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Ein kleiner Junge beim Sommerfest der Kinderhilfsorganisation Arche in Berlin
© dpa/Stephanie Pilick

Bertelsmann-Studie: Jedes dritte Kind ohne berufstätige Mutter erlebt Armut

Wenn Mütter ihre Arbeit verlieren oder aufgeben, steigt das Armutsrisiko für Kinder. Ein Gehalt reicht laut einer neuen Studie oft nicht mehr aus für eine Familie.

Das Armutsrisiko von Kindern wird einer Studie zufolge maßgeblich davon bestimmt, ob ihre Mütter arbeiten. Das gelte für Alleinerziehende ebenso wie für Paarfamilien mit einem zweiten Verdiener, erklärte die Bertelsmann Stiftung am Mittwoch unter Berufung auf eine Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Sie forderte mehr Hilfe für Frauen am Arbeitsmarkt sowie Reformen der staatlichen Zahlungen für Kinder.

Demnach wachsen in Familien mit einem Elternteil beinahe alle Kinder (96 Prozent) in dauerhaften oder wiederkehrenden Armutslagen auf, wenn die Mutter nicht arbeitet. Bei stabilen Teilzeitbeschäftigung der Mutter sinkt der Anteil auf 20 Prozent, wobei weitere 40 Prozent der Kinder weiterhin zumindest zeitweise Armutserfahrungen erleben.

Arbeitet die Mutter über einen längeren Zeitraum Vollzeit, werden 16 Prozent der Kinder zeitweise mit Armut konfrontiert. In den meisten Fällen gelingt es aber, diese Erfahrung nicht dauerhaft werden zu lassen.

Auch in Paarfamilien steigt das Armutsrisiko für Kinder der Studie zufolge deutlich, wenn Mütter ihre Arbeit verlieren oder aufgeben. Sind diese über einen längeren Zeitraum hinweg nicht erwerbstätig, erleben 32 Prozent dauerhaft oder wiederkehrend Armutslagen, 30 Prozent kurzzeitig. Arbeiten ihre Mütter in Voll- oder Teilzeit oder haben einen Minijob, sind nahezu alle finanziell abgesichert.

"Kinderarmut hängt maßgeblich an der Erwerbstätigkeit von Frauen", erklärte Stiftungsvorstand Jörg Dräger. "Müttern muss es erleichtert werden, arbeiten zu gehen." Zugleich müsse das Unterstützungs- und Hilfesystem für Kinder es auffangen können, wenn die Mütter wegen der Familiensituation nicht erwerbstätig sein könnten. Kinder bräuchten auch "gemeinsame Zeit und Betreuung".

Umstrittene Definition von Armut

Die Stiftung macht sich unter anderem dafür stark, alle staatlichen Leistungen für Kinder in einem sogenannte Teilhabegeld zu bündeln und dieses in der Höhe stärker auf die Einkommenssituation der Eltern auszurichten. Wohlhabendere Familien sollten dann weniger bekommen, während ärmere besonders profitieren. "Das vorhandene Geld muss dort ankommen, wo es am meisten gebraucht wird", betonte Dräger.

Mütter müssen allein schon deshalb arbeiten, weil sie sonst selbst arm werden und auch keine Rente kriegen. Die unbezahlte Familien- und Hausarbeit muss daher gerecht zwischen den Partnern aufgeteilt werden.

schreibt NutzerIn zelia

Das IAB ist das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg. Laut verwendeter Definition liegt eine Armutslage vor, wenn eine Familie mit weniger als 60 Prozent des mittleren Haushaltsnettoeinkommens auskommen muss oder Hartz IV bezieht.

Solche Armuts- und Armutsrisikodefinitionen sind nicht unumstritten, es gibt auch andere Konzepte. Die Stiftung verteidigte sie aber. "Armut bedeutet in Deutschland in der Regel nicht, obdachlos oder hungrig zu sein", betonte sie. Sie äußere sich aber "in materiellen Entbehrungen" und vor allem "Einschränkungen in der sozialen und kulturellen Teilhabe". Arme Kinder seien deutlich benachteiligt. (AFP)

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