Ein Verdächtiger gefasst: Razzia gegen Schleuserbande in Berlin – Wohnungen und Geschäfte durchsucht
Eine Bande soll falsche Vaterschaftsanerkennungen für Aufenthaltsgenehmigungen organisiert haben. Am Morgen rückten Polizei und Finanzamt zu einer Razzia aus.
Es geht bislang um rund 80 Fälle, in denen deutsche Männer, häufig aus dem Trinkermilieu, teils mehrfach gegen wenige tausend Euro für ungeborener Kinder schwangerer Frauen aus Vietnam die Vaterschaft anerkannt haben. Damit wurden die Kinder deutsche Staatsbürger – und für die Frauen wurde eine Aufenthaltsgenehmigung erschlichen. Am Dienstagmorgen sind in Berlin Bundes- und Hauptstadtpolizei, Staatsanwaltschaft und Finanzamt mit einer Razzia gegen eine vietnamesisch-deutsche Schleuserbande vorgegangen, die dafür verantwortlich sein soll.
Für Schleuser ist es ein einträgliches Geschäft: Die Frauen – auch ihre Familien – verschulden sich, damit die Frauen nach Deutschland gebracht werden. Dort müssen sie ihre Schulden abarbeiten, etwa in Nagelstudios. Die Schleuserbande, gegen die seit 2019 ermittelt wird, soll ihnen gegen Summen von 10000 bis 20000 Euro Scheinehen und Vaterschaftsanerkennungen vermittelt haben, damit nach Deutschland kommen und hier bleiben können. Die achtköpfige Bande soll im großem Stil die falschen Vaterschaftsanerkennungen organisiert haben. Zehn Wohnungen und drei Geschäfte in Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Mitte, Steglitz-Zehlendorf und Friedrichshain-Kreuzberg wurden durchsucht, 120 Polizisten waren im Einsatz.
Der 65-jährige mutmaßliche Kopf der Bande, ein Vietnamese, wurde in Hohenschönhausen festgenommen, gegen ihn lag ein Haftbefehl vor. Der Tatvorwurf lautet banden- und gewerbsmäßiges Einschleusen von Ausländern und das Erschleichen von Aufenthaltstiteln. Ermittelt wird gegen acht Bandenmitglieder – Vietnamesen und Deutsche – im Alter von 34 und 64 Jahren sowie drei Unterstützer. Bei dem Bandenchef geht es auch um Steuerhinterziehung.
Die Bande soll einen Umsatz von mindestens 1,57 Millionen Euro und einen Gewinn von etwa 700 000 Euro erzielt haben. Weitere Fälle könnten sich aus den umfangreichen Unterlagen, Speichermedien und Mobiltelefonen ergeben, die beschlagnahmt wurden. Auch Bargeld in Höhe von 8000 Euro und ein hochwertiges Auto wurden sichergestellt. Im Visier haben die Ermittler auch mehrere Notare in Berlin, die die Vaterschaftsanerkennungen beglaubigt haben.
Berlin als "Dreh- und Angelpunkt" vietnamesischer Menschenhändler
Daneben soll es auch um Geschäfte mit Eheschließungen zwischen Vietnamesen und Deutschen in Dänemark gehen, vermittelt von der Bande. Mit den Heiratsurkunden bekamen die Vietnamesen in Berlin dann ein Bleiberecht.
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Bereits im März hatte die Bundespolizei eine andere, von einer Frau geführte deutsch-vietnamesische Schleuserbande ausgehoben. Illegal eingereiste Vietnamesinnen sollen zur Prostitution in illegalen Bordellen gezwungen worden sein, um Schleuserlöhne zu bezahlen.
Auch in dem Fall ging es um Scheinehen und falsche Vaterschaftsanerkennungen. Das Bundeskriminalamt stuft Berlin als „Dreh- und Angelpunkt“ vietnamesischer Menschenhändler in Westeuropa ein. Zentral für die Abwicklung der Geschäfte soll das Einkaufscenter Dong Xuan Center in Lichtenberg sein.
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