Flüchtlinge in Berlin: Spandau verhindert Beschlagnahme einer Turnhalle
Der Senat wollte die Sporthalle am Falkenseer Damm als Flüchtlingsquartier requirieren. Doch die Argumente des Bezirks zur Bedeutung für Schule und Sport hatten Erfolg.
Nur zwei Tage nach der Zusage von Sozialsenator Mario Czaja (CDU), auf eine gerechtere Verteilung der Flüchtlingsquartiere zwischen den Berliner Bezirken zu achten, haben Vertreter seiner neu gebildeten Task Force am Mittwochnachmittag versucht, die Sporthalle am Falkenseer Damm in Spandau zu beschlagnahmen. Das Vorhaben scheiterte am Widerstand des Bezirks.
Kommunalpolitiker überzeugten vor Ort
Die beiden Senatsvertreter hatten vom Hausmeister die Herausgabe der Schlüssel gefordert. Weil sie vergessen hatten, den Beschluss zur Beschlagnahme nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) mitzubringen, wurde ihnen das nach Rücksprache mit Bildungs- und Sportstadtrat Gerhard Hanke (CDU) und Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank (SPD) zunächst verweigert.
Das Papier wurde dann aber nach Spandau gefaxt. Beide Kommunalpolitiker eilten zum Ort. Hanke wies darauf hin, dass die Halle sowohl von Abiturkursen des Kant- und des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums, von der Handball-Oberliga-Frauenmannschaft des VfV Spandau, der Volleyball-Regionalligamannschaft des TSV Spandau und dem Integrationsprojekt Mitternachtssport genutzt wird.
Die Senatsvertreter erklärten daraufhin, dass sie auf eine Inanspruchnahme der Halle verzichten werden. Hätte man sich zuvor telefonisch erkundigt, wäre die Halle wohl nie auf die Liste möglicher Quartiere gekommen. Der Beschluss zur Beschlagnahme soll voraussichtlich am Donnerstag aufgehoben werden. Allerdings handelt es sich bei dem Standort nur um eine von insgesamt fünf Spandauer Sporthallen, die Staatssekretär Dieter Glietsch als potentielle Flüchtlingsquartiere ausgemacht hat. Auch die vier anderen Standorte sind laut Kleebank und Hanke für den Schul- und Vereinssport unverzichtbar.
Unterstützung durch Schulen und Vereine
Spandau lehnt die Umnutzung von Sporthallen auch per Bezirksamtsbeschluss entschieden ab. Man verweist darauf, dass Spandau nach Realisierung aller sonst geplanten Unterbringungsmöglichkeiten bereits 8000 bis 9000 Asylbewerber beherbergen wird, weitaus mehr als jeder andere Berliner Bezirk. Breite Unterstützung bekommt das Bezirksamt dabei aus den Schulen und Vereinen. Die Belegung von Turnhallen gefährde die Chancengleichheit in Abiturprüfungen, Bewerbungsverfahren und der Integration, erklärte der Bezirkselternausschuss. In Spandau werde die Willkommenskultur gelebt und praktiziert. Das zeige sich an der ehrenamtlichen Mitarbeit an den Flüchtlingsheimen und den bereits 50 an den Schulen.
„Als Sportverein sind wir auf die Bereitstellung öffentlicher Sporthallen angewiesen“, so die Sportfreunde Kladow, die den Flüchtlingen aus dem Refugium Waldschluchtpfad die Teilnahme an ihren Angeboten ermöglichen und spontan Geld- und Sachspenden sammelten. Allein die angedachte Schließung der Halle der Mary-Poppins-Grundschule würde 33 Sportgruppen betreffen, einschließlich der Integrationsangebote für Flüchtlinge in den Bereichen Badminton und Volleyball.
Der Verein für Volkssport Spandau hat bereits durch den Wegfall der Harbig-Halle und des Korber-Zentrums in Charlottenburg die Wintertrainingsmöglichkeiten seiner Leichtathleten verloren. Eine Beschlagnahme der Hallen von Böll- und Brecht-Schule sowie am Falkenseer Damm würde den Trainings- und Spielbetrieb der Handballer und der Kinder-Leichtathleten unmöglich machen.
Rainer W. During