Berlin-Spandau: Reaktivierung der Siemensbahn ist mit vielen Problemen verbunden
Die Siemensbahn wiederaufbauen? Das sei alles andere als einfach, legt jetzt der Berliner Bahnchef dar.
Siemensstadt soll „Stadtteil der Zukunft“ werden, 600 Millionen Euro will der Weltkonzern dort investieren, in Forschungsanlagen und Wohnungen. Siemens und der Senat wollen deshalb den Wiederaufbau der Siemensbahn. Diese ist 1980 stillgelegt worden, verfällt seitdem. Die Reaktivierung stellt die Planer allerdings vor Probleme: große Probleme, viele Probleme. Derzeit ist nach Angaben des Berliner Bahnchefs Alexander Kaczmarek nicht einmal die „Hierarchie der Probleme“ klar.
Kaczmarek nannte am Donnerstag die wichtigsten: Die seit Jahrzehnten stillgelegte Siemensbahn steht unter Denkmalschutz. Eine Wiederinbetriebnahme wäre mit einem Neubau zu vergleichen. Ein solcher nach historischem Vorbild wäre immens teuer. Wie berichtet, hat der Regierende Bürgermeister Michael Müller dem Konzern zugesichert, dass der Denkmalschutz dem 600-Millionen-Projekt nicht im Wege stehen soll. Unklar ist, ob diese Zusicherung auch für die Eisenbahnstrecke gilt. „Wenn Siemens hier Zugeständnisse erreicht hat, wäre das gut“, sagte Kaczmarek.
Immerhin ist diese Strecke nach der Stilllegung 1980 nicht als Eisenbahnanlage entwidmet worden, sagte der Berliner Bahnchef, ob sie aber tatsächlich „reaktiviert“ werden könne, sei rechtlich noch nicht abschließend geklärt. Für die Anbindung der Stichstrecke an den Nordring ist auf jeden Fall ein – zeitraubendes – Planfeststellungsverfahren erforderlich. Denn beim Wiederaufbau der ebenfalls 1980 im Westteil Berlins stillgelegten Ringbahn sind die alten Ausfädelungen der Siemensbahn nicht berücksichtigt worden.
Damals wurden auch keine Vorleistungen berücksichtigt. So müsste die Ausfädelung mit Brücken oder Tunneln an die stark befahrene Ringbahn neu gebaut werden. Dem Vernehmen nach prüft die Bahn jetzt, ob eine Anbindung nach Westend (Richtung Südring) sinnvoller sein kann als die historische Anbindung an den Nordring im Bahnhof Jungfernheide. Früher gab es hier einen separaten Bahnsteig für die Siemensbahn, auch dieser ist abgerissen.
„Wenn der Besteller die Bahn will, dann bekommt er sie“
Eines der geringeren Probleme ist die fehlende Brücke über die Spree. Beim Ausbau der Schleuse Charlottenburg war der Bahndamm für die Begradigung der Spree abgetragen worden. Wie Bahnchef Kaczmarek sagte, habe sich das Wasser- und Schifffahrtsamt damals verpflichtet, einen irgendwann erforderlichen Neubau zu bezahlen.
Ein drittes Problem ist die Verknüpfung der Siemensbahn mit dem bestehenden Netz. Der Nordring ist schon jetzt stark belastet, eine weitere Linie dort fahren zu lassen, wäre „schwierig“, hieß es am Donnerstag bei der Bahn. Vorstellbar wäre eine Verknüpfung der Siemensbahn mit der derzeit in Bau befindlichen S21 vom Nordring zum Hauptbahnhof.
Aus Sicht der Verkehrsverwaltung könnte die Strecke über ihren alten Endpunkt Gartenfeld in die geplanten Spandauer Neubaugebiete auf der Insel Gartenfeld verlängert werden. Dies würde der S-Bahn viele zusätzliche Fahrgäste bringen, allerdings wäre auch für diesen Neubau ein Planfeststellungsverfahren erforderlich.
„Wir beurteilen jetzt, was bahntechnisch möglich ist“, sagte Kaczmarek dem Tagesspiegel. Es werde etwa eineinhalb Jahre dauern, bis eine halbwegs zuverlässige Planung und Kostenschätzung vorliegt. Trotz aller Schwierigkeiten gelte: „Wir sind interessiert an einer vernünftigen Nutzung“, versicherte der Bahnchef. „Wenn der Besteller die Bahn will, dann bekommt er sie.“ Theoretisch könnte die Strecke bis 2030 fertig sein. Allerdings sind nicht nur in der Senatsverkehrsverwaltung, sondern auch bei der Bahn die Planungskapazitäten begrenzt. Derzeit forciert die S-Bahn den Ausbau der Stromversorgung. Mehr Züge brauchen mehr Strom, und auch die neue Baureihe 484 braucht mehr Energie, weil sie schneller beschleunigt. Die neuen Züge sollen bekanntlich ab 2021 in Berlin fahren.