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Berlins 1600 Tagesmütter arbeiten als Selbständige und werden je nach Anzahl der betreuten Kinder vom Land bezahlt.
© Ulrich Perrey/dpa

Kinderbetreuung: Neue Vorwürfe der Berliner Tagesmütter

Wegen hoher Steuerschulden bangen Tagesmütter um ihre Existenz - und nehmen den Senat in die Pflicht. Verstieß der gegen Bundesempfehlungen?

Die hohen Steuernachforderungen, die Berliner Tagesmütter alarmieren und möglicherweise Tagespflegestellen gefährden, wären offenbar vermeidbar gewesen. Tagesmütter wiesen am Donnerstag darauf hin, dass die den Nachforderungen zugrunde liegenden Pauschalen gar nicht hätten gezahlt werden dürfen.

Die Tagesmütter beziehen sich dabei auf die vom Bundesfamilienministerium herausgegebenen „Empfehlungen zur Tagespflege“. Dort heißt es, dass die Jugendämter „in jedem Einzelfall die Angemessenheit von Renten-, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen zu ermitteln“ hätten: „Eine Erstattung in Form von Pauschalen, wie sie gelegentlich praktiziert wird, ist daher nicht zulässig“.

Wie berichtet, hatte die Senatsverwaltung für Jugend dennoch Vorsorgepauschalen gezahlt, die als „ zur Hälfte steuerfrei“ deklariert wurden. Das führte offenbar zu Missverständnissen. Jedenfalls zahlten viele Tagesmütter zu wenig Steuern und sehen sich jetzt zum Teil mit hohen vierstelligen Nachforderungen konfrontiert. Bei einer Protestdemonstration am Mittwoch berichtete eine der betroffenen Tagesmütter, dass der Bundesrechnungshof schon 2016 die Zahlung solcher Pauschalen gerügt habe.

„Von 2016 ist bei uns im Haus nichts bekannt“, teilte die Sprecherin der Senatsverwaltung für Jugend, Iris Brennberger, am Donnerstag mit. Der Landesrechnungshof habe aber 2018 in drei Jugendämtern geprüft. Das entsprechende Abschlussgespräch habe es im Juni 2019 gegeben. Ab 2020 soll das System umgestellt werden. Das bemängeln die protestierenden Tagesmütter als „zu spät“.

Möglichst schnell ein besseres Verfahren

Für sie ist die jetzige Lage eine der misslichen Folgen ihres Status als „Scheinselbstständige“. Daher wird jetzt die Forderung nach einer kompletten Umstellung laut – hin zu einem Anstellungsverhältnis, wie die Friedrichshainer Tagesmutter Esther Schürmann dem Tagesspiegel sagte.

„Ob eine komplette Systemumstellung letztlich Vorteile hätte, muss man genauer analysieren, das klingt im ersten Moment vielleicht gut, aber die Frage ist, wie man so etwas dann umsetzen würde und was letztlich dabei besser würde“, gibt Brennberger zu bedenken. Gleichzeitig koste so eine Umstellung Zeit. Es müsse aber darum gehen, möglichst schnell ein besseres Verfahren einzuführen und die Einkommenssituation deutlich zu verbessern. Beides werde für 2020 vorbereitet.

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