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Der deutsche Philosoph und Schriftsteller Rüdiger Safranski in seinem Wohnhaus in Badenweiler.
© Patrick Seeger/dpa

Berliner Philosoph und Schriftsteller: Rüdiger Safranski erhält Deutschen Nationalpreis

Der Preis ermuntere ihn, fortzufahren mit dem „Grenzverkehr zwischen Literatur, Wissenschaft und Philosophie“, sagte Safranski in seiner Dankesrede.

Was ist wirklich wichtig am Ende eines Exkurses in die Philosophie-Geschichte dieses Landes? Die Abiturienten Alexander Chyba und Lennart Lassen waren sich rasch einig. „Zu lernen, wie man mit anderen Menschen umgeht“, sagten die Teilnehmer der „SchulBrücke Weimar“, bei der sich Schülerinnen aus 13 Ländern mit den Begriffen „Nation“ und „Europa“ auseinandersetzen. „Und zu sehen, dass sie gar nicht so anders sind, auch wenn sie andere Sprachen sprechen“, fügten sie hinzu.

So stand am Ende der Verleihung des Deutschen Nationalpreises in der Französischen Friedrichstadtkirche nach 90 Minuten voller kluger Gedanken und brillanter Pointen ein einfacher, generationenübergreifend einleuchtender Gedanke. Der neue Geschäftsführende Vorstand der Deutschen Nationalstiftung, Eckart Stratenschulte, hatte den jungen Leuten am Dienstagmittag nach der Preisverleihung an den Philosophen und Literaturwissenschaftler Rüdiger Safranski die Schlussrede überlassen. Von ihren eindrücklichsten Erfahrungen erzählten sie dann beim anschließenden Empfang.

Safranskis philosophische Forschung als fruchtbare Basis

Zuvor hatte der Vorstandsvorsitzende der ZEIT-Stiftung, Michael Göring, als Laudator die philosophische Forschung Rüdiger Safranskis als fruchtbare, wirkmächtige Basis bezeichnet, „um die Geistesgeschichte unseres Landes und darüber hinaus europäische Geistesgeschichte zu öffnen“. Er zitierte aus Safranskis Schillerbuch eine Stelle von fast unheimlicher Aktualität: „Nur im Milieu der Freiheit lernt man jene Tugenden des Altruismus und der Opferbereitschaft fürs Gemeinwohl, die zur Aufrechterhaltung einer freiheitlichen Ordnung nötig sind.“

Als Helmut Schmidt die Stiftung vor 25 Jahren gründete, ging es auch um den Gedanken, die Bestimmung der nationalen Identität in einem geeinten Europa „weder extremen politischen Kräften noch den Gegnern der europäischen Integration zu überlassen“. Mit dem Preis, so Stratenschulte, wolle die Stiftung Akzente setzen, den Prozess der Toleranz auf der Basis der Akzeptanz des Eigenen und des Respekts vor dem Fremden zu unterstützen.

Von den Gründungsmitgliedern waren noch Michael Otto und Richard Schröder dabei. In der Dankesrede beschrieb der Geehrte das typisch deutsche Schwanken zwischen Anpassung und Auftrumpfen als Ausdruck eines verunsicherten Selbstbewusstseins nach der vergleichsweise späten politischen Einheitsfindung. Aus dem sehr deutschen Bestreben, in die Tiefe zu gehen und sich dem Zauber großer, aber undeutlicher Gefühle zu überlassen, habe sich auch die für Deutschland typische „halbreligiöse, andachtsvolle Weihe der Hochkultur“ ergeben. Der Preis ermuntere ihn, fortzufahren mit dem „Grenzverkehr zwischen Literatur, Wissenschaft und Philosophie“.

Die beiden Abiturienten zeigten nach dem letzten musikalischen Intermezzo des Trios Neuklang, dass die undeutlichen Gefühle des 19. Jahrhunderts längst einem gesunden Pragmatismus gewichen sind. Sie konstatierten: „Wer trotz des Überflusses an medialen Eindrücken einen groben Überblick über sich und die Welt behält, der hat schon viel gewonnen.“

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