Angriff in Berlin-Wilmersdorf: Rabbiner antisemitisch beleidigt und bespuckt
Er kam gerade aus der Synagoge, als er attackiert wurde. Yehuda Teichtal war in Begleitung seines Kindes. Der Staatsschutz ermittelt.
Der Rabbiner der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Yehuda Teichtal, ist am Freitag beschimpft und bespuckt worden. Der antisemitische Angriff ereignete sich gegen 21 Uhr in der Nähe einer Synagoge in Wilmersdorf. Dort hatte Teichtal zuvor den Gottdienst geleitet.
Die Polizei bestätigte dem Tagesspiegel gegenüber den Vorfall. Den Angaben des Opfers zufolge ging die Aggression von zwei Männern aus, die den Rabbiner aus einem Mehrfamilienhaus heraus auf Arabisch und auf Deutsch beschimpften und bespuckten. Die Unbekannten sollen "Jude, Jude!" gerufen haben und "Freiheit für Palästina!".
Der Vorfall wurde am Montag nach einer Anzeige der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) über die Internetwache bei der Polizei Berlin bekannt. Die Polizei veröffentlichte ihn aber erst am Mittwoch in einer Pressemitteilung, nachdem die Jüdische Gemeinde über den Angriff berichtet hatte.
Der Polizeiliche Staatsschutz beim Landeskriminalamt Berlin hat die weiteren Ermittlungen übernommen und geht nach eigenen Angaben "mit aller Konsequenz gegen religiös motivierte Straftaten, zu denen auch antisemitische Straftaten gehören, vor".
"Wir müssen leider feststellen, dass die Aggressionen gegen Juden sowohl auf den Schulhöfen als auch auf den Straßen Berlins ein Eigenleben entwickelt haben", kommentierte Teichtal den Angriff gegen ihn und sein Kind. Er bleibe aber weiterhin überzeugt, dass die meisten Menschen in Berlin diese Aggression gegen Juden als traurigen Bestandteil des jüdischen Alltags nicht hinnehmen wollten.
"Die meisten Berlinerinnen und Berliner wollen, dass Jüdische Menschen ihr Judentum offen leben können, ohne Angst zu haben, beschimpft, bespuckt oder gar geschlagen zu werden", sagte Teichtal weiter. "Natürlich werden wir uns jetzt nicht verstecken, sondern bauen weiter auf Liebe, Toleranz, Dialog und Bildung."
Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Dr. Gideon Joffe, erklärte, Teichtal habe sich in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin den Ruf eines „Liebe-Predigers“ erworben - im Kontrast zu den sogenannten Hass-Predigern, die andersgläubige Menschen gegeneinander anstacheln.
Teichtal setze sich vorbildlich für ein durch „Liebe zur Würde des Menschen“ getragenes Miteinander zwischen allen Religionen und Kulturen ein. "Die Tatsache, dass nun sogar unser Rabbiner Teichtal in Begleitung eines seiner Kinder angegriffen wird, wirkt in diesem Zusammenhang wie eine bösartige Ironie des Schicksals", sagte Joffe.
Dieser Vorfall beweise, wie wichtig es sei, den Kampf gegen Antisemitismus durch weitere praktische Maßnahmen zu verstärken. "Vor allem müssen jetzt auch Polizeibeamte, die ihren Dienst in Zivil versehen sollten, sicherstellen, dass unsere Beterinnen und Beter ihren Weg zur Synagoge und zurück im Umfeld unserer Gotteshäuser ungestört antreten können."
Auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) verurteilte den Übergriff „aufs Schärfste“. „Berlin als ,Stadt der Freiheit’ ist auch eine Stadt der Religionsfreiheit“, betonte er.
In der Vergangenheit kam es immer wieder zu antisemitischen Angriffen und Straftaten in Berlin. Bundesweite Bestürzung löste ein Vorfall im April 2018 in Prenzlauer Berg hervor. Ein 19-jähriger Flüchtling aus Syrien schlug damals mit einem Gürtel auf einen Kippa tragenden Israeli ein und beschimpfte ihn antisemitisch. Das Opfer filmte die Attacke mit seinem Smartphone und veröffentlichte das Video im Internet.