Organisiertes Verbrechen in Berlin: "Brutalität krimineller Clans gefährdet sozialen Frieden"
Erst am Wochenende gab es wieder Gewalt zwischen arabischen Großfamilien. Am Montag befasste sich der Innenausschuss des Berliner Parlaments mit dem Thema.
Die Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten arabischen Großfamilien in Berlin sind den vergangenen Wochen eskaliert: Der Intensivtäter Nidal R. wurde mit mehreren Schüssen am Tempelhofer Feld getötet, zwei Deutsch-Libanesen wurden niedergeschossen. Zudem kam es zu Massenschlägereien. Zuletzt gab es am Wochenende einen Zwischenfall in Kreuzberg. Am Montag befasste sich der Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses mit dem Thema. Eingeladen war unter anderen der Bezirksbürgermeister Neuköllns, Martin Hikel (SPD). Er hatte angesichts der Vorfälle eine "Null-Toleranz-Linie" des Rechtsstaats gefordert.
In Neukölln lebten 32.000 Menschen mit arabischen Hintergrund, sagte Hikel auf der Sitzung. In seinem Bezirk seien acht kriminelle Clans mit etwa 1000 Personen aktiv. "Die extreme Brutalität gefährdet den sozialen Frieden", beklagte er. Und zwar auch, wie Hikel später ergänzte, weil die restliche Bevölkerung alle arabischen Mitbürger über einen Kamm scheren würde, nach dem Motto, alle seien kriminell.
Innensenator Andreas Geisel hatte bereits angekündigt, gemeinsam mit Finanzsenator Matthias Kollatz (beide SPD) und Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) neue Wege im Kampf gegen die organisierte Kriminalität zu verabreden. Unter anderem soll geprüft werden, wie die Behörden mit der Steuerfahndung gegen die Clans vorgehen können. Auch Neuköllns Rathauschef Hikel forderte einen besseren Informationsaustausch zwischen den Behörden, etwa beim Hartz-IV-Bezug oder bei Gewerbeanmeldungen.
Aus anderen Bereichen der Politik kommt gar die Forderung, Kinder bekannter arabischstämmiger Krimineller unter staatliche Obhut zu stellen - wegen Kindeswohlgefährdung. „Wenn das in zwei, drei Fällen geschieht, macht das etwas mit den Strukturen“, sagte etwa der Berliner SPD-Abgeordnete Tom Schreiber. Es müsse verhindert werden, dass Kinder in Clan-Strukturen rutschen, kriminell werden und später in Haft kommen. Die im Innenausschuss eingeladenen Experten zeigten sich aber skeptisch, ob dies funktionieren könne, die rechtlichen Hürden seien sehr hoch.
Shisha-Bar zertrümmert
Erst in der Nacht zu Sonntag wurde, wie berichtet, eine Kreuzberger Shisha-Bar attackiert und zertrümmert. Die etwa 30 Täter sollen mit fünf Autos gekommen sein. Mit Schlagstöcken zerschlugen sie das vor der Bar stehende Mobiliar. Auch Gäste der Shisha-Bar sollen attackiert worden sein.
Zeugen alarmierten am Sonnabend gegen 23.30 Uhr die Polizei. Vor dem Eintreffen der Beamten waren aber sowohl alle Täter, die Mitarbeiterin der Bar und auch alle Gäste geflüchtet. Das für kriminelle arabische Großfamilien zuständige Fachkommissariat des Landeskriminalamts führt die Ermittlungen.