Verkehr in der Hauptstadt: Rot-Rot-Grün beschließt das mobile Berlin
Im Berliner Abgeordnetenhaus wurde das Gesetz zur Verkehrswende beschlossen. Alles gut? Mancher rechnet mit „massenhaft Ärger“.
Um 11.25 Uhr war es dann soweit: Rot-Rot-Grün macht mobil. Zweieinhalb Jahre, nachdem Aktivisten des Volksentscheids „Fahrrad“ ein goldenes Velo mit den Zielen der Initiative vors Rote Rathaus schoben, beschloss das Abgeordnetenhaus mit den Stimmen von SPD, Linken und Grünen am Donnerstag ein Gesetz „zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mobilitätsgewährleistung“.
Zwischen Euphorie und Wut
Auch wenn zum Thema fast alles gesagt ist, wurde vor der Verabschiedung des 86 Seiten starken Gesetzentwurfs, den die Regierungsfraktionen noch kräftig abgeändert haben, munter diskutiert. Während die fachlich zuständige Senatorin Regine Günther davon sprach, dass nunmehr „das Ende der autoprivilegierten Stadt“ eingeläutet werde, schimpfte der CDU-Verkehrsexperte Oliver Friederici über das „von linken Ideologen verfasste Fahrradlobby-Gesetz“. Zwischen diesen beiden Polen sortierte sich der SPD-Abgeordnete Tino Schopf ein. Es gehe nicht um einen Kulturkampf. „Wir werden keinen zwingen, ein bestimmtes Verkehrsmittel zu nutzen.“
Jenseits der rhetorischen Scharmützel um die Rolle von Fahrrädern und Fußgängern, Trams und Bahnen, Autos und Bussen in der explosiv wachsenden Metropole Berlin machten ein Regierungs- und ein Oppositionspolitiker auf das eigentliche Problem aufmerksam.
So sprach der stets nachdenkliche Ex-Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) von einer „hoch ambitionierten Aufgabe“, vor der die rot-rot-grüne Koalition jetzt stehe. Um das neue Mobilitätsgesetz im Interesse aller Verkehrsteilnehmer wirksam werden zu lassen, müssten die „planerischen und personellen Kapazitäten“ in der Landesverwaltung ausgebaut und die notwendigen Investitionsmittel auch bereitgestellt werden.
Keine „Perle der Gesetzgebungskunst“
Ähnlich ruhig argumentierend, aber deutlich skeptischer äußerte sich der FDP-Mann Henner Schmidt zur Mobilitätswende, die von Rot-Rot-Grün angesteuert wird. Das erklärte Ziel, zwischen den Interessen aller am Stadtverkehr Beteiligten fair abzuwägen, sei ja grundsätzlich richtig.
Doch erstens sei am Donnerstag nicht gerade um eine „Perle der Gesetzgebungskunst“ beschlossen worden. Und zweitens sei mit großen Problemen bei der Umsetzung zu rechnen. Abgesehen vom Mangel an Planern, Baufirmen und Koordinatoren werde mit diesem Gesetz ein Prozess in Gang gesetzt, „der massenhaft Ärger erzeugen wird“.
Denn der Senat, so Schmidt, wecke gegenüber allen Verkehrsteilnehmern Erwartungen, die so nicht erfüllt werden könnten. Deshalb bedankte sich der FDP-Abgeordnete schon mal artig für das „Super-Wahlkampfthema“. Vorher schon hatte der AfD-Politiker Frank Scholtysek den Ton gesetzt, mit dem seine Partei die weitere Auseinandersetzung bestreiten will. Es gehe der linken Koalition doch nur ums „Regulieren, Schickanieren und Drangsalieren“.
Es bleibt zu ergänzen, dass das neue Mobilitätsgesetz nicht der Weisheit letzter Schluss sein wird. Es soll, wie am Donnerstag nur am Rand erwähnt wurde, durch Regelungen zum Fußgänger- und Wirtschaftsverkehr sowie zur digitalen Vernetzung von Verkehrsmitteln ergänzt werden.