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Die Filmkulisse der Baracke, in der Stauffenbergs Bombe explodierte, wurde für die Ausstellung neu aufgebaut.
© imago images / epd

75 Jahre Attentat auf Hitler: Operation Erinnerung

Eine Ausstellung thematisiert das Attentat auf Hitler vor 75 Jahren. Zu sehen ist auch die Baracke aus dem Film mit Tom Cruise.

Auf Filmsets hat das Publikum in der Regel nichts zu suchen. Weiß-rote Flatterleinen, Sichtschutzwände und Sicherheitspersonal schirmen die Crew samt der Stars zuverlässig ab, man kann sich allenfalls auf die Zehenspitzen stellen, um einen Blick zu ergattern.

Nicht so in der Ausstellung über das Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944, die jetzt im Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden eröffnet wurde. 2007 wurde die „Operation Walküre“, wie der Staatsstreichversuch von den Beteiligten genannt wurde, in Berlin, Potsdam-Babelsberg und Umgebung verfilmt, mit Tom Cruise als Claus Graf Schenk von Stauffenberg, der die Bombe in der Lagerbaracke des „Führerhauptquartiers“ Wolfsschanze deponiert hatte. Die Baracke war nach langen Recherchen von den Technikern des Studios Babelsberg unter Leitung von Bernhard Hendrich nachgebaut worden, nach den Dreharbeiten war sie dem Dresdner Museum „für seine Sammlung überlassen“ worden, wie es im Begleitband zu der Ausstellung heißt.

Fachleute des Filmstudios haben die eingelagerte Baracke nun für die Ausstellung wieder aufgebaut und wie am Drehtag erneut ausgestattet und ausgeleuchtet, doch anders als damals können Besucher die Baracke nun nach Lust und Laune betreten und darin fotografieren. Die Stars allerdings fehlen.

Auch persönliche Gegenstände Stauffenbergs werden gezeigt

Auf dem Boden sind dafür die Namen der 24 damals an der Besprechung beteiligten Personen zu lesen – dort, wo sie kurz vor der Explosion gestanden haben sollen. Die Baracke ist damit, schon räumlich, das aus dem übrigen Material weit herausragende Ausstellungsstück – ein Schauanreiz nicht nur für historisch, sondern auch filmhistorisch Interessierte, eine unerwartete Ergänzung der direkt mit dem Attentat, seinen Hintergründen und den Beteiligten verbundenen Schauobjekte. Die Ausstellung zeigt mehr als 20 Plakate sowie Originaldokumente aus dem Militärarchiv. Eine Fotocollage versetzt den Besucher in das Jahr 1944 und die militärisch aussichtslose Lage zurück. Doch findet sich auch Persönliches wie ein Zigarettenetui, das Taufgeschenk Stauffenbergs an einen Kameraden („,Der Führer Adolf Hitler ist tot’ – Attentat und Staatsstreichversuch am 20. Juli 1944“, Militärhistorisches Museum der Bundeswehr, Olbrichtplatz 2 in Dresden. bis 3. Dezember, täglich 10-18 Uhr, Mo 10-21 Uhr, Mi geschlossen. Begleitband erschienen beim Berliner be.bra Verlag, 176 Seiten, 72 farbige und 97 s/w-Abbildungen, 26 Euro).

Der erste Stauffenberg-Film entstand 1955 in Spandau

Die Babelsberger Baracke beeinflusste auch das Begleitprogramm, zu dem ein Vortrag über den „20. Juli im Spielfilm“ gehörte. Ein dankbares, über den historischen Anlass hinaus spannendes Thema, das zudem mehrfach mit Berlin als Drehort der Stauffenberg-Dramen verbunden ist. Den Anfang hatten 1955 die Spandauer CCC-Studios von Artur Brauner mit „Der 20. Juli“ gemacht, der bei der Verleihung des Bundesfilmpreises 1956 als ein „Film, der zur Förderung des demokratischen Gedankens beiträgt“ gleich drei Filmbänder in Silber für den Produzenten und die Drehbuchautoren Günther Weissenborn und Werner Jörg Lüddecke sowie eines für Stauffenberg-Darsteller Wolfgang Preiss erhielt.

Filme, die sich mit der NS-Zeit beschäftigten, hatten damals eine gewisse Konjunktur. Erst im Jahr zuvor waren die Filme „Canaris“ und „Des Teufels General“ ausgezeichnet worden. Und für den CCC-Film unter der Regie von Falk Harnack gab es sogar Konkurrenz, drehte doch weitgehend parallel G.W. Pabst in München-Geiselgasteig den Spielfilm „Es geschah am 20. Juli“. Die beiden Regisseure konnten noch auf Zeitzeugen als Berater zurückgreifen. Bei Harnack war dies der ehemalige General Rudolf-Christoph von Gersdorff, der 1943 selbst einen Attentatsversuch auf Hitler unternommen hatte und auch am 20. Juli beteiligt war. Pabst – sein Stauffenberg hieß Bernhard Wicki – konnte mit dem Mitverschwörer Generalfeldmarschall Ewald von Kleist und Hermann von Witzleben, Vetter des vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilten Feldmarschalls Erwin von Witzleben, aufwarten.

Tom Cruise als Claus Schenk Graf von Stauffenberg 2007 bei Dreharbeiten zum Film "Operation Walküre".
Tom Cruise als Claus Schenk Graf von Stauffenberg 2007 bei Dreharbeiten zum Film "Operation Walküre".
© picture-alliance/ dpa

Fern von Berlin entstanden auch der WDR-Zweiteiler „Operation Walküre“ von 1971, eine Mischung aus Dokumentaraufnahmen, Interviews und Spielszenen, mit Joachim Hansen als Stauffenberg, sowie 1990 das amerikanische, in Jugoslawien gedrehte TV-Drama „Stauffenberg – Verschwörung gegen Hitler“, mit dem Amerikaner Brad Davis in der Titelrolle.

Dreimal wurde im Bendlerblock die Erschießungsszene gedreht

Zum 60. Jahrestag des Attentats gab es erneut Konkurrenz: Das ZDF setzte unter der Leitung von Guido Knopp mit Regisseur Hans-Erich Viet auf das Dokudama „Die Stunde der Offiziere“, den Stauffenberg gab Harald Schrott. Die ARD entschied sich für einen klassischen Fernsehfilm, gedreht von Jo Baier, mit Sebastian Koch als Stauffenberg. Dieser Film stach schon durch den Aufnahmeort der Schlussszene hervor: Die Exekution Stauffenbergs und dreier Mitverschwörer wurde am Originalschauplatz, dem Ehrenhof des Bendlerblocks in der heutigen Stauffenbergstraße in Tiergarten, gedreht. Schon damals hatte man dies in der dortigen Gedenkstätte Deutscher Widerstand nur mit Bedenken akzeptiert, die bei dem „Valkyrie“-Projekt von Regisseur Bryan Singer mit Tom Cruise als Stauffenberg noch einmal zunahmen. Nicht, weil es sich beim Hauptdarsteller um einen erklärten Scientologen handelte, wie versichert wurde, sondern weil die Würde des Ortes gefährdet sei, wenn er zur bloßen Kulisse einer nachgestellten Erschießung werde.

Nun, dazu wurde er sogar zweimal. Die Produktionsfirma konnte die Bedenken, wie auch immer, dann doch zerstreuen: Die Erschießungsszene wurde im Ehrenhof gedreht, doch gab es mit dem Film ein technisches Problem, die Szene war unbrauchbar, musste wiederholt werden. Auch gab es ein längeres juristisches Tauziehen um Schmerzensgeld, nachdem bei einer Szene im Hof des heutigen Bundesfinanzministeriums Komparsen von einem Lastwagen gefallen waren.

Stauffenberg flog in Rangsdorf ab, nicht in Tempelhof

Auch bei anderen Drehorten konnte die Crew um Bryan Singer auf Originalschauplätze zurückgreifen, so auf das Wohnhaus Stauffenbergs in der Zehlendorfer Tristanstraße, vor dem die Szene des Abschieds von seiner Frau gefilmt wurde. Kurz vor seiner Schließung konnte auch noch einmal auf dem Flughafen Tempelhof gedreht werden – eine kleine historische Ungenauigkeit: Staufenberg war nicht von Tempelhof, sondern von Rangsdorf zur Wolfsschanze gestartet, und auch nicht in einer Ju 52, sondern in einem Heinkel-Bomber. Aber abgesehen davon, dass sich der authentische Flugplatz südlich von Berlin damals allenfalls für Kriegsszenen aus Afghanistan eignete: Von Rangsdorf hatte das US-Publikum noch nie gehört, von Tempelhof schon.

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