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Die rot-rote-grüne Koalition erhofft sich von der Zulage weniger Personalfluktuation im sozialen Brennpunkt.
© Felix Kästle/dpa

Schulen in Berlin: Nicht arm genug für die Brennpunktzulage

Bis zu 300 Euro im Monat mehr - darauf hatten sich viele Beschäftigte an Berlins Brennpunktschulen eingestellt. Aber die Hürden für die Zulage sind hoch.

Vorm großen Fest der große Frust: Die mit viel Energie von der SPD vorangetriebene und mit Millionenaufwand verbundene Brennpunktzulage führt aktuell zu großer Verwirrung – und Wut. Denn viele Lehrer und Erzieher, die die Gehaltsaufbesserung schon für sicher hielten, profitieren nun doch nicht. Zudem warnt die GEW vor neuen Ungerechtigkeiten.

Besonders groß ist der Ärger an den Schulen, die leer ausgehen, obwohl die Voraussetzung für die Bonuszahlung gegeben ist: Diese Voraussetzung besteht darin, dass über 80 Prozent der Schüler aus Hartz-IV-Haushalten kommen müssen und daher lernmittelbefreit (lmb) sind. Was vielen Schulen aber nicht klar war: Entscheidend ist nicht die lmb- Quote dieses Jahres, sondern die des Vorjahres. Wer in 2017/18 aber „nur“ 79 Prozent arme Kinder hatte, gehört zunächst nicht zum Kreis der Schulen, deren Personal rückwirkend ab August die Gehaltszuschläge bekommt.

Manche Angaben sind überholt

Eine weitere Quelle der Wut sind die Tücken der Statistik: Einzelne Schulen erfüllten die lmb-Quote zwar de facto schon 2017/18, hatten aber nicht alle betreffenden Kinder angegeben – vielleicht weil sie ihren Berlinpass nicht vorgelegt hatten. Somit lagen diese Schulen auf dem Papier unter der Prozenthürde, so dass ihre Beschäftigten leer ausgehen. Die Frage, ob die korrekten Zahlen nachgeliefert werden können, beantwortete die Bildungsverwaltung am Dienstag nicht.

Darüber hinaus gibt es Verdruss an Dutzenden Schulen, die tatsächlich knapp unter 80 Prozent liegen. „Die Unruhe ist nachvollziehbar“, sagte SPD-Bildungspolitikerin Maja Lasic auf Anfrage. Sie erinnerte daran, dass auch die Koalition mindestens ab einer Quote von 75 Prozent den Zuschlag zahlen wollte. Dann wäre der Kreis der Begünstigten aber so groß gewesen, dass der angepeilte Millionenbetrag nur für geringe Zuschläge gereicht hätte, die in der Wirkung verpufft wären: Die Bonuszahlungen sollen die Personalfluktuation an den Schulen mindern - eine Hoffnung, die auch die Interessenvertretung Berliner Schulleiter teilt.

"Irgendwo muss man die Grenze ziehen"

Deren Vorsitzende Astrid Busse verstand die Aufregung um die 80-Prozent-Grenze nicht: "Irgendwo muss man die Grenze ziehen", sagte die Leiterin der Schule in der Köllnischen Heide. Sie versteht auch nicht, wie es zu fehlerhaften lmb-Angaben kommen kann: Ihrer Erfahrung nach legen alle Eltern die Berlinpässe zum Nachweis der Bedürftigkeit vor. "Die Prämie ist gut", steht für Busse fest, an deren Schule der lmb-Anteil bei 97 Prozent liegt. Lasic betonte allerdings erneut, dass sie - sobald der Lehrermangel nicht mehr so akut ist - wieder zu Stundenermäßigungen statt Prämien zurückkommen will.

Die GEW hatte bereits in der Vorwoche Kritik an der Ausgestaltung der Brennpunktzulage geübt und moniert, es würden „neue Ungerechtigkeiten“ geschaffen, da etwa koordinierende Erzieher und Integrationsfacherzieher zunächst leer ausgingen. Zudem blieben die Erzieher in Brennpunkt-Kitas außen vor.

Auch Kita-Erzieher im Brennpunkt könnten profitieren

Ersteres wird bereits diskutiert und auch Letzteres könnte sich aber bald ändern – und zwar im Rahmen des Gute-Kita-Gesetzes, in dessen Folge Berlin mit 300 Millionen Euro rechnen kann. „Wir wollen eine monatliche Gehaltszulage für Erzieherinnen in Kitas in belasteten Sozialräumen“, sagte Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) dem Tagesspiegel. Darin wird sie von der SPD- Fraktion unterstützt. Deren jugendpolitische Sprecherin Melanie Kühnemann und Scheeres möchten darüber hinaus die zusätzlichen Bundesmillionen für kostenfreies Frühstück, den Ausbau der Kindertagespflege und die Qualifizierung von Quereinsteigern ausgeben.

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