Beratervertrag für Aufsichtsratsmitglied: Ein "Geschmäckle" im BER-Aufsichtsrat
Ein Projektentwickler soll mit einem zusätzlichen Beratervertrag die BER-Flughafenbaustelle überwachen. Offenbar geht es um eine sechsstellige Summe.
Berlins Rechnungshof will den Flughafenneubau in Schönefeld unter die Lupe nehmen. Nach Tagesspiegel-Informationen hat sich die Finanzkontrollbehörde, die sich im Unterschied zum Brandenburger Rechnungshof und dem Bundesrechnungshof bislang beim aus dem Ruder gelaufenen Milliardenprojekt eher zurückgehalten hat, dafür ein heikles Feld ausgesucht: Geprüft werden sollen Beraterverträge. Und von denen hat die Flughafengesellschaft Berlins, Brandenburgs und des Bundes (FBB), die sich seit 2006 am Bau des neuen, inzwischen 6,6 Milliarden Euro teuren Airports in Schönefeld versucht, nicht wenige vergeben.
Der Berliner Senat liefert den Prüfern nun möglicherweise sogar zusätzlichen Prüfstoff. Denn Berlin ist vor wenigen Tagen mit einem Vorschlag vorgeprescht, an ein einzelnes Mitglied des BER-Aufsichtsrats einen extra Beratervertrag für die BER-Kontrolle zu vergeben – und das per Direktvergabe und ohne Ausschreibung. Dem Vernehmen nach geht es um eine sechsstellige Summe. Regulär erhalten Aufsichtsräte ein Sitzungsgeld von 125 Euro plus Spesen.
Konkret soll, so die Idee aus Berlin, Aufsichtsrat Norbert Preuß mit der Leitung eines neu zu schaffenden „Aufsichtsratsbüros“ beauftragt werden, womöglich unterstützt von einem Assistenten. Seine Aufgabe soll es sein, die Meilensteine für die geplante BER-Inbetriebnahme im Oktober 2020 zu überwachen, was aber ohnehin Aufgabe des Gremiums ist. Preuß, Projektentwickler aus München, sitzt für Berlin im Aufsichtsrat – und zwar auf Ticket der Grünen.
Extra-Auftrag hat ein "Geschmäckle"
Das Thema steht auf der Tagesordnung, wenn der Aufsichtsrat am 13. Juli tagt und über die weitere BER-Finanzierung und die Probleme auf der Baustelle beraten will. „Es gibt einen Wunsch von der Berliner Aufsichtsratsseite, auf der Sitzung das Thema zu erörtern“, sagte Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider, der pensionierte frühere BER–Staatssekretär Brandenburgs, am Montag zu dem von der „Berliner Morgenpost“ publik gemachten Vorstoß. „Die Diskussion im Aufsichtsrat bleibt abzuwarten.“
Auf Seiten der Brandenburger Vertreter stößt ein bezahlter Extra-Auftrag für Preuß auf Ablehnung, von einem „Geschmäckle“ ist die Rede. Wenn Preuß’ Firma im Auftrag des Aufsichtsrates ein zusätzliches BER-Baucontrolling übernehme, so die Sicht in Potsdam, wäre der saubere Weg, dass Preuß im Gegenzug sein Aufsichtsratsmandat abgebe.
Die Initiative für den Auftrag für Preuß, den er dem Vernehmen nach selbst angeboten hat, geht auf die Grünen in der Berliner Koalition zurück. Am Montag sprach sich der Abgeordnete Andreas Otto offen dafür aus: „Ein externes Controlling des Aufsichtsrates kann am BER nur nützen“, sagte er. SPD und Linke sind nach anfänglicher Skepsis eingeschwenkt, heißt es.
Auf der jüngsten Sitzung des Koalitionsausschusses in Berlin hatte sich Rot-Rot-Grün wie berichtet darauf verständigt, den Fahrplan für die BER-Inbetriebnahme 2020 von externen Experten evaluieren zu lassen.
Inzwischen habe man sich geeinigt, dafür das Angebot von Preuß anzunehmen, heißt es. Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) und Finanzstaatssekretärin Margaretha Sudhoff, die auch im BER-Aufsichtsrat sitzt, haben das Preuß-Modell inzwischen prüfen lassen. Ein 32-Seiten-Gutachten der Kanzlei GSK-Stockmann kommt zum Ergebnis, dass ein solcher Auftrag grundsätzlich möglich wäre, aber viele Details beachtet werden müssten.
Und es findet sich dieser Hinweis: „Es verbleibt jedoch ein Restrisiko, dass ein im Streitfall befasstes Gericht eine dem organschaftlichen Pflichtenkreis zugehörige Tätigkeit und damit die Unwirksamkeit einer entsprechenden Vergütungsvereinbarung annimmt.“ Also das Aufsichtsräte nicht für das bezahlt werden dürfen, was ohnehin ihre Aufgabe ist.