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Am Berliner U-Bahnhof Kottbusser Tor ist ein Mann in der Nacht zu Mittwoch auf die Gleise gestossen worden.
© Christoph Soeder/dpa
Update

U-Bahn-Schubser am Kottbusser Tor: Beim Todesstoß an der U8 ging es um Drogenhandel

Am Kottbusser Tor wurde ein 30 Jahre alter Mann vor die U8 gestoßen. Jetzt zeichnet sich ab: Hintergrund der Tat war offenbar Drogenhandel.

Nach dem Tod eines 30-jährigen Iraners auf dem U-Bahnhof Kottbusser Tor gehen die Ermittler von einer Auseinandersetzung im Drogendealer-Milieu aus. "Die Hinweise auf einen Drogen-Hintergrund haben sich konkretisiert", sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Berlin am Freitag. "Es geht um den Verdacht, dass ein Deal Hintergrund der Tat sein könnte."

Zugleich prüfen die Ermittler jetzt das Videomaterial. Aus den Überwachungskameras der BVG liegen Aufnahmen vor. Mordkommission und Staatsanwaltschaft hoffen, den Täter schnell ausfindig zu machen. Aus einer Gruppe heraus soll der Iraner vom Bahnsteig am Kottbusser Tor vor einen einfahrenden Zug der U-Bahnlinie 8 gestoßen worden sein.

Der Iraner wurde vom Zug in Richtung Hermannstraße erfasst und schwer verletzt. Die Reanimationsversuche waren vergebens, er erlag seinen schweren inneren Verletzungen. Der Tatverdächtige flüchtete und wird nun gesucht. Die Staatsanwaltschaft wollte sich nicht dazu äußern, ob der Täter anhand des Videomaterials bereits identifiziert werden konnte.

Staatsanwaltschaft und Mordkommission ermitteln standardmäßig zunächst wegen des Verdachts auf Totschlag. Darauf steht laut Gesetz eine Mindeststrafe von fünf Jahren Haft, in besonders schweren Fällen droht lebenslange Freiheitsstrafe. Sollte der Täter gefasst werden und es klare Hinweise auf Heimtücke, besondere Grausamkeit oder ein niedriger Beweggrund geben, könnte es auch um Mord gehen.

Der Mann war gegen Mitternacht mit einem Rollstuhlfahrer auf dem Bahnsteig der U8 unterwegs. Nach den bisherigen Erkenntnissen sollen beide in Streit mit einer Personengruppe geraten sein. Sowohl der Iraner als auch die Gruppe sollen zur Drogen- und Trinkerszene am Kottbusser Tor gehören und dort häufig anzutreffen sein.

Der Tote an der U8 am Kottbusser Tor - was wir bisher wissen:

  • Ein 30-jähriger Iraner stirbt in der Nacht zu Mittwoch am Kottbusser Tor.
  • Das Opfer und sein Begleiter im Rollstuhl hatten Streit mit einer Gruppe.
  • Aus der Gruppe heraus soll der Iraner vor die U8 gestoßen worden sein.
  • Der Täter und die Gruppe flüchteten.
  • Die Mordkommission ermittelt wegen Verdacht auf Totschlag.
  • Die Ermittler befragen Zeugen und werten Videomaterial aus.

Bislang ist nicht geplant, mit den Videos aus den Überwachungskameras an die Öffentlichkeit zu gehen. Dafür wäre ein Richterbeschluss nötig, zur Öffentlichkeitsfahndung mit Fotos wird als letztes Mittel gegriffen, wenn alle anderen Ermittlungsansätze ausgeschöpft sind.

Der U-Bahnhof Kottbusser Tor gilt als Hotspot für den Drogenhandel.
Der U-Bahnhof Kottbusser Tor gilt als Hotspot für den Drogenhandel.
© Christoph Soeder/dpa

Der Rollstuhlfahrer, der in Begleitung des Iraners unterwegs war, ist bereits am Mittwoch nach der Tat von der Mordkommission des Landeskriminalamtes vernommen worden. Laut Polizei hat es zahlreiche Zeugen der Tat gegeben haben.

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Das Kottbusser Tor in Kreuzberg wird von der Berliner Polizei als kriminalitätsbelasteter Ort definiert und gilt seit langem als Hotspot für den Drogenhandel. Besonders in dem vor Witterung geschützten U-Bahnhof halten sich immer wieder Konsumenten auf. Die Polizei hat in den vergangenen Jahren ihre Präsenz mit gemeinsamen Streifen mit dem Sicherheitsdienst der BVG verstärkt.

Um die Sicherheit am "Kotti" kümmert sich eine speziell zusammengestellte Polizeigruppe.
Um die Sicherheit am "Kotti" kümmert sich eine speziell zusammengestellte Polizeigruppe.
© Paul Zinken/dpa

Augenzeugen berichteten, dass es sich bei den Streitenden um Drogenabhängige gehandelt haben soll, die sich im U-Bahnhof aufhielten. Eine Nichtigkeit habe die Auseinandersetzung entfacht. In der Rangelei sei der Mann dann mutmaßlich versehentlich vor die Bahn gestoßen worden. Anwesende seien anschließend in das Gleisbett gesprungen, um ihm zu helfen – allerdings ohne Erfolg.

Ein Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft hatte am Mittwoch gesagt, man prüfe derzeit einen möglichen Drogenhintergrund der Tat. Der Iraner soll in Berlin gewohnt haben und bereits wegen Drogendelikten bekannt gewesen sein. In welchem Verhältnis der Getötete und der Rollstuhlfahrer standen, sollte ebenfalls geprüft werden.

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