Bezirkspolitik in Berlin: Neuköllner Umweltstadtrat tritt aus der AfD aus
Der Neuköllner Umweltstadtrat Bernward Eberenz hat seinen Austritt aus der AfD erklärt. Der Grund hat einen Namen: Andreas Wild
Die AfD hat mal wieder Personalprobleme. Am Mittwoch erklärte der Neuköllner Stadtrat für Natur und Umwelt, Bernward Eberenz, seinen Austritt aus der Partei und löste ein Verwirrspiel aus, ob er nun wirklich die Partei verlassen hat oder möglicherweise nur ein Signal setzen wollte gegen die Rechtsausleger der AfD, die mit Nazi-Sprüchen provozieren. Als Grund für seinen Schritt nannte Eberenz in einer vom Bezirksamt verbreiteten „persönlichen Erklärung“ die Unvereinbarkeit seiner politischen Überzeugungen mit denen des Neuköllner Direktkandidaten für die Bundestagswahl – ohne dessen Namen zu nennen.
Der ist natürlich bekannt: Andreas Wild. „Gestern habe ich den Wahlvorschlag des Bezirksverbandes der AfD-Neukölln für den Direktkandidaten zur Bundestagswahl beim Kreiswahlamt eingereicht“, schreibt Eberenz weiter. Damit sei er dem Willen der Partei gefolgt. Zuvor hatte er wohl vergeblich versucht, den schon im Januar gewählten Kandidaten Wild zum Rückzug zu bewegen. Eberenz musste als Vertrauensmann der Kreiswahlversammlung den Wahlvorschlag offiziell einreichen, zögerte diesen Schritt aber bis jetzt hinaus. „Am 17. Juli wäre die Frist abgelaufen. Dann hätte die Neuköllner AfD keinen Direktkandidaten gehabt“, erklärte Wild auf Anfrage.
AfD-Sprecher: Es gibt kein Austrittsschreiben
Eberenz ging am Mittwoch nicht an sein Handy. Er sei mehrere Tage lang für Pressevertreter nicht erreichbar, erklärte sein Referent im Bezirksamt. Seine Arbeit als Stadtrat wolle Eberenz aber regulär fortsetzen. AfD-Sprecher Ronald Gläser erklärte auf Anfrage: „Mir liegt kein Austrittsschreiben vor.“ Dem Vernehmen nach drängt die Partei Eberenz, seine Erklärung zurückzuziehen. In einem Tweet aus der vergangenen Nacht bestätigt Andreas Wild dagegen den Austritt: „Bernward Eberenz ist aus der AfD ausgetreten. Neukölln hat damit parteilosen Stadtrat, Widerstand gegen WILD gibt es allerdings keinen mehr.“ Andreas Wild, 53 Jahre alt, lebt in Steglitz, findet aber in Neukölln das Anschauungsmaterial für seine kruden Thesen. Er will Flüchtlinge nicht in Städten, sondern in der „Heide“ unterbringen, die Unterkünfte könnten sie sich dort selber bauen. Wild tritt bei Pegida auf, spricht von „Umvolkung“ und möchte die erste Strophe des Deutschlandlieds rehabilitieren.
Eberenz will Stadtrat bleiben
Eberenz gilt dagegen als „bunter Vogel“ der AfD. Er bekennt sich zu seiner Homosexualität, spricht Russisch und Türkisch, hat mal in Istanbul gelebt und unterrichtete Klavier und Deutsch als Fremdsprache. Viele in der Neuköllner BVV gewannen den Eindruck, seine Äußerungen zu Flüchtlingen und dem Islam passten nicht zur AfD. Bei seiner Vorstellung im Januar habe er einen „seltsam diffusen Eindruck gemacht“, sagt Martin Hikel, Neuköllner SPD-Fraktionschef. Eberenz habe erklärt, er gehöre eigentlich zum moderaten Flügel um Bernd Lucke, der die AfD 2015 im Streit verlassen hat. Eberenz trat allerdings erst im Sommer 2016 in die Partei ein.
Im dritten Wahlgang wurde er im Januar von der BVV zum Stadtrat gewählt – nach zwei gescheiterten Wahlversuchen in den Monaten zuvor. Es gebe keinen Grund ihn jetzt als Stadtrat abzuwählen, erklärt Hikel. Dazu sei ohnehin eine Zweidrittelmehrheit nötig. Allerdings könnte es demnächst eine Mißbilligungserklärung der BVV geben, denn Eberenz habe bei der Antwort auf eine Große Anfrage seine persönliche Meinung vertreten und nicht wie vorgesehen die Linie des Bezirksamtes. „Er hat seine Rolle nicht verstanden und seine Kompetenzen überschritten.“
Zuletzt hatte die AfD vor allem mit ihrem Mitglied Kay Nerstheimer Schwierigkeiten. Der Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses hat seine Immunität aufgehoben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen des Verdachts auf Volksverhetzung. Er soll Homosexuelle als „genetisch degeneriert“ bezeichnet und haben. Die AfD hat ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet.