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Farblich gestaltete Plattenbauten an der Frankfurter Allee im Bezirk Friedrichshain.
© Wolfgang Kumm/dpa

Wohnungsmarkt: Nirgends steigen die Mieten rasanter als in Berlin

Eine Studie zeigt: Mieten und Kaufpreise steigen ungebremst. Mehr als 100.000 Wohnungen fehlen – und die Bevölkerung wächst schneller als das Angebot.

Berlin droht den Kampf gegen die Wohnungsnot zu verlieren. Nach einem Bericht der landeseigenen Förderbank IBB ist nirgendwo in Deutschland die „Dynamik bei den Wohnkosten“ höher als in Berlin. Mietpreisbremse, Rückkauf von Wohnungen und andere Markt-Regulierungen der rot-rot-grünen Koalition haben nicht mal im Wohnungsbestand den dramatischen Anstieg der Mieten verhindern können: Sie eilen den nur langsam wachsenden verfügbaren Einkommen mit „Höchstgeschwindigkeit“ davon.

Die Mieten in Berlin haben inzwischen das Niveau von Hamburg und Köln erreicht. Bei den Kosten des Wohnens liege Berlin gleichauf mit seinen „Referenzstädten“, so der Verfasser der Studie Arnt von Bodelschwingh – nur dass die Berliner die hohen Wohnkosten mit viel geringeren Einkommen bestreiten müssen: Hamburger Haushalte haben dafür ein Viertel mehr Geld zur Verfügung und die Kölner zehn Prozent.

Ungebremster Anstieg

„Die Zeiten sind vorbei, als Wachstum nicht so schmerzte“, sagte der Forscher. „Ungebremst“ verlaufe zurzeit der Anstieg der Wohnungsmieten und Kaufpreise in der Hauptstadt. Wer eine Wohnung im vergangenen Jahr mieten wollte, zahlte dafür durchschnittlich 10,32 Euro pro Quadratmeter, 5,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. In weiten Teilen der Innenstadt seien durchschnittlich zwölf Euro fällig. Wobei der beschleunigte Preisanstieg nun auch Stadtgebiete jenseits des S-Bahn-Rings erfasst habe. Wer eine neu gebaute Wohnung kaufen will, muss sogar im Durchschnitt mehr als 5600 Euro je Quadratmeter bezahlen – mit einem kräftigen Sprung sei „erstmals die Marke von 5000 Euro“ durchbrochen worden. Im „Mittel“ kosteten Wohnungen in Berlin 4200 Euro je Quadratmeter, zwölf Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Alarmierend ist die Entwicklung deshalb, weil die Zahl der zusätzlich entstehenden Wohnungen statistisch immer noch nicht ausreicht, um das Bevölkerungswachstum Berlins durch die zuziehenden Menschen abzufangen. Dadurch nimmt der Mangel an Wohnungen weiter zu – „weit mehr als 100.000“ fehlten bereits, hieß es am Freitag.

„Berlin hat zu spät angefangen mit dem Wohnungsneubau“ sagte Berlins Senatorin für Stadtentwicklung Katrin Lompscher (Linke). Und dass es nicht möglich sei, „Häuser aus der Brötchenfabrik zu bestellen“. Den schwächelnden Neubau erklärte Lompscher mit mangelnden „Baukapazitäten“ und dass es kaum noch einfach zu entwickelnde Bauflächen gebe. Eine „Denkfaulheit“ begehe, wer das Tempelhofer Feld zur Bekämpfung der Wohnungsnot bebauen wolle. Die dort möglichen 5000 Wohnungen würden „uns nicht wesentlich helfen“. Die „politische Strategie“ der „mietendämpfenden Maßnahmen“ dagegen greife. Die Mieten im Bestand stiegen langsamer als bei freien Wohnungen.

Zahl genehmigter Wohnungen rückläufig

Die Zahl der von Berliner Ämtern neu genehmigten Wohnungen ist sogar rückläufig. Laut Bericht waren es knapp 25.000 im zuletzt erfassten Jahr 2017, ein Prozent weniger als im Vorjahr. Bis die genehmigten Häuser stehen, vergeht mehr Zeit: zwei Jahre und fünf Monate, länger als bisher üblich. Viel Zeit vergeht auch zwischen Erteilung der Genehmigung und Baubeginn: bis zu drei Jahre.

Um die Wohnungsnot zu lindern, forderte Investitionsbank-Chef Jürgen Allerkamp am Freitag: „Bauen, bauen, bauen“. Dem Banker zufolge „würde es über acht Jahre dauern um den Wohnungsmangel zu kompensieren“, wenn jedes Jahr rund 16000 Wohnungen neu entstünden. Nicht eingerechnet ist dabei allerdings das Wachstum der Bevölkerung in Berlin, das die Wohnungsnot zusätzlich verschärft.

Zumal erstmals mehr als zwei Millionen Haushalte in Berlin gezählt wurden. Den Statistikern zufolge leben durchschnittlich 1,8 Personen pro Haushalt in der Stadt. Wegen des Anstiegs der Bevölkerung um knapp 40.000 Menschen pro Jahr bräuchte es demnach mehr als 20.000 Wohnungen.

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