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Die Festnahme des IS-Sympathisanten Abdullah H. am Dienstag in Schöneberg.
© Paul Zinken/dpa

Doppelt so stark wie im übrigen Bundesgebiet: Salafistenszene in Berlin wächst weiter

Der Verfassungsschutz zählt 1120 Personen in Berlin zum Milieu der Salafisten. Die Szene wird in der Hauptstadt intensiv beobachtet.

Das große Vorbild, die Terrormiliz „Islamischer Staat“, liegt in Trümmern. Der „Kalif“ des IS, Abu Bakr Al Baghdadi ist tot. Und doch wächst die Salafistenszene in Berlin wächst weiter. Der Verfassungsschutz zählt jetzt 1120 Personen zum Milieu der härtesten Islamisten. Das sind 100 mehr als Ende 2018. Der Chef des Nachrichtendienstes, Michael Fischer, bestätigte am Mittwoch im Abgeordnetenhaus am Rande der Sitzung des Verfassungsschutzausschusses die Zunahme, über die zuerst dpa berichtet hatte. Mit dem Anstieg um zehn Prozent hat Berlin womöglich ein härteres Salafistenproblem als die Republik insgesamt.

Salafisten werden in Berlin intensiv beobachtet

Bundesweit wuchs die Szene in diesem Jahr nach Informationen des Tagesspiegels um 650 Personen auf 11.950. Diese Zahl nannte jetzt das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) auf der Basis der addierten Meldungen der Länder bis September. Der Anstieg ist mit rund fünf Prozent nur halb so groß wie in Berlin. Fischer betonte allerdings, die überproportional wachsende Zahl könnte nicht nur auf eine besondere Dynamik in Berlin zurückzuführen sein, sondern auch auf mehr Erkenntnisse des Verfassungsschutzes dank einer intensiveren Beobachtung der Szene. Die Maßnahmen seien nach dem Anschlag des Tunesier Anis Amri im Dezember 2016 auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz verstärkt worden.

Das wäre vermutlich auch ohne den Fall Amri notwendig gewesen. Mit welcher Geschwindigkeit die Szene in Berlin wächst, zeigt ein Blick auf die vergangenen fünf Jahre. Der Verfassungsschutz stellte 2014 insgesamt 570 Salafisten fest, heute sind es fast doppelt so viele. 2015 waren es 680, 2016 dann schon 840 und 2017 insgesamt 950.

Berliner Salafisten versammeln sich weiterhin in Gotteshäusern

Die Szene befindet sich offenbar dennoch in der Defensive. Nach dem Verbot der Fussilet-Moschee in Moabit haben die Salafisten nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes keinen neuen Treffpunkt eingerichtet. Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte den Fussilet-Verein im Februar 2017 aufgelöst. In der Moschee hatte sich Amri mit Gesinnungsfreunden getroffen. Noch am Tag des Anschlags, bei dem zwölf Menschen starben, hielt sich der IS-Terrorist dort auf.

Berliner Salafisten versammeln sich allerdings weiterhin in den drei bekannten Gotteshäusern. Das sind die Al-Nur-Moschee in Neukölln, die Ibrahim-al-Khalil-Moschee in Tempelhof und die As-Sahaba-Moschee im Wedding.

Abdullah H. war in Kontakt mit militanten Salafisten

Welche Gefahr von Salafisten ausgeht, selbst wenn sie nicht zum Stammpublikum der einschlägig aufgefallenen Gotteshäuser zählen, zeigt der Fall des am Dienstag in Schöneberg festgenommenen Syrers Abdullah H. Der IS-Sympathisant, der einen Anschlag mit dem hochexplosiven TATP geplant haben soll, sei eher ein Einzelgänger gewesen, heißt es in Sicherheitskreisen. Abdullah H. stand allerdings über das Netz in Kontakt mit militanten Salafisten. Im Gruppenchat wurde über die Herstellung von Sprengstoff und Waffen gesprochen – und über Anschläge auf Juden und weitere „Ungläubige“.

Als der Mann festgenommen wurde, sei ihm „ein Stein vom Herzen gefallen“, sagte Innenstaatssekretär Torsten Akmann im Verfassungsschutzausschuss. Der Syrer hatte bereits Chemikalien zur Herstellung von TATP beschafft. Akmann bestätigte Informationen des Tagesspiegels und weiterer Medien, dass ein ausländischer Nachrichtendienst den ersten Hinweis auf H. gegeben hatte. Der Mann wurde dann engmaschig überwacht. Der Staatssekretär dankte Verfassungsschutz und Landeskriminalamt für „gute Arbeit“.

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