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Vorübergehende Heimat. In Turnhallen leben Flüchtlinge oft wochenlang. Ohne materielle Folgen bleibt das nicht. Hier die Sporthalle der Freien Universität (FU) in Dahlem.
© Thilo Rückeis

Flüchtlinge in Berlin: Sanierung von Sporthallen nach Auszug wird teuer

In vielen Sporthallen in Berlin leben Flüchtlinge - und wenn sie ausziehen, ist oft vieles kaputt. Im Korber-Zentrum und in der Harbig-Sporthalle sind jetzt schon 700.000 Euro für Sanierungen fällig.

Den Boden haben sie noch schnell abgedeckt, wenigstens das. Die Tartanbahn in der Rudolf-Harbig-Halle ist ja hochempfindlich, Weltklasse-Leichtathleten trainieren dort, na ja, jedenfalls normalerweise. Jetzt leben dort Hunderte von Flüchtlingen, ihre Betten stehen auch in den Kurven der Bahn.

Diese Kurven können mit einem komplizierten Hydrauliksystem zu einer Art Oval geneigt werden. „Ob der Boden oder das System noch in Ordnung ist, wissen wir erst, wenn die Flüchtlinge ausgezogen sind“, sagt Heiner Brandi, der Direktor des Landessportbundes (LSB). Der LSB kümmert sich um die Harbig-Halle. Er kümmert sich auch um das Korber-Zentrum, einen Steinwurf entfernt. Dort trainieren ebenfalls Top-Sportler. Normalerweise. Jetzt: die Heimat von Flüchtlingen.

Wie hoch der Schaden in beiden Hallen aber jetzt schon ist, das kann Brandi sagen: „Rund 700.000 Euro.“ Bereiche der Verkleidung sind kaputt, die sanitären Einrichtungen müssen saniert werden, solche Dinge. Ein Architekt hat eine Zwischenbilanz aufgestellt und hält den LSB auf dem Laufenden. „Und was noch kommt, wissen wir nicht“, sagt Brandi.

Zustand nach dem Auszug

Bei der Polizei-Sporthalle in Spandau, Radelandstraße, dagegen haben sie schon einen endgültigen Überblick. Drei Tage lebten dort Flüchtlinge, vor wenigen Wochen sind sie ausgezogen. „Danach mussten massive Schäden in den Duschen behoben werden“, sagt Bodo Pfalzgraf, der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft. Flüchtlinge hätten die Abflussrohre in den Duschen als Toiletten benützt.

„Nach zwei Stunden war alles dicht“, sagt Pfalzgraf. „Und dann haben sich Heimbewohner beschwert, dass die Sanitäranlagen nicht funktionierten.“ Wie hoch der Schaden war, konnte Regina Kneiding, Pressesprecherin der Senatsverwaltung für Soziales und Gesundheit nicht sagen. Aber bezahlt hat ihn das Land Berlin.

In welchem Zustand sind die Sporthallen nach dem Auszug der Flüchtlinge? 49 Hallen sind derzeit mit 10.000 Menschen belegt. Wie lange müssen sie saniert werden? Wer bezahlt das alles? Das sind Fragen, die Vereine, Schulen und Funktionäre umtreiben. Diese Fragen kamen wie eine Lawine, als der LSB im Dezember 120 wütende, frustrierte und verunsicherte Vereinsvertreter mehrere Stunden lang zum Thema „Sporthallen, Flüchtlinge und die Folgen“ eingeladen hatte. „Der Ärger und die Verunsicherung haben nicht nachgelassen“, sagt Brandi.

1,5 Millionen Euro für Schulsport

Es ist zwar klar, dass die Sporthallen nach dem Auszug der Flüchtlinge wieder quasi vollkommen besenrein an die Schulen und Vereine zurückgegeben werden. Das hat Mark Rackles, der Staatssekretär des Bildungssenats, den Schulleitungen aller öffentlichen Schulen zugesichert. Dazu kommt für jede Halle, die größer ist als 1000 Quadratmeter noch ein Sanierungsbonus von 100.000 Euro und für Hallen, die kleiner sind, von 50.000 Euro (aber: „ohne Rechtsanspruch“).

Rackles’ oberster Chef, der Regierende Bürgermeister Michael Müller, erklärte am Freitag auch noch, dass 1,5 Millionen Euro bereitgestellt werden, mit denen der Schulsport unterstützt werden soll. Wenn Hallen belegt sind, findet Sportunterricht dann eben in anderen, kommerziellen Einrichtungen statt.

Zwischenbilanz der Schäden

Einen Sondertopf verlangt aber auch LSB-Sportdirektor Brandi für seine Vereine. Denn einige Fragen sind noch offen, deshalb auch die Verunsicherung. Wer bezahlt Vereinen Sportgeräte, die ihnen gehören und kaputt gehen, während Flüchtlinge in den Hallen wohnen? Wer bezahlt ihre Mietkosten, die sie haben, weil sie sich Ausweichquartiere besorgen mussten? „Das ist alles noch nicht geregelt“, sagt Brandi.

Auch ein anderer Punkt ist noch nicht geregelt. Brandi fordert, dass in den Hallen zumindest eine Zwischenbilanz der Schäden aufgestellt wird. „Dann kann man zumindest schon mal die Ausschreibungen für die Sanierungen vorbereiten. Sonst verzögert sich ja alles noch mal.“ Baufirmen seien auch nicht immer sofort verfügbar. Allerdings: Ohne eine Gesamtübersicht ist eine Ausschreibung für Sanierungsarbeiten schwierig.

In der Harbig-Halle haben sie vor dem hektischen Einzug der Flüchtlinge auch die Weitsprunggrube neben der Tartanbahn in aller Eile abgedeckt. Aber wenn sie inzwischen offen da liegt, verführerisch als Abenteuer-Spielplatz, dann hat Brandi damit auch keine großen Probleme. Kann ja nicht viel kaputt gehen. „Dann benützen die Kinder sie halt als Sandkasten.“

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