Brandenburg: Neue Panne im Pharmaskandal
Der unter Hehlereiverdacht stehende Arzneihändler Lunapharm darf vorerst weitermachen. Ein Gericht hat Zweifel an Brandenburgs Vorgehen gegen das Unternehmen.
Dem Brandenburger Gesundheitsministerium ist im Krisenmanagement im Pharmaskandal um möglicherweise unwirksame Krebsmedikamente nach Tagesspiegel-Recherchen eine schwere Panne unterlaufen. Weil der Entzug der Betriebserlaubnis für den unter Hehlereiverdacht stehenden Medikamentenhändler Lunapharm in Mahlow rechtlich nicht wasserdicht ist, droht Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) ein Rückschlag beim Eingreifen gegen illegalen Arzneimittelhandel.
Das dem Ministerium unterstehende Landesgesundheitsamt hatte der Firma vor zwei Wochen die Betriebserlaubnis entzogen, Lunapharm legte dagegen Eilbeschwerde vor dem Verwaltungsgericht Potsdam ein und kann vorerst weiter Geschäfte machen.
Entzug der Betriebserlaubnis bis nächste Woche ausgesetzt
Das Gericht hat die Landesbehörde auf Mängel im Bescheid hingewiesen, mit dem der Betrieb dichtgemacht wurde. Nun kann das Land nachbessern, einen neuen Bescheid oder nur ein Teilverbot erlassen. Das Land hat bis nächste Woche Zeit, dann will das Gericht entscheiden. Es hat dem Land nach üblichem Prozedere aufgegeben, bis zum endgültigen Beschluss den Entzug der Betriebserlaubnis zunächst auszusetzen. Dem ist die Landesbehörde aus Sicht des Gerichts nachgekommen; das Ministerium wollte sich nicht klar äußern. Eine Sprecherin sagte nur, es gebe keine Betriebserlaubnis.
Damit gerät die bisherigen Strategie von Gesundheitsministerin Golze ins Wanken. Sie hatte in dem vor drei Wochen bekannt gewordenen Skandal um illegale Krebsmedikamente aus Griechenland erst zögerlich gehandelt, war dann aber energisch vorgegangen. Dabei hatte sie zwei Experten der unterbesetzten Arzneimittelaufsicht beurlauben lassen und sie der Korruption bezichtigt, was sich als falsch herausgestellt hat. Beim Vorgehen gegen den Pharmahändler fehlten die Experten der Arzneimittelaufsicht dann.
Erst aufklären - dann gesichtswahrender Abgang für Golze
Golze ist seit Bekanntwerden des Skandals politisch angeschlagen, ihre Zukunft als Ministerin fraglich. Vertreter der rot- roten Regierungskoalition räumen ihr einige Wochen ein, um Behördenversagen und Aufsichtsdefizite des Ministeriums aufzuklären und Gegenmaßnahmen zu ergreifen.
Bislang zeichnet sich ab, dass Golze ein gesichtswahrender Abgang als Aufklärerin und Aufräumerin geebnet werden könnte. Die Co-Landesparteichefin der Linken sollte aber auch als Spitzenkandidatin zur Landtagswahl 2019 antreten – dies gilt inzwischen selbst bei Teilen der Linken als ausgeschlossen.
Brandenburgs Gesundheitsbehörde war trotz Ende 2016 ergangener Hinweise aus Polen und Griechenland und seit Frühjahr 2017 laufender Strafermittlungen gegen Lunapharm nur zögerlich eingeschritten. Es geht um einen seit 2013 laufenden Handel mit aus griechischen Kliniken gestohlenen Präparaten für die Chemotherapie von Krebspatienten.
Die Behörden in Griechenland gehen davon aus, dass die Medikamente bei dem groß angelegten Geschäft wegen fehlender Kühlung unwirksam geworden sein könnten. Lunapharm lieferte die Mittel in elf Bundesländer. Das Potsdamer Gesundheitsministerium hat bereits eingeräumt, dass wohl nie geklärt werden kann, ob Patienten schädliche Krebsarznei verabreicht worden ist.
+ + +Drei Gründe, warum Brandenburgs Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) nach dem Pharmaskandal um illegale Krebsmedikamente zurücktreten muss. Ein Kommentar + + +