Protest gegen türkische Regierung: Polizei verhindert Blockade auf Oberbaumbrücke
Der türkische Einmarsch in Syrien hat 2000 Kurden und Unterstützer in Berlin mobilisiert. Aktivisten versuchten auch, die Oberbaumstraße zu blockieren.
Aus Protest gegen den türkischen Angriff auf die syrische Kurdenregion zogen am Sonnabend mehr als 2000 Demonstranten durch die Berliner Innenstadt. Vom Potsdamer Platz ging es über die Friedrichstraße zum Brandenburger Tor, am späten Nachmittag sammelten sich einige Demonstranten noch in Kreuzberg und Neukölln.
Laut Angaben der Polizei kam es zu vereinzelten Ausschreitungen, als die Polizei eine Blockade an der Oberbaumstraße verhinderte. Dazu hatten Aktivisten über Soziale Medien zuvor aufgerufen. So sollen zeitgleich zu Demonstrationsbeginn um 18 Uhr rund 50 Menschen versucht haben, die Oberbaumstraße zu betreten. Die Polizei verhinderte dies und nahm zwei vorläufige Festnahmen wegen einer Beleidigung und einer versuchten Gefangenenbefreiung vor. Die Gruppe soll Reizstoff in Richtung der Beamten gesprüht haben, wodurch drei von ihnen leichte Verletzungen erhielten. Ein bisher noch unbekannter Teilnehmer habe einem Polizisten in den Rücken getreten, auch dieser sei leicht verletzt worden. Die verletzten Kräfte verblieben im Dienst.
Die Aktivisten hatten auch Gegenstände mitgebracht, die sie auf die Fahrbahn stellen wollten: 70 Personen sollen laut Polizei gegen 18.30 Uhr versucht haben, mobile Toiletten und Warnbaken auf der Straße aufzubauen - die Polizei entfernte diese wieder. Sie habe mehrfach Platzverweise ausgesprochen, gegen 19.10 Uhr hätten sich nach und nach alle blockadewilligen Personen entfernt. Es wurden Strafermittlungsverfahren wegen Beleidigung, versuchter Gefangenenbefreiung, schweren Landfriedensbruchs, Landfriedensbruchs, Widerstands und einem Verstoß gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet.
Die gelb-rot-grünen Fahnen der syrischen Kurden wehten über dem Protestzug, dazu Plakate mit Aufschriften wie „Keine Deals mit dem AKP-Regime“ gezeigt: Gemeint sind Waffenexporte an die Regierung der islamistischen AKP von Staatschef Recep Tayyip Erdogan in Ankara. Laut Polizei blieb es bis zum Abend rund um die Proteste ruhig.
Vergangenes Wochenende hatten türkische Rechte kurdische Linke angepöbelt, Rangeleien folgten, die Polizei schritt ein. Im Vorfeld dieses Wochenendes hatten die Organisatoren – kurdische Vereine, deren Mitglieder meist aus der Türkei, Syrien und Irak stammen – zur Besonnenheit aufgerufen: Man solle sich nicht von türkischen Nationalisten und militanten Islamisten vom Straßenrand aus provozieren lassen.
Auf der Versammlung griff Berlins Polizei diesmal nicht ein, als die Demonstranten in Mitte wie angekündigt zahlreiche Fahnen der YPG zeigten. Die Symbole dieser syrisch-kurdischen Miliz sind in Deutschland zwar legal, schließlich handelt es sich um Verbände, die einen vom Westen unterstützten Kampf gegen den „Islamischen Staat“ führen. Allerdings drängte die türkische Regierung darauf, diverse Logos der syrischen Kurden zu verbieten – für Ankara sind die YPG-Fahnen schlicht Chiffren der verbotenen PKK.
Die Symbole der Kurdischen Arbeiterpartei PKK, die in der Türkei einen Guerillakampf um kurdische Autonomie führt, sind seit 1993 auch in Deutschland verboten. Die Bundesregierung verfügte 2017, dass YPG-Symbole verboten werden können, wenn sie als Ersatz für die PKK gezeigt werden. Seitdem wird fallweise darüber entschieden, was von Juristen weitgehend als „Rechtsunsicherheit“ beklagt wurde. Wie berichtet, kündigten Anwälte an, die sogenannte Flaggenfrage höchstrichterlich klären zu lassen.
SDF: Türkei bombardiert Nordsyrien weiter
Ein Sprecher von Innensenator Andreas Geisel (SPD) sagte: Die Polizei bewerte die Lage fortlaufend – und habe dabei „Ereignisse aus dem In-und Ausland“ im Blick. In der hauptsächlich von Kurden bewohnten Autonomiezone in Nordsyrien gingen auch am Sonnabend die türkischen Angriffe weiter. Das teilte das multiethnische Militärbündnis SDF mit, deren Hauptkraft die kurdische YPG ist. „Wir haben uns verpflichtet, den Waffenstillstand einzuhalten und werden uns daran halten“, sagte ein SDF-Vertreter. Die Türkei aber setzte ihre Angriffe fort, einen – von den USA, den einstigen Verbündeten der Kurden – angekündigten Fluchtkorridor gebe es auch noch nicht.
Auch in anderen Städten wurde am Samstag gegen die türkische Besatzung in Nordsyrien demonstriert. Nach Polizeiangaben zogen 5000 Teilnehmer durch die Kölner Innenstadt.