet werden. Die Bundesregierung könnte den Diplomaten dann nur zur „Persona non grata“ erklären und ihn des Landes verweisen. Opfer von Verbrechen müssten darauf hoffen, dass das Heimatland anschließend ein Verfahren gegen die Person einleitet.

Gedanken um Entschädigungen müssen sich Geschädigte in Deutschland aber keine machen. „Die Autos der Diplomaten sind über die jeweiligen Botschaften haftpflichtversichert. Entschädigungsforderungen der Familie des toten Radfahrers müssen sich an die Haftpflichtversicherung richten“, sagt Roland Weber, Berlins Opferbeauftragter. „Und sollten Botschaften der Pflicht zur Versicherung ihrer Fahrzeuge nicht nachkommen, springt die Verkehrsopferhilfe ein.“

Die Grünen-Politikerin Canan Bayram glaubt, dass das Verhalten von problematischen Diplomaten in Berlin auch mit deren Herkunft zu tun hat: „Es gibt Länder, in denen Opferschutz wenig beachtet wird. Das überträgt sich auch auf das Verhalten in Deutschland.“ Linkensprecher Hakan Tas fordert in diesem Fall zu reagieren. „Der Schutz muss außer Kraft treten, sobald Diplomaten Strafen begehen.“ Am Donnerstagabend soll es eine Mahnwache für den getöteten Radler am Unfallort geben.

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