Stadtentwicklung: Berlins Bevölkerung wächst weiter
41.000 Menschen mehr als im Vorjahr wohnten in Berlin zum 1. Juli 2017. Die Stadt wächst weiter – aber nur der ausländische Teil der Bevölkerung.
Rund 3,6 Millionen Menschen lebten in Berlin Mitte vergangenen Jahres - 41.000 mehr als ein Jahr zuvor. Das meldet das Amt für Statistik am Donnerstag. Während die Zahl der Berliner mit deutschem Pass um nur 100 Menschen zunahm, wuchs die Zahl der Ausländer mit Wohnsitz in Berlin um knapp 41.000 - sie tragen also das Bevölkerungswachstum der Stadt zu "99,8 Prozent", so die Statistiker.
Und die Bevölkerung der Stadt würde sogar dann wachsen, wenn genauso viele Menschen herziehen würden wie fortziehen. Denn Berlin profitiert von einem "Geburtenüberschuss": Eltern brachten 19.600 Kinder zur Welt - und diesen stehen weniger Todesfälle gegenüber: 18.100.
Ja, woher kommen sie denn?
Aber aus welchen Ländern kommen die vielen Ausländer eigentlich? Aus Krisengebieten, aus welchen genau, das klären die Ämter noch, sicher ist: sie stellen die größte Gruppe: 3400. Hinzu kommen noch 1290 Flüchtlinge aus Syrien. Die meisten Neu-Berliner kommen außerdem aus Polen (2829), Rumänien (2584) und Bulgarien (2360) – und viele von ihnen erhoffen sich in Berlin wohl eine bessere wirtschaftliche Zukunft. Bei den US-Amerikanern dürfte das nicht ausschlaggebend sein, 2162 kamen aus den Staaten. Viele Neu-Berliner kamen außerdem aus Italien (1967), Großbritannien (1744) sowie aus der Türkei (1620), Frankreich (1275) und Spanien (1055).
Die Dynamik lässt etwas nach
Allerdings nimmt das Tempo des Bevölkerungswachstums ab: Das Plus von "1,2 Prozent ist der geringste jährliche Bevölkerungsanstieg seit dem Zensus 2011", sagt Martin Axnick vom Amt für Statistik. Die Dynamik des Zuzugs lasse nach, sowohl bei der deutschen als auch bei der ausländischen Bevölkerung, letztere sei im ersten Halbjahr 2017 allerdings noch um rund sieben Prozent gestiegen. Im ersten Halbjahr 2017 seien fast 80.000 Menschen nach Berlin gezogen, im Gegenzug verließen aber auch 63.600 Menschen die Stadt. Daraus ergibt sich für dieses Halbjahr ein Wanderungsgewinn von 16.400 Menschen. Hinzu kommt der Geburtenüberschuss von rund 1000 Kindern. In den vorangegangenen Halbjahren wuchs die Berliner Bevölkerung noch deutlich stärker: um 23.900 Menschen im zweiten Halbjahr 2016 und sogar um 30.900 im ersten Halbjahr 2016 (jeweils gegenüber demselben Zeitraum des Vorjahres).
Weniger Nachmeldungen von Flüchtlingen
Eine Erklärung für den Rückgang des Zuzugs sehen die Statistiker in den "Nachmeldungen" von Flüchtlingen in der Stadt, die im Jahr 2015 in großer Zahl kamen, aber erst Anfang 2016 melderechtlich erfasst wurden. Wie berichtet konnten viele Flüchtlinge wegen der überlasteten Verwaltung erst ein halbes Jahr später amtlich erfasst werden, einige noch später. Demnach wären die aktuellen, leicht rückläufigen Zahlen eher Ausdruck des möglicherweise nachhaltigen Wachstums der Stadt. Noch liegen keine Zahlen für das Gesamtjahr 2017 vor, aber "wenn sich der Trend fortsetzt, wird Berlins Bevölkerung auch in diesem Zeitraum um ungefähr 40.000 Menschen wachsen", sagt Axnick vom Amt für Statistik.
Zuzug verschärft die Not am Wohnungsmarkt
Verlässliche Zahlen zur Entwicklung der Bevölkerung sind deshalb so wichtig, weil jeder zusätzliche Berliner eine Wohnung braucht, es aber daran schon heute mangelt. Wie berichtet ging die Zahl der neu genehmigten Wohnungen in der Stadt im vergangen Jahr sogar zurück. Hinzu kommt, dass das Angebot neu entstehender Objekte so gar nicht zur Nachfrage passt: Private bauen mehr teure Eigentumswohnungen als günstige Mietwohnungen von öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften geschaffen werden. Dabei kommt die überwiegende Zahl der aus dem Ausland in die Stadt ziehenden Menschen aus wirtschaftlich kriselnden Regionen Ost- und Südosteuropas oder aus Kriegs- und Krisengebieten. Das verschärft den Wettbewerb um den ohnehin bereits schrumpfenden Bestand günstiger Altbauten und öffentlich geförderter Sozialwohnungen.
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