Berliner Verkehrspolitik: Aktivisten entwerfen Radnetz für den Senat
30 Aktivisten haben einen Entwurf für das künftige Radverkehrsnetz der Hauptstadt erarbeitet. Jetzt drängt die Zeit.
Das nennt sich wohl unbezahlte Arbeit. 30 Verkehrs- und Umweltaktivisten haben in den vergangenen zehn Monaten einen Entwurf für das künftige Radverkehrsnetz der Hauptstadt erarbeitet. Beteiligt waren die vier Verbände ADFC, VCD, der Bund und der Verein „Changing Cities“, der schon den Volksentscheid Fahrrad durchgesetzt hat.
Eigentlich ist dies eine Aufgabe für ein großes Ingenieurbüro. Aber die Zeit drängt. Das Mobilitätsgesetz schreibt vor, dass „binnen eines Jahres nach Verabschiedung des Gesetzes“ dieses Netz erarbeitet werden muss. Das Gesetz ist im Juli in Kraft getreten. Nun ist Oktober. „Die Frist zur Abgabe eines Angebots ist Anfang letzter Woche abgelaufen“, sagte Dorothee Winden, Sprecherin der Verkehrsverwaltung. Und, wichtiger: „Es sind mehrere Angebote eingegangen“. Wann die nächsten Schritte folgen, teilte die Verwaltung nicht mit.
Netz soll bis 2030 fertig sein
Das gesamte Netz, so schreibt es das Mobilitätsgesetz vor, soll bis 2030 fertig sein – und zwar fertig gebaut. Dieses Radnetz soll alle Typen von Radfahrern ansprechen, schnelle und langsame, Pendler und Ausflügler. Entstehen soll ein „attraktives Angebot“, engmaschig und ohne Lücken. Nach Worten von Evan Vosberg vom ADFC ist der vorgestellte Plan „kein fertiges und unverrückbares Werk, sondern eine detaillierte Diskussionsgrundlage“. Die Verbände erwarten, dass das ausgewählte Planungsbüro viele Vorschläge übernehmen wird – schon weil die Zeit drängt. Viele der vorgeschlagenen Wege sind in den vergangenen Jahren bereits von Bezirken oder Parteien veröffentlicht worden, alle guten Ideen haben die Aktivisten übernommen. Spandau fehlt allerdings auf der Karte. Weil sich dort keine Ehrenamtlichen gefunden haben.
Das vom Gesetz geforderte „Radnetz“ setzt sich zusammen aus den Schnellwegen, dem „Vorrangnetz“, den Radwegen an Hauptstraßen und dem Nebenstraßennetz. Die Schnellverbindungen wurden übernommen vom Senat, der bekanntlich bereits Machbarkeitsstudien für vier priorisierte Radschnellwege ausgeschrieben hat, zum Beispiel an der Avus, der Teltowkanalautobahn oder dem Hohenzollernkanal.
Am heutigen Freitag endet die Bewerbungsfrist für die anderen sechs Routen. Einige dieser Radschnellwege verlaufen aber an Hauptstraßen wie der Landsberger Allee oder der Heerstraße. Hier kann sich Jens Steckel von Changing Cities vorstellen, dass der Radweg auf dem Mittelstreifen verläuft.
Die Zeit drängt
Danach kommt das Vorrangnetz, dieses soll überwiegend in Nebenstraßen verlaufen. Radler haben Vorrang, zum Beispiel in Form einer Fahrradstraße. Illegaler Durchgangsverkehr von Autos soll durch Sperren oder Einbahnstraßenregelungen verhindert werden.Ampeln werden umprogrammiert. Vorrangnetz und Radschnellwege sollen Pendlern die (auch längere) Fahrt von A nach B ermöglichen. Da Arbeitsplätze, Läden und Geschäfte an Hauptstraßen liegen, sollen auch die 1600 Kilometer Hauptstraßen Radwege erhalten – bislang gibt es die nur auf 800 Kilometern, in überwiegend schlechter Qualität.
Die Zeit drängt also. Ohne mehr Mut wird die Verkehrsverwaltung scheitern, prophezeite Steckel. Dann sind im Jahr 2030 „zwei oder drei Prozent“ fertig.
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Sie können den Entwurf unter folgendem Link im Browser anzeigen: http://u.osmfr.org/m/254441