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Einheitliche Grenzen. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop konnte sich einigen.
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Einheitliche Grenzen des neuen Vergabegesetzes: Pop hebt Mindestlohn für öffentliche Aufträge

Die Wirtschaftssenatorin will künftig 12,50 Euro bei Ausschreibungen zahlen – die Firmen protestieren.

Der Mindestlohn für öffentliche Aufträge in Berlin soll künftig bei rund 12,50 Euro pro Stunde liegen. Er soll aber erst ab einer Größenordnung von 50 000 Euro bei Bauleistungen und von 10 000 Euro bei Dienstleistungen gelten. Auf diese einheitlichen Grenzen im neuen Vergabegesetz hat sich der Koalitionsausschuss am Mittwoch geeinigt, wie die Wirtschaftssenatsverwaltung mitteilte.

Mit dem Vergabegesetz haben wir ein ausgewogenes Paket aus ökologischen, sozialen und ökonomischen Kriterien“, sagte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne). „Aufträge werden mit dem neuen Vergabegesetz einfacher und unbürokratischer aufgrund einheitlicher Wertgrenzen behandelt.“ Diese galten als einer der zuletzt noch umstrittenen Punkte.

Die Höhe des Stundenlohns orientiert sich nach Angaben der Senatsverwaltung am Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TVL), der Einstiegstarif liegt ab Anfang 2020 bei rund 12,50 Euro. Bisher liegt der Vergabe-Mindestlohn bei 9,00 Euro. Wirtschaftssenatorin Pop hatte im vergangenen Jahr zunächst die Erhöhung auf 10,20 Euro vorgeschlagen. Im ersten Entwurf für das Gesetz war von 11,30 Euro die Rede.

Der rot-rot-grüne Senat soll noch in diesem Jahr über das neue Vergabegesetz entscheiden, anschließend muss das Abgeordnetenhaus darüber abstimmen. Es könnte dann 2020 in Kraft treten.

In der Wirtschaft wurde Pops Vorstoß kritisch aufgenommen. Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) sagte dem Tagesspiegel: „Die Einigung im Koalitionsausschuss auf einen Vergabe-Mindestlohn von 12,50 Euro geht klar zu Lasten kleiner und mittlerer Unternehmen. Für sie wird es noch schwieriger, sich an öffentlichen Vergaben zu beteiligen.“

Klare Folge: Noch mehr Bürokratie

Gegenüber dem ursprünglichen Entwurf für einen Vergabe-Mindestlohn liege das Plus nun bei 20 Prozent. Der Berliner Vergabe-Mindestlohn würde zudem um 3,15 Euro über dem bundesweiten gesetzlichen Mindestlohn von 9,35 Euro ab dem 1. Januar 2020 liegen. „Die klare Folge wird noch mehr Bürokratie sein“, sagte Amsinck. „Je nach Auftraggeber muss ein Betrieb künftig den Berliner Vergabe-Mindestlohn, den Brandenburger Mindestlohn, den bundesweiten gesetzlichen Mindestlohn oder einen tariflichen Mindestlohn zahlen.“

Geht es nach dem Willen der FDP im Abgeordnetenhaus, wird das Berliner Vergabegesetz gleich ganz abgeschafft. Die Vergaberegelungen auf bundesebene und nach EU-Recht seien ausreichend, argumentieren die Liberalen und haben einen entsprechenden Antrag eingebracht, der kommende Woche im Plenum verhandelt werden soll.

„Für die Abschaffung des eigenen Berliner Vergabegesetzes wird es höchste Zeit, denn die Zeiten haben sich drastisch geändert“, sagte Florian Swyter, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP. „Mittlerweile ist es für die öffentliche Hand sehr schwierig geworden, in einer angemessenen Zeit Auftragnehmer für die vielen Aufträge zum Abbau des Investitionsstaus zu finden. Viele Ausschreibungen enden erfolglos und müssen wiederholt werden, da zahlreiche Unternehmen nicht mehr bereit sind, diese unnötige Bürokratie auf sich zu nehmen.“

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