Berliner Flughafen: Am BER dreht sich erstmal alles um die Personalfrage
Bei den Finanzen wird es eng am Airport BER. Eine Lösung für die Zeit ab 2020 gibt es bislang nicht. Der Aufsichtsrat gab aber grünes Licht für eine Personalie und ein neues Terminal.
An der Baustelle für den neuen Hauptstadtflughafen BER soll es vorangehen: Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hält die für Herbst 2020 angekündigte Eröffnung für machbar. Doch bei den Finanzen sind die Lücken noch nicht gestopft. Über all das – Zeitplan und Finanzen, über ein neues Terminal und über neue Personalien – wurde am Freitag im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft beraten. Ein Überlick.
Neue Personalie als Signal für mehr Professionalität
Ob es einen vierten Geschäftsführer geben wird, der den Bau voranbringen soll, ist bislang nicht entscheiden worden. Eine andere Personalie jedoch war bereits Tage vor der Sitzung des Aufsichtsrates der Flughafengesellschaft am Freitag klar – und wird als deutliches Signal für mehr Professionalität gewertet: Der in Lothringen aufgewachsene Patrick Muller wird als Betriebsleiter künftig die Flughäfen Tegel und Schönefeld steuern.
Er verfügt über internationale Erfahrung im laufenden Airportbetrieb, war am Frankfurter Flughafen tätig und hatte eine ganze Reihe von Spitzenjobs inne: am Airport London-Heathrow, als Flugbetriebsleiter für Fraport in Saudi Arabien, an den Airports Doha und Hamad in Katar, als Bereichsleiter am Flughafen Dubai.
Muller tritt den neuen Job in Berlin im August an. Sein Vorgänger Elmar Kleinert, der Tegel unter widrigen Umständen am Laufen hielt, war Anfang Juli als Geschäftsführer zum Flughafen Bremen gegangen. Lütke Daldrup nannte Muller äußerst kompetent und sagte, was dessen wichtigste Aufgaben seien: vorrangig die Eröffnung des Hauptstadtflughafens BER, dazu gehört der vorherige Probebetrieb, aber auch die Anwerbung von Airlines.
Als Experte mit Erfahrung bei Inbetriebnahme, Probebetrieb und Umzügen von Flughäfen soll Muller genau das auch für den BER-Start organisieren. Daneben muss er trotz Überlastung in Tegel und Schönefeld weiterhin einen „guten Flugbetrieb“ aufrechterhalten. Dort müsse „bis zum letzten Tag hocheffektiv“ weitergearbeitet werden, sagte Aufsichtsratschef Rainer Breischneider.
Streit wegen Vergabe des Beratervertrags für die BER-Kontrolle
Bei einer anderen, von Berlin vorgeschlagenen Personalie, hat der Aufsichtsrat die Bremse gezogen. Berlin wollte durchsetzen, dass der Münchner Projektentwickler Norbert Preuß, der auf Ticket der Berliner Grünen Mitglied des Aufsichtsrates ist, zusätzlich für eine sechsstellige Summe einen Beratervertrag für die BER-Kontrolle bekommt – per Direktvergabe und ohne Ausschreibung.
Preuß sollte nach dem Willen Berlins mit der Leitung eines neu zu schaffenden „Aufsichtsratsbüros“ beauftragt werden. Der Vorschlag geht zurück auf die Grünen in der Berliner Koalition – angeblich aus Misstrauen gegen Lütke Daldrup. Der soll einen weiteren externen Überwacher abgelehnt haben. Daher hatte sich Rot-Rot-Grün trotz aller Warnungen auf die interne Lösung mit Preuß verständigt.
Der Berliner Antrag, der laut Breischneider erst zwei Tage vor der Aufsichtsratssitzung offiziell vorgelegen habe, ist vorerst vom Tisch. Dem Gremium sei der Berliner Vorschlag „zu komplex und zu umfassend“ erschienen, um darüber zu entscheiden, sagte Bretschneider.
Stattdessen setzte der Aufsichtsrat eine Arbeitsgruppe ein, die die Frage prüfen soll, ob und wie der Aufsichtsrat die Geschäftsführung und die Baustelle noch besser überwachen kann. Und ob der Aufsichtsrat überhaupt Erkenntnisdefizite hat.
Bis zur Sitzung Ende August soll die Arbeitsgruppe Ergebnisse liefern. Für die Berliner Koalition ist das eine peinliche Niederlage. Der Bund signalisierte intern Ablehnung. In Brandenburg gab es ein klares Urteil: Berlins Vorschlag habe ein Geschmäckle und würde gegen den Corporate-Governance-Kodex des Landes verstoßen.
Wenn Preuß mit seiner Firma im Auftrag des Aufsichtsrates ein neues Baucontrolling übernehmen solle, müsste er sein Aufsichtsratsmandat abgeben. Offenbar sei der Berliner Koalition das Fingerspitzengefühl abhanden gekommen, hieß es.
Die Finanzierung des Businessplans ist schwieriger als gedacht
Ursprünglich war für die Aufsichtsratssitzung eine Lösung für die Finanzierung für die Zeit nach der Eröffnung bis 2025 angekündigt. Es seien aber noch eine Reihe von Gesprächen mit Banken und den Gesellschaftern nötig, in den vergangenen Wochen habe es Treffen auf höchster Ebene mit Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) und Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (Linke) gegeben.
Nun soll bis zur Sitzung des Aufsichtsrat Ende August geklärt sein, wie die Lücke von mehreren hundert Millionen Euro gestopft wird. Die erste Runde, Angebote für unverbürgte Kredite in Höhe von rund 400 Millionen Euro einzuholen, verlief ernüchternd. Nun sagte Bretschneider aber, er sei guter Hoffnung.
Ein Kredit von 1,1 Milliarden Euro, geplant für künftige Erweiterungen, soll für die Zeit bis zur Fertigstellung genutzt werden. Das Geld fehlt dann ab 2020. Die Lücke von mindestens einer halben Milliarde Euro müsste durch Kredite in Höhe und Zuschüsse der Eigentümer gestopft werden.
Der Bund hat bereits Ende Juni überraschend ein Darlehen von 132 Millionen Euro für die Jahre 2020 bis 2022 freigemacht. Berlin und Brandenburg halten sich noch bedeckt, wollten eigentlich kein neues Geld nachschießen. Wie auch immer: Die Kosten für den einst mit zwei Milliarden Euro kalkulierten, durch Baumängel wiederholt verzögerten Bau des BER steigen auf 7,1 Milliarden Euro.
Immerhin haben sich für das Unternehmen neue Einnahmequellen aufgetan: Der VW-Konzern habe Interesse bekundet, seine Diesel-Neuwagen wegen Verzögerungen beim neuen Abgastest nun auf dem Flughafen zu parken. Und dieses Interesse sei „akut“, sagte Lütke Daldrup. Die Zahl von rund 10000 Wagen sei „nicht ganz falsch“. Für die Flughafengesellschaft sei das Angebot wirtschaftlich interessant, die Parkhäuser und Stellflächen stünden ohnehin leer. „Wir können damit Geld verdienen“, sagte Lütke Daldrup. „Wir freuen uns auf dieses Geschäft.“
Flughafenchef sieht der geplanten Eröffnung 2020 zuversichtlich entgegen
Flughafenchef Lütke Daldrup ist weiterhin zuversichtlich, die Eröffnung 2020 zu schaffen. Man liege mit der Mängelbeseitigung im Plan, bei den Prüfungen durch die Sachverständigen „in den letzten Zügen“, sagte er am Freitag. Der Zeitplan für die Inbetriebnahme sei weiter auf „soliden Füßen“. In den vergangenen Monaten habe es eine „deutliche Stabilisierung“ gegeben.
Für das neue Terminal T2, das in Schlichtbauweise errichtet werden soll, um die Passagierzahlen zu bewältigen, hat der Aufsichtsrat ein höheres Budget gebilligt. Statt 100 sind nun 200 Millionen Euro veranschlagt. Denn im Vergabeverfahren war wegen der angespannten Marktlage kein besserer Preis zu erzielen. Um bald den Zuschlag erteilen zu können, gab der Aufsichtsrat grünes Licht für die Mehrkosten.
Die Baugrube ist ausgehoben, im August soll ein Bauunternehmen den Zuschlag erhalten und im September soll der Bau beginnen. Über das Terminal sollen sechs Millionen Passagiere, zusätzlich zu den mehr als 20 Millionen im Rest des BER, pro Jahr abgewickelt werden können. Wann und ob es bereits vor BER-Start eröffnet wird, bleibt vorerst offen. „Wir wollen warten, wie die Baustelle läuft“, sagte Lütke Daldrup. Erst 2019 werde dann entschieden, ob das Terminal mit dem BER in Betrieb geht. Zum Ende des Sommers 2020 solle das Terminal fertig sein.