Berliner Bildung: Neue Qualitätskommission setzt bei der Kita an
Noch in diesem Jahr wollen Experten der Bildungsverwaltung erste Empfehlungen geben. Zunächst steht die frühe Sprachförderung im Fokus.
Die von Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) initiierte Qualitätskommission will noch in diesem Jahr erste Empfehlungen aussprechen. Zunächst soll es um den vorschulischen Bereich gehen. Dies kündigte Kommissionsleiter Olaf Köller nach der ersten Sitzung am Mittwoch an. Bis Mitte 2020 will die Kommission ihre Arbeit abgeschlossen haben.
Köller nannte aber bereits vier Ziele, die im Fokus stehen: die Verbesserung der Lernprozesse in den Kernfächern, die Reduzierung der „sozialen und kulturellen Ungleichheiten in den Leistungen“ und die Zahl der Schüler ohne Abschuss. Das vierte Ziel bezieht sich nicht direkt auf die Schüler, sondern auf die verschiedenen Instanzen, die den Schulen eigentlich zum Erfolg verhelfen sollen, dies aber offenbar noch nicht in genügendem Maße tun.
Anders ausgedrückt: die „Infrastruktur und Wirksamkeit“ von Schulaufsicht, Schulinspektion, Fortbildungsinstanzen sowie des Instituts für Schulqualität soll ebenso „weiterentwickelt“ werden wie etwa die Einrichtung "proSchul", die sich um Schulen mit erheblichen Mängeln kümmern soll.
„Dass wir nicht zufrieden sind, ist kein Geheimnis“, sagte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) anlässlich der ersten Kommissionssitzung im Hinblick auf die schlechten Eckdaten Berlins. Sie erinnerte aber auch daran, dass in Berlin „jedes dritte Kind in Armut“ lebe. Im Übrigen solle man nicht nur die Schulen betrachten, die schwache Ergebnisse und hohe Durchfallerzahlen haben, sondern auch jene Schulen, die stagnieren oder sich positiv entwickeln.
Unterstützung von Praktikern
Wie berichtet gehören der Expertenkommission neben dem Erziehungswissenschaftler und Psychologen Köller sieben weitere Wissenschaftler an, die sich in bestimmten Fachrichtungen einen Namen gemacht haben, wie etwa Michael Becker-Mrotzek für die Deutsch-Didaktik. Den Experten soll eine „Praxiskommission“ zuarbeiten, zu der Vertreter der Eltern-, Schüler- und Lehrerschaft gehören sowie die GEW, die Unternehmensverbände und der Dachverband der Kinder- und Schülerläden.
Ebenfalls dabei ist das Kita-Institut für Qualitätsentwicklung. Es dürfte in der Startphase ein wichtiger Ansprechpartner sein, wenn die vorschulische Sprachförderung im Fokus steht: Immer wieder wird im Rahmen der Einschulungsuntersuchungen publik, dass viele Kinder trotz jahrelangen Kitabesuchs schlecht Deutsch sprechen. Köller sagte, dass die „Prozessqualität auf den Prüfstand soll“. Es gelte auch, die Erzieherausbildung weiterzuentwickeln.
Ein politisches Schwergewicht aus Hamburg als Berater
Scheeres hob hervor, dass Berlin im Kitabereich gut aufgestellt sei: Die Quote der Kinder, die eine Kita besuchen, sei besonders hoch. Zudem seien die Kitas für die Eltern beitragsfrei. Daher könne Berlin die 239 Millionen Euro aus dem Gute-Kita-Gesetz, die bald fließen werden, in die Qualität und in eine Brennpunktzulage für die Erzieherinnen investieren. Wie der Millionenbeitrag im einzelnen verwendet werden soll, wird gerade mit dem Bundesfamilienministerium verhandelt. Diese Weichen werden also gestellt, bevor die Empfehlungen der Qualitätskommission vorliegen.
Als Berater und Moderator des Gremiums wird der pensionierte und über Parteigrenzen hinweg hoch angesehene Hamburger Staatssekretär Michael Voges (SPD) fungieren. Er wird zusammen mit Köller die inhaltliche Verzahnung der Experten- und Praxiskommission absichern. Bei den sechs weiteren Experten handelt es sich um Felicitas Thiel und Yvonne Anders (beide Freie Universität), Susanne Viernickel (Universität Leipzig), Susanne Prediger (TU Dortmund) und Kai Maaz (Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation).
Bedenken von GEW und FDP
"Die besten Qualitätskonzepte nützen nichts, wenn die Fachkräfte fehlen und unsere Schulen auseinanderfallen“, lautete die Reaktion der GEW auf die Berufung des Gremiums.
FDP-Bildungsexperte Paul Fresdorf meinte, es mache „nachdenklich“, dass der Senat zwei Jahre vor Ende der Legislaturperiode die Initiative zur Bildung einer solchen Kommission ergriffen habe. Lehrermangel, Quer- und Seiteneinsteigerproblem sowie die hohe Schulabbrecherquote seien seit vielen Jahren bekannt.