Notare sollen Geldwäsche-Verdachtsfälle melden: Opposition unterstützt Vorschlag von Justizsenator
Berlins Justizsenator Behrendt will eine Taskforce gegen Geldwäsche von Clans einsetzen. Das begrüßen auch Experten anderer Parteien.
Die vom Justizsenator angekündigte Taskforce gegen Geldwäsche ist von Oppositionspolitikern und Ermittlern begrüßt worden. Dirk Behrendt (Grüne) hatte im Tagesspiegel am Mittwoch gesagt, die für Immobilienkäufe nötigen Notare sollten systematisch dafür sensibilisiert werden, der Geldwäsche verdächtige Käufer den Behörden zu melden.
Insbesondere Täter aus einschlägig bekannten Großfamilien hatten – teilweise mit Hilfe libanesischer Bekannter – Wohnungen und Grundstücke in Berlin und Brandenburg gekauft. Dabei sollen Beutegeld und unversteuerte Gewinne verwendet worden sein.
„Jede Idee, um gegen die Strukturen und Machenschaften von Clan-Kriminalität vorzugehen, ist zu begrüßen“, sagte der Rechtsexperte der FDP im Abgeordnetenhaus, Holger Krestel. Man müsse jedoch schon bei „der Beschaffung der Gelder“ ansetzen – also bei der Strafverfolgung. „Der Berliner Senat hat dafür zu sorgen, dass schon die Geldquellen blockiert werden und somit die finanzielle Macht der Clans rapide abnimmt.“
Notare: Im Verdachtsfall besteht keine Meldepflicht
Carsten Milius, Berliner Vizechef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, sagte: „Der Vorschlag ist richtig, ohne eine Gesetzesänderung wird es aber kaum gehen.“ Tatsächlich hatte die Bundesnotarkammer mitgeteilt, dass im bloßen Verdachtsfall keine Meldepflicht bestünde – dafür sei eine Gesetzesänderung nötig. Auch ein Sprecher der Gewerkschaft der Polizei sagte, man begrüße die Ankündigung des Justizsenators. Es sei in Deutschland derzeit noch viel zu einfach, ein Millionenobjekt zu kaufen, ohne dass jemand frage, wo das Geld dafür herkomme.
Im Sommer 2018 hatte Berlins Polizei 77 Immobilien im Wert von mehr als neun Millionen Euro vorläufig konfisziert. Der Vorwurf: Geldwäsche. Wie ein mutmaßlicher Geldwäschefall konkret aussieht, kann derzeit vor der 6. Großen Strafkammer des Berliner Landgerichts beobachtet werden. Vier Männer sind angeklagt, darunter zwei Brüder eines bekannten deutsch-arabischen Clans.
Geldwäschefall vor Gericht
Es geht um den Kauf eines Grundstücks in Neukölln, auf dem eine Autowerkstatt steht. Die Betreiber hatten die Werkstatt von einem deutschen Senior gemietet und wollten sie ihm abkaufen. Zwischen dem Grundstückseigner und den Werkstattbetreibern bestand Einigkeit – bis der Senior das Grundstück für eine Million Euro an eine im Libanon wohnende Frau verkaufte. Dabei hätten die Mieter ein Vorkaufsrecht gehabt.
Nun geht es um die Frage, inwiefern die Werkstattbetreiber geschlagen und bedroht worden sind. Die Käuferin aus dem Libanon stehe dem R.-Clan nahe, sagt ein Ermittler, sie sei schon in anderen, ähnlichen Vorgängen aufgefallen. Prozessbeobachtern zufolge war der notarielle Vertrag in diesem Fall zumindest auffällig und hätte vom beurkundenden Notar als Geldwäsche-Verdachtsfall gemeldet werden müssen.
Eine stärkere Verpflichtung der Notare sei eine gute Idee, sagen Ermittler. „Auf dem Gebiet muss viel gemacht werden“, sagt ein Strafrichter, und ein Staatsanwalt kritisiert, dass die Clans diesbezüglich immer noch „Narrenfreiheit“ hätten.
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Das Bundeskriminalamt (BKA) hat angekündigt, Taten türkisch- und arabischstämmiger Clan-Krimineller genauer zu beobachten. Im nächsten Bundeslagebild zur Organisierten Kriminalität soll es nun erstmals ein Kapitel „Kriminelle Mitglieder von Großfamilien ethnisch abgeschotteter Subkulturen“ geben. In Berlin, Bremen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen – dort, wo sich schon vor der Wende viele Libanesen niederließen – gehen Ermittler derzeit konzertiert gegen mutmaßliche Clan-Kriminelle vor.
Erst am Mittwoch hat die Staatsanwaltschaft in Berlin beantragt, zwei Männer wegen Kokainhandels in Untersuchungshaft zu nehmen. Am Dienstag waren in einem Auto ein Kilogramm Kokain und zwei Waffen sichergestellt worden. Es gebe, hieß es, „Bezüge zu einer bekannten Großfamilie“ der Stadt.
Justizsenator Behrendt zufolge gab es bundesweit circa 60.000 Meldungen von Geldwäscheverdachtsfällen im Jahr 2017 bei der FIU, der zuständigen Stelle beim Zollkriminalamt. Die meisten Meldungen kommen von Banken, bislang nur fünf von Notaren.