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Viele Berliner Schulen sind stark sanierungsbedürftig. Braucht es dazu eine GmbH?
© Stefan Schaubitzer/dpa

Sanierungen über Schulbau-GmbH in Berlin: Neue Volksinitiative will Plan zur Schulsanierung kippen

Aktivisten des Vereins "Gemeingut in BürgerInnenhand" engagieren sich gegen die Schulbau-GmbH. Sie befürchten die Privatisierung der Bildung.

So sind viele von ihnen schon mal gestartet: Als buntes Bündnis bewegter Bürger, die nach der Teilprivatisierung der Wasserbetriebe den steilen Anstieg der Wassergebühren nicht mehr hinnehmen wollten. Sie gründeten einen – zunächst belächelten – Volksentscheid, setzten damit aber den Rückkauf von privatisierten Anteilen durch.

Deshalb rechnet dessen Mitbegründerin Dorothea Härlin nun auch beim zweiten Streich „Unsere Schulen“ und gegen deren „Privatisierung“ damit, dass sie mindestens die erforderlichen 20 000 Stimmen für die erste Stufe der Volksinitiative zusammenbekommen.

Die öffentliche Hand werde durch Privatisierungen "erpressbar"

Was die Berliner unterschreiben sollen? „Die Berliner Schulen müssen im öffentlichen Eigentum mit öffentlichen Geldern saniert und ausgebaut werden“, lautet die Forderung. „Ja!“ sagen die Aktivisten zum Bau neuer Bildungseinrichtungen und „Ja!“ zu deren Sanierung. „Nein!“ sagen sie dagegen zur Gründung einer „Schul-GmbH“ und „Nein!“ zu jeder Spielart privatrechtlich geformter Firmen für Bau, Sanierung und Betrieb von Schulen, auch wenn diese vollständig oder mehrheitlich im Eigentum des Landes ist oder von Tochterfirmen desselben.

Kurzum, der Volksentscheid richtet sich gegen die Pläne des Senats und muss deshalb ganz ohne Hilfe aus dem Parlament auskommen. Denn CDU und FDP sind mindestens Sympathisanten von Privatisierungen und Öffentlich-Privaten Experimenten, die zum Beispiel den Bau der Elbphilharmonie möglich machten – einschließlich Kostensexplosion.

Davor jedenfalls warnen die Aktivisten, darunter Herbert Storn von der Lehrergewerkschaft GEW, der auf ein abschreckendes Beispiel aus Hessen verweist. Dort werden die Mietforderungen vom „Campus Hessen“, eine für 30 Jahre privatisierte Bildungsanstalt, an der Börse gehandelt und Anlegern Ausschüttung zwischen 4,7 und sieben Prozent versprochen. Diese Geld müsse ebenso wie üppige Vertriebskosten und Chefgehälter der Privatfirmen aus der Vermietung der Schule an die Kommune kommen, sagen die Kritiker. Reiche das Geld nicht aus, verlangten die GmbHs Mieterhöhungen und drohen andernfalls mit Insolvenz, samt nachfolgendem politischem Erdbeben. „Erpressbar“ werde die Öffentliche Hand dadurch.

Dass die Bilanz bisheriger „Partnerschaften“ dieser Art eher auf Kosten des Steuerzahlers verliefen, davon ist der Publizist Werner Rügemer überzeugt, der ein Standardwerk zu den „Heuschrecken im öffentlichen Raum“ geschrieben hat, wie er die umstrittenen öffentlich-privaten Partnerschaften nennt.

Wie verlässlich waren die "Gebäudescans"?

„Die kennen im Senat bisher nicht den tatsächlichen Sanierungsaufwand und können das auch gar nicht“, sagt Carl Waßmuth. Der Sprecher des Vereins „Gemeingut in BürgerInnenhand“ ist Bauingenieur und bestreitet, dass der „Gebäudescan“ verlässliche Daten biete. Auf dessen Grundlage hatte der Senat erklärt, dass gut fünf Milliarden Euro in Schulsanierung und -neubau investiert werden müssten.

Der Senat lasse aber die Bürger im Unklaren darüber, wer den Gebäudescan überhaupt gemacht habe. Hinzu komme, dass die Leiter der betroffenen Schulen beim Scan teilweise offenbar gar nicht befragt wurden – ausgerechnet jene also, die am Besten wissen, was zur Erfüllung des Bildungsauftrags bisher fehlt. Das habe sie, berichtete die pensionierte Studienrätin Dorothea Härling, beim Besuch ihrer früheren Schule von deren Leiterin erfahren.

Rückt deshalb schon ein Bezirk von der Planung ab? Neukölln wolle keine Schule an die GmbH abgeben, die als Tochter der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Howoge starten wird. Das wollen die Aktivisten wissen und finden es richtig, weil allein schon die Gründung der GmbH ein „Sündenfall“ sei und mit diesem die „Kommerzialisierung der Bildung“ beginne.

Dass Senat und Bezirke darin nur einen Mietkauf mit 30-jähriger Laufzeit sehen, halten sie für eine Verschleierung von Fakten: Sie sehen die „Schulprivatisierung“ in einer Reihe mit der Bankenaffäre und dem Verkauf von Anteilen an den Wasserbetrieben.

Mit Privatinvestoren kommen die Dumpinglöhne

Zu den stärksten Argumenten der Gegner zählt dieses: Wozu soll das Land überhaupt diese Aufgabe privatisieren, wo es an Geld nicht fehlt wegen des Haushaltsüberschusses und das Land außerdem noch Kredite am Kapitalmarkt zum Nulltarif bekommt. So billig kommen private Firmen nicht weg, zumal sie oft Anleger mit ins Boot holen, die weitere Ausschüttungen fordern, was die Kosten zusätzlich erhöht.

Die Rechnung gehe deshalb nur auf, wenn Leistungen bei Reinigung und Management der Schulen durch Verträge zu Dumpinglöhnen verbilligt werden oder andere Zusatzgeschäfte laufen wie die Vermietung von Schulräumen an Dritte oder der Verkauf abgezweigter Teile von Schulgrundstücken. Das jedenfalls seien Erfahrungen aus anderen Bundesländern. Nun könnte ausgerechnet ein Rot-Rot-Grüner Senat in Berlin dieselben Fehler machen – das gelte es zu verhindern.

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