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Das Landeskriminalamt ermittelt (Symbolfoto).
© Ole Spata dpa/lbn

Trotz Stellenausbau beim LKA: Personalnot bei Berlins Kriminaltechnikern

Am Kriminaltechnischen Institut hat sich ein Auftragsstau von einem Jahr angesammelt. Nun sollen weniger DNA-Spuren und mehr Fingerabdrücke genommen werden.

Die Zahl der Stellen beim Landeskriminalamt Berlin ist in den vergangenen zehn Jahren massiv angehoben worden - dennoch ist die Behörde unterbesetzt. Insbesondere bei den Kriminaltechnikern herrscht trotz der Zuwächse Personalnot.

Während die Leitungsebene, der Staatsschutz und die Abteilung für organisierte Kriminalität nach den Sparjahren mehr Mitarbeiter bekommen haben, profitieren anderen Abteilungen kaum. Das geht aus einer Anfrage der Senatsinnenverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage des FDP-Innenpolitikers Marcel Luthe hervor. 

2008 verfügte das LKA über 3034 Stellen, rechnerisch waren aber nur 3010 besetzt. Bis 2018 - zehn Jahre später - ist die Zahl der Stellen um ein Sechstel gewachsen: Es gab 3534 Stellen, besetzt waren davon 3420.  

Der Stab - also die Leitungsebene - wurde ausgebaut. Bei der für Mord und Gewaltdelikte zuständigen ersten Abteilung ist der Personalpool über die Jahre nahezu gleich geblieben. Die Betrugsabteilung verfügt heute über mehr Personal als 2018. Die Abteilung für Wirtschaftskriminalität ist heute deutlich schwächer aufgestellt.  

Bemerkenswert ist die Entwicklung bei den sensiblen Bereichen Organisierte Kriminalität und Staatsschutz. Die Organisierte Kriminalität steht aktuell beim Vorgehen gegen Mitglieder deutsch-arabischer Clans im Fokus, zuvor auch bei der Rockerkriminalität. In diesem Bereich sind ab 2008 Stellen gekürzt worden, erst 2015 gab es die Umkehr und deutlich mehr Personal.

"Kampf gegen Clans offenbar reine PR-Aktion" 

„Der sogenannte Kampf gegen sogenannte Clans ist für den Senat offenbar eine reine PR-Aktion, denn der Phänomenbereich ist seit 2008 extrem gewachsen, die darauf verwendete Arbeitszeit hingegen bestenfalls minimal“, kommentierte der FDP-Politiker Luthe. Allerdings sei von den Angaben zur Personalstärke „noch der historisch hohe Krankenstand“ abzuziehen. „Zudem zählt der Senat „die beurlaubten Mitarbeiter munter mit“, sagte Luthe.  

Auch beim Staatsschutz, zuständig für politische Straftaten von Links und Rechts, aber auch für Islamisten und Terroristen, wurde umgesteuert. Zunächst wurde der Staatsschutz von 2008 bis 2012 mehr als halbiert. Erst seit 2013 steigt die Zahl der Stellen wieder. Allerdings ist der Staatsschutz immer noch schwächer aufgestellt als vor zehn Jahren. 

Auffällig ist die Entwicklung beim Kriminaltechnischen Institut (KTI). Von 2008 bis 2018 gab es beim Personal einen leichten Rückgang. Dabei haben die Kriminaltechniker immer mehr zu tun - mehr als die Abteilung bewältigen kann. 

In einem internen Mitarbeiterinformation der Polizei von Mitte September 2018 heißt es dazu: „Durch die hohe Anzahl von Untersuchungsanträgen verzeichnen wir mittlerweile einen Bearbeitungsstau, der der Jahreskapazität von LKA KTI entspricht. Die für alle spürbaren Folgen sind sehr lange Bearbeitungszeiten.“ 

Weil die Kriminaltechniker nicht mehr hinterherkommen, gibt es nun eine neue Dienstanweisung. Anstatt dem KTI mehr Personal zu geben, sollen Berliner Polizisten an Tatorten einfach weniger DNA-Spuren und stattdessen wie der mehr Fingerabdrücke sichern. 

Bei Vergehensdelikten - also etwa Hausfriedensbruch, fahrlässige Tötung, einige Körperverletzungsdelikte, Diebstahl, Betrug und Sachbeschädigung - soll es deshalb ein „Paradigmenwechsel in der DNA-Spurensuche“ geben, Motto: „Qualität statt Quantität.“

"Paradigmenwechsel in der DNA-Spurensuche"

Wenn an Tatorten zu viele unklare DNA-Spuren sind, soll darauf verzichtet werden. „In solchen Fällen macht eine Sicherung von vermuteten DNA-Spuren keinen Sinn, verursacht Kosten und führt dazu, dass andere erfolgversprechende DNA-Spuren verzögert untersucht werden können.“ Durch die neue Vorgabe soll die Trefferquote beim Abgleich mit den Datenbanken verbessert werden. 

Zudem fordert die Polizeiführung, „dass das Potenzial der daktyloskopischen Untersuchung, besonders an Untersuchungsgegenständen mit glatten Oberflächen, vollständig ausschöpft wird“. Im Klartext: Die Beamten sollen wieder häufiger die guten alten Fingerabdrücke sammeln.  

"Durch die massive Vernachlässigung des KTI wird die Arbeit der Polizisten weiter erschwert“, sagte Luthe. „Das monatelange Warten auf Untersuchungsergebnisse - wenn das Opfer nicht zufällig in der Nachbarschaft des Innensenators wohnt - ist programmiert." 

Der saloppe Kommentar spielt auf einen Vorfall von Anfang Januar an. Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte sich für eine Nachbarin eingesetzt. Falsche Polizisten hatten eine 90-Jährige um 94.000 Euro betrogen. Zunächst war ein Streifenwagen erschienen. Geisel hatte persönlich darauf gedrungen, dass auch der Kriminaldauerdienst kommt. Der hat dann auch DNA-Spuren gefunden und gesichert.

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