Hauptstadtflughafen soll 2020 starten: Neuer BER-Termin ist nicht mit Baubehörde abgestimmt
Berlins neuer Flughafen BER soll im Oktober 2020 starten. Der Termin sei "belastbar und verlässlich", sagt BER-Chef Lütke Daldrup. Doch es gibt neue Irritationen.
Der neue Hauptstadtflughafen BER soll nach mehreren geplatzten Eröffnungsterminen nun im Oktober 2020 in Betrieb gehen. Das sagte Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider am Freitag in Berlin. "Ich bin überzeugt, dass die jetzige Planung Hand und Fuß hat", sagte Bretschneider. "Jetzt wird es darauf ankommen, die Planung auch sachgerecht und zielgerichtet umzusetzen." Es gehe auch darum, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.
BER-Chef Engelbert Lütke Daldrup sagte, mit dem nun genannten Termin beginne die letzte Phase zur Fertigstellung des Terminals und damit zum Start des BER. "Der Termin ist belastbar und verlässlich", sagte er. "Damit schaffen wir Sicherheit und Ordnung."
Flughafenchef sieht zusätzlichen Finanzbedarf
Durch die abermals verzögerte Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens braucht die Betreibergesellschaft des BER zusätzliches Geld für das Projekt. „Aus der Eröffnung im Oktober 2020 ergibt sich ein zusätzlicher Finanzbedarf“, erklärte Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup am Freitag. Er hatte bislang einen Start 2018 angestrebt. Der Aufsichtsrat werde im März darüber beraten, wie die Fertigstellung finanziert werden kann. Man wolle „alle Möglichkeiten zur Eigen- und Fremdfinanzierung nutzen“, sagte Lütke Daldrup.
Die Kosten für den drittgrößten deutschen Flughafen haben sich seit dem Baubeginn 2006 von 2 auf 6,5 Milliarden Euro erhöht - wegen der Verzögerungen und Baumängel, aber auch wegen Erweiterungen des Projekts. Nach früheren Angaben war der BER bis 2018 durchfinanziert.
Irritationen bereits vor Bekanntgabe des Eröffnungstermins
Noch vor der Bekanntgabe des Eröffnungstermins gab es am Freitag erste Irritationen um diesen Fahrplan. Denn die für den BER zuständige Baubehörde des Landkreises Dahme-Spreewald, von deren grünem Licht am Ende die Freigabe des neuen Airports abhängen wird, war vorher gar nicht einbezogen.
„Der Eröffnungstermin ist nicht mit der Bau- und Genehmigungsbehörde abgestimmt“, sagte der zuständige Baubeigeordnete Chris Halecker (Linke) Freitagmittag auf Anfrage dieser Zeitung. „Das ist allein die Sichtweise der FBB.“ Die Baubehörde habe keine Kenntnis, welche Abläufe und Pläne den Planungen zu Grunde liegen würden. „Wir können uns daher auch nicht zur Belastbarkeit äußern.“ Klar sei, „dass die Baubehörde wie in all den Jahren bisher auch, das Projekt weiter konstruktiv begleiten wird.“
Allerdings, so Halecker, erwarte man schon auch Transparenz auf Seiten der Flughafengesellschaft (FBB). „Unser Interesse ist es, dass der Flughafen so schnell wie möglich fertig wird.“
Bretschneider zeigt sich zuversichtlich
Wie berichtet, gibt es für eine Eröffnung im Herbst 2020 Risiken und Unwägbarkeiten, sind Puffer-Monate überschaubar. Im Vorfeld war auch ein Start im Frühjahr 2021 erwogen worden. Und nicht ganz ausgeschlossen war auch, dass es im zwanzigköpfigen Aufsichtsrat - der den Termin vorher nicht offiziell kannte - noch eine eigene Dynamik gibt.
Als im Dezember 2014 die Eröffnung im zweiten Halbjahr 2017 im Aufsichtsrat als Startziel beschlossen worden war, hatte damals der Brandenburger BER–Staatssekretär Rainer Bretschneider in der Sitzung dafür gesorgt, dass vorsichtshalber eine Reserve - „sechs Monate“ - auf den Plan von Hartmut Mehdorn raufgepackt wurde. Der hatte den BER im Frühjahr 2017 eröffnen wollen.
Diesmal zeigte sich Bretschneider, inzwischen Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft, zuversichtlich, dass dieser Eröffnungstermin - anders als alle vorherigen seit 2010 - nicht wieder gecancelt werden muss, nötige Reserven und Puffer enthält. „Ich bin überzeugt, dass die Geschäftsführung eine überzeugende Lösung vorstellt, die auch angemessene Zeiten für die Lösung schwieriger Probleme berücksichtigt“, sagte er dem Tagesspiegel vor der Sitzung.
Am Vortag hatte Bretschneider bei einem Auftritt in Brandenburgs Parlament allerdings auch einen „Plan B“ nicht ausgeschlossen, im Gegensatz zu Lütke Daldrup, der im Abgeordnetenhaus sagte: „Wir verfolgen keinen Plan B“. Und Bretschneider wollte am Freitag angesichts der nunmehrigen Verschiebung um weitere drei Jahre und den Risiken auch keinen zu optimistischen Eindruck verbreiten.
Man sei gut vorbereitetet, sei deutlich intensiver in den Problemen drin als in der Vergangenheit, auch wenn das schwer zu vermitteln sei. „Trotzdem wäre es großkotzig, mit Arroganz in das Thema zu gehen, zu optimistisch zu sein“, sagte Bretschneider.
Probleme mit der Brandschutzanlage
Die Terminkette, auf die der BER-Chef die Belegschaft der FBB auf einer Personalversammlung kommenden Dienstag in Schönefeld einschwören will, bleibt eng. Allein die Bauarbeiten im Terminal, wo der TÜV jüngst “wesentliche“ und „systemische“ Mängel in von der FBB für fertig gehaltenen Anlagen festgestellt hatte, werden nun bis Anfang 2019 dauern.
Damit die Sprinkler–Anlage nicht nur tröpfelt, müssen etwa noch 2,5 Kilometer Rohrleitungen in dem verwinkelten Terminal mit 4300 Räumen ausgetauscht werden. Und dafür sind noch nicht einmal die nötigen Ausführungspläne fertig. Es gibt weitere Probleme, auch mit der Brandschutzanlage. Funktioniert die nicht einwandfrei, werden die Behörden auch keine vorzeitige Nutzungsfreigabe für den ORAT-Probebetrieb geben können. Auf die hofft der Flughafen, um Zeit zu gewinnen.
Alles wird von den gefürchteten Wirk- und Prinzipprüfungen aller Technik-Systeme im Verbund abhängen, die erst nach Bauende und damit nicht vor Anfang 2019 beginnen können. Fast jeder Mangel, der bekannt wurde, löste bisher eine Kettenreaktion aus. So war im Januar die Eröffnung 2017 mit Problemen bei der Sprinkleranlage und den Automatiktüren begründet worden, von denen selbst Technikchef Jörg Marks Ende 2016 überrascht worden war.
Nach Tagesspiegel-Recherchen waren die Sprinklerprobleme aber auf der Baustelle bereits seit Frühjahr 2016 bekannt. Noch im Februar hatte Berlins Regierender Michael Müller (SPD) als damaliger Aufsichtsratschef erklärt, man sei mit dem BER „in der Schlusskurve.“ Die wird länger und länger.