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Nach eigener Aussage ist der junge Russe Wissenschaftler. Seinem Beruf könne er in seiner Heimat nicht nachgehen.
© Sinan Reçber

„In meiner Heimat wäre meine Arbeit als Wissenschaftler unmöglich“: Russe demonstriert vor Berliner Charité gegen staatliche Unterdrückung

Der russische Putin-Kritiker Alexej Nawalny wird in der Charité behandelt. Vor Ort ist fast alles ruhig - nur ein junger Mann protestiert für Nawalny.

Der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny ist seit Samstag zur Behandlung in der Berliner Charité. Nach einer mutmaßlichen Vergiftung liegt der prominente Putin-Kritiker im Koma.

Am Sonntagvormittag schien die Lage vor der zentralen Notaufnahme der Charité ruhig. Nur ein junger Demonstrant hatte sich mit verdecktem Gesicht und einem Schild gegenüber dem Bettenhochhaus der Charité hingestellt und sagte: „Ich stehe hier, weil in meiner russischen Heimatstadt nicht das Leben möglich ist, was ich hier in Deutschland habe. Das liegt auch daran, dass die Opposition in Russland unterdrückt wird.“

Der 24-Jährige hat Physik an der Technischen Universität Dresden studiert und stammt aus einer Stadt bei Wolgograd im Süden Russlands. „In meiner russischen Heimat wäre meine Arbeit als Wissenschaftler unmöglich, denn dort haben wir zum Beispiel nicht genug Labore wie hier in Deutschland.“

„In Russland wäre das ganz anders.“

Im Oktober wird der junge Mann bereits im dritten Jahr infolge in Deutschland leben. „Viele Menschen, die sich in Russland politisch engagieren, bekommen Schwierigkeiten, verschwinden oder werden vergiftet“, sagt der Russe.

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„Hier in Deutschland setze ich mich mit meinem Protest nicht wirklich Gefahren aus. In Russland wäre das ganz anders.“ Nawalny, der nun im Charité-Krankenhaus behandelt wird, steht für den Demonstranten für Veränderungen: „Nawalny hat zum Beispiel ein Infoportal eingerichtet, wo steht, welche russischen Kandidaten bei Wahlen sich der Korruption schuldig gemacht haben und welche Kandidaten sich fair und gesetzestreu verhalten.“

Ein paar Polizeiautos und Journalisten - sonst alles normal

Abgesehen von dem einen Demonstranten saßen Patienten, Angehörige und Krankenhauspersonal wie üblich vor dem Eingang zum Bettenhochhaus am Campus Mitte. Nur vier Polizeiwannen und ein Polizeiauto deuteten daraufhin, dass Nawalnys Behandlung in der Klinik eine außergewöhnliche Situation ist. Drei Kamerateams und Journalisten warteten und diskutierten auf dem Vorplatz des Bettenhochhauses.

Eine Passantin, die im Vorbeigehen an der Charité ihr Fahrrad vor sich herschob, sagte: „Ich weiß, dass Nawalny hier liegt und bin nur zufällig vorbeigekommen. Es wäre albern, hier zu sitzen und auf irgendetwas zu warten, der Mann kämpft schließlich um sein Leben.“

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