„Es macht mich wütend, wenn Bildung keine Priorität hat“: Parteichefin der Berliner Grünen will in den Bundestag
Nina Stahr kritisiert die Bildungspolitik der Bundesregierung. Sie will bei der Wahl 2021 fürs Parlament kandidieren.
Die Bundesregierung setzte „seit Jahrzehnten“ falsche Prioritäten in der Bildungspolitik, sagt die Berliner Grünen-Parteichefin Nina Stahr. In der Pandemie sei das besonders aufgefallen.
„Während der Coronakrise waren und sind die Belange von Kindern und Jugendlichen besonders in den Blick zu nehmen“, sagt Stahr. Viele Kinder hätten schulisch den Anschluss verloren, weil ihnen zum Beispiel kein Computer für den Fernunterricht oder ein ruhiger Raum zum Lernen zur Verfügung stand.
Und um die Versäumnisse auf Bundesebene anzuprangern und politisch um Verbesserungen oder Veränderungen in der Bildungspolitik zu kämpfen, will die 37-Jährige in den Bundestag.
„Ich möchte auf Bundesebene daran arbeiten, dass alle Kinder gute Startchancen erhalten, unabhängig von ihrem Elternhaus“, sagte Stahr dem Tagesspiegel und bestätigte ihre Kandidatur für den Bundestags 2021.
Stahr wuchs in Frankfurt am Main auf, studierte dort und in Berlin Englisch und Geschichte auf Lehramt. 2006 trat sie in die Grünen-Partei ein.
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„Meine Grundüberzeugung war, dass man Politik nur verändern kann, wenn man aktiv dafür arbeitet“, sagt die Politikerin, die sich viele Jahre ehrenamtlich in der Kinder- und Jugendarbeit engagiert hatte.
Und während ihrer Ausbildung erlebte sie die sozialen Ungerechtigkeiten und ungleichen Bildungschancen auf dem Campus Efeuweg am Rande von Gropiusstadt und danach im Walther-Rathenau-Gymnasium im Ortsteil Grunewald. Einen weiteren Vergleich erhielt Stahr während ihrer Beschäftigung als Language Assistant, also Sprachassistentin, in einer englischen Privatschule.
Stahr fordert mehr Geld für Homeschooling
„Es macht mich wütend, wenn in der Politik Bildung keine Priorität hat.“ Nina Stahr fordert auch auf Landesebene mehr Geld auszugeben, um Kindern für das Homeschooling Computer bereitzustellen. Das gelte auch für Weiterbildungen, damit Lehrer besser ausgebildet werden, um ihre Schüler im Fernunterricht optimal zu betreuen.
Stahr hat selbst drei Söhne im Alter von fünf Jahren, drei Jahren und zehn Monaten. Sie organisiert das Familienleben gemeinsam mit ihrem Ehemann. Sie weiß, wie schwer die Situation für Alleinerziehende sein kann.
„Familienpolitik ist kein weiches Politikfeld, wie es einige abtun“, betont sie. Denn gerade in Krisenzeiten sei das gesellschaftliche Miteinander und der Kampf gegen die soziale Ungerechtigkeit zentral für eine solidarische Gesellschaft.
Sie kandidiert in Steglitz-Zehlendorf
Auf Bezirksebene war Stahr von 2011 bis 2016 in der Bezirksverordnetenversammlung in Steglitz-Zehlendorf aktiv und Mitglied des Kreisvorstands. Im Dezember 2016 wurde Nina Stahr gemeinsam mit Werner Graf zu Berliner Grünen-Landesvorsitzenden gewählt.
Sie ist in dem Duo die Realpolitikerin, Graf repräsentiert den linken Parteiflügel. Die beiden Parteichefs wollen erneut bei der turnusmäßigen Neuwahl des Vorstands im Herbst noch einmal antreten.
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Die Direktkandidaten der Grünen werden auf den Kreismitgliederversammlungen im August und September gewählt. Es ist unstrittig, dass Stahr von ihren Mitgliedern als Direktkandidatin im Berliner Südwesten nominiert wird.
Am 28. November werden 155 Delegierte des Landesverbands die Bundestagsliste für die Wahl im September 2021 wählen. Nina Stahr wird wohl auf dem fünften Platz antreten. Auf Platz eins kandidiert erneut Lisa Paus als Spitzenkandidatin, auf Platz drei Renate Künast.
Sabine Beikler