Getötete Polizisten: Polizistengräber in Berlin mit Hakenkreuzen geschändet
Die Gräber der Polizisten Roland Krüger und Uwe Lieschied in Buckow sind verwüstet worden. Der Kripo fehlte zunächst das Personal, um den Tatort aufzusuchen.
Sie starben im Dienst für die Berliner Polizei. Nun sind auf einem Friedhof in Berlin-Buckow die Gräber der beiden Beamten Roland Krüger und Uwe Lieschied geschändet und verwüstet worden: Auf den Grabsteinen hinterließen die Täter Hakenkreuze. Der Grabstein von Uwe Lieschied wurde umgeworfen.
In der Polizei ist das Entsetzen groß. Aber nicht nur über die Tat – sondern auch, weil der Kriminaldauerdienst der Direktion 5 wegen fehlender Einsatzkräfte zunächst nicht am Tatort anrücken konnte. Diese Darstellung ist dem Tagesspiegel von mehreren Seiten aus Polizeikreisen bestätigt worden. Sogar Polizeivizepräsident Marco Langner war dann in den Fall involviert. Erst am Mittag, als sich unter den Polizisten in Berlin die Nachricht von der Schändung längst verbreitet hat, meldete sich die Polizei offiziell.
Innensenator Andreas Geisel (SPD) sagte: "Abscheu und Scham empfinde ich bei dem Gedanken, dass Gräber von Menschen geschändet wurden, die als Polizeibeamte im Dienst erschossen wurden. Ihre Gräber zu verwüsten und mit Hakenkreuzen zu beschmieren ist eine niederträchtige Tat, die sich gegen diejenigen richtet, die gestorben sind, als sie sich für unsere Sicherheit eingesetzt haben. Den Toten gebührt unser höchster Respekt und am Leben erhaltene Erinnerung." Geisel erklärte weiter: "Ich möchte auch den Angehörigen mein Mitgefühl ausdrücken, denen ein zweites Mal Leid und Trauer zugefügt wurde. Ihnen sage ich ganz deutlich: Wir werden alles tun, um diese schändliche Tat aufzuklären.“
CDU-Fraktionschef Burkard Dregger legte am Nachmittag Blumen an den geschändeten Gräbern nieder. „Ich habe die Schändung zweier Polizistengräber mit Bestürzung zur Kenntnis genommen. Für derlei Hassaktionen habe ich keinerlei Verständnis", sagte Dregger. "Mir war es ein Anliegen im Namen der CDU-Fraktion Blumen niederzulegen und mit den Angehörigen zu sprechen, um Ihnen zu versichern, dass wir uns ihnen sehr verbunden fühlen und dass wir uns immer vor die Polizei stellen, wenn diese angegriffen wird.“
Auch die Personalvertreter und Gewerkschaften meldeten sich zu Wort. „Roland Krüger und Uwe Lieschied haben ihren entschlossenen Kampf gegen Kriminelle und für die Sicherheit der Menschen in dieser Stadt mit dem Leben bezahlt“, sagte Norbert Cioma, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei. „Wer gezielt ihre Gräber schändet und beschmiert, beschmutzt nicht nur ihr Andenken, sondern spuckt auf die Werte, für die unsere Kollegen tagtäglich auf der Straße sind.“
Der SPD-Innenpolitiker Tom Schreiber erklärte: „Eine unfassbare Tat. Diese Schändung der Gräber trifft uns alle. Hier hatten zwei Polizeibeamte ihr Leben verloren und ihr Andenken wird mit verfassungsfeindlichen Symbolen geschändet.“ Der FDP-Innenpolitiker Marcel Luthe sagte: "Der von feigen Extremisten verbreitete Hass gegen Polizisten zeigt sich immer deutlicher in unserer Stadt. Unsere Polizei braucht und verdient die Unterstützung eines jeden Demokraten und die Aufklärung dieser abscheulichen Tat mit höchster Priorität."
Der Berufsverband „Unabhängige“ kritisierte, dass sich die Polizei am Morgen nicht mit voller Kraft um den Tatort gekümmert hat. „Solche Taten treffen in erster Linie die Angehörigen“, sagte der Verbandssprecher Jörn Badendick. „Sollten die im Raum stehenden Vorwürfe zutreffen, dass die erforderlichen kriminalpolizeilichen Maßnahmen zunächst nicht ergriffen wurden, muss das Konsequenzen haben. Das ist im Kollegenkreis nicht mehr vermittelbar.“
Ein Polizeisprecher sagte dem Tagesspiegel: "Wir weisen die Vorwürfe entschieden zurück." Weil die Kriminalpolizei zunächst mit Fällen befasst war, die schwerwiegender gewesen seien, der Tatort auf dem Friedhof und die Spurenlage gesichert waren, sei das Vorgehen völlig korrekt, sagte der Sprecher.
Den Angaben zufolge ist die Polizei am Mittwochmorgen um 8.45 Uhr von Friedhofsmitarbeitern darüber informiert worden, dass die beiden Gräber geschändet worden sind. Um 10 Uhr sei dann auch der Kriminaldauerdienst der Direktion informiert worden, die Streifenbeamten hätte aber bereits mit Gips erste Schuhabdrücke am Tatort gesichert.
Doch die vier Teams des Kriminaldauerdienstes seien zu dieser Zeit mit anderen, vordringlichen Fällen befasst gewesen. Das erste Team sei dann um 13 Uhr frei geworden und zum Friedhof geeilt. Es seien Spuren gesichert worden, der für politisch motivierte Straftaten zuständige Staatsschutz des Landeskriminalamtes habe den Fall übernommen. Es werde wegen Störung der Totenruhe und Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt.
Ob tatsächlich die Besatzung eines Streifenwagens am Tatort Schuhabdruckspuren genommen hat, wie von der Polizei offiziell erklärt, daran gibt es jedoch Zweifel. Die "B.Z." berichtet, dass Kollegen der getöteten Beamten nach Hause gefahren seien und selbst Gips geholt hätten, um die Spuren zu sichern. Das hätten sie getan, weil die Kriminalpolizei zunächst nicht gekommen sei. Beamte vom Polizeiabschnitt hätten dann die Schäden und die Spurensicherung dokumentiert. Die Beamten hätten dann mit SEK-Kollegen die Gräber aufgeräumt und neu bepflanzt.
Die Ermittler prüfen nun auch einen Zusammenhang mit Anträgen der CDU in der Bezirksverordnetenversammlung, zwei Straßen in Neukölln nach den beiden getöteten Polizisten zu benennen. Die Anträge waren mehrfach vertagt worden und sollten ausgerechnet am Mittwoch, als die Schändung der Gräber bekannt wurde, im Ausschuss für Straßen, Grünflächen und Ordnung behandelt werden.
Vize-Bezirksbürgermeister Falko Liecke (CDU) vermutet hinter den Taten Linksextremisten. "Solche widerwärtigen Attacken von Linken gab es früher schon", erklärte Liecke. "Ob das tatsächlich auf Rechtsextremisten hinweist, wird unter den Polizeikameraden massiv bezweifelt." Ein Polizeisprecher sagte, es würden alle Hinweise geprüft, derzeit werde in alle Richtungen offen ermittelt.
2016 schon Gedenktafel in Neukölln beschädigt
Die Grabschändung ist nicht der erste Vorfall. Im November 2016 hatten Unbekannte eine Gedenktafel für Lieschied in Neukölln beschädigt. Später bekannten sich Linksextremisten zu der Tat und erklärten: "Wir verhöhnen tote Polizisten."
Roland Krüger und Uwe Lieschied - die beiden Beamten liegen auf dem Parkfriedhof in Neukölln, Abteilung 6, begraben. Roland Krügers, Spitzname „Boulette“, war im April 2003 getötet worden. Er stürmte an der Spitze eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) eine Wohnung in Neukölln, um den Libanesen Yassin Ali-Khan wegen einer Messerstecherei unter Clan-Mitgliedern festzunehmen.
Der Libanese will angeblich befürchtet haben, dass ein verfeindeter Clan ihn angreifen wollte. Er feuerte mehrfach auf die Polizisten, Roland Krüger wurde am Kopf getroffen und starb wenige Tage danach, ohne jemals wieder das Bewusstsein erlangt zu haben. Tausende Polizisten und Berlin nahmen am Trauermarsch für Roland Krüger teil. In drei Wochen jährt sich Krügers Todestag zum 16. Mal.
Uwe Lieschied war Zivilfahnder im Abschnitt 55 in Neukölln, am 17. März 2006 war er mit seinem Kollegen auf Zivilstreife am Volkspark Hasenheide unterwegs. Dabei bemerkten sie zwei rennende Männer, die eine Prostituierte ausgeraubt hatten, wie sich später herausstellte. Die Beamten forderten die Männer auf, stehen zu bleiben. Doch Mehmed E. schoss mit seiner Pistole sofort um sich - er feuerte acht Mal auf den Beamten.
Lieschied erlitt dabei auch einen Kopfschuss durch die linke Schläfe. Im Dienst war Lieschied nur, weil das Spiel seiner Freizeit-Fußballer ausgefallen war und er deshalb die Nachtschicht übernommen hatte. Uwe Lieschied lag vier Tage im Koma, am 21. März 2006 starb er. Aber auch nach seinem Tod half er anderen Menschen: Seine Organe wurden gespendet. Auch Lieschied wurde unter großer Anteilnahme der Berliner beigesetzt.
Im Polizeipräsidium am Platz der Luftbrücke wird an die im Dienst getöteten und verunglückten Beamten in einem Gedenkbuch erinnert. In der vergangenen Woche, 13 Jahre nach seinem Tod, waren die Seiten für Uwe Lieschied aufgeschlagen.