SPD und Linke in Brandenburg: Neuauflage von Rot-Rot: Es darf regiert werden
SPD und Linke stimmten auf ihren Landesparteitagen einer Neuauflage der rot-roten Koalition zu. Am Mittwoch soll Ministerpräsident Woidke wiedergewählt werden. Allerdings kritisierten die Genossen seine Personalpolitik.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) kann sein rot-rotes Regierungsbündnis schmieden. Auf Landesparteitagen haben am Sonnabend SPD und Linke den Weg dafür freigemacht. In Wildau votierten die Sozialdemokraten mit großer Mehrheit für den Koalitionsvertrag mit den Linken: Nur vier Gegenstimmen. In Potsdam bestätigte der Parteitag der Linken, deren Basis in einer Urabstimmung bereits mit 92 Prozent den Vertrag genehmigt hatte, mit einer Zustimmung in geheimer Abstimmung von 74,8 Prozent der Delegierten die Ministerriege der Linken. Für die ziehen, wie berichtet, die Bundestagsabgeordnete Diana Golze (Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie, Frauen), Parteichef Christian Görke (Finanzen) und Helmuth Markov (Justiz, Europa, Verbraucherschutz) ins Kabinett.
Knappe Mehrheit
Nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages am Montag soll Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Mittwoch im Landtag wiedergewählt werden. Die zweite rot-rote Koalition in der Geschichte des Landes hat im Parlament nur eine knappe Mehrheit von drei Stimmen. Doch es gibt Verlierer auf beiden Seiten. Für die SPD sind der bisherige Innenminister Ralf Holzschuher und Bildungsministerin Martina Münch nicht mehr dabei, für die Linken Ralf Christoffers und Anita Tack, die allesamt Abgeordnete sind.
Beifall, aber keine Begeisterung
Als Woidke in Wildau für den Koalitionsvertrag warb und seine Kabinettsmannschaft verkündete, erntete er am Ende zwar Beifall, aber keine Begeisterung. Und es gab, für die SPD Brandenburgs selten, sogar offenen Widerspruch. Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen rügte, dass die Quote klar verfehlt wurde und Woidke dies auch noch mit nötiger „Fachlichkeit“ begründe. Die Landtagsabgeordnete Sylvia Lehmann beklagte, dass die SPD das Arbeits- und Sozialministerium an die Linke abgebe, also das Regine-Hildebrandt-Haus, das „Herzstück der SPD“. Das ist es zwar schon lange nicht mehr. Doch dafür konnte Linke-Parteichef Christian Görke damit punkten, dass die Linke das Hildebrandt-Haus besetze, das zur Kernkompetenz der Linken passe. Und zwar mit der Bundestagsabgeordneten Diana Golze.
Görke verspricht sich davon auch strategische Effekte, um ein erneut „desaströses Ergebnis“ bei der nächsten Landtagswahl zu verhindern. Am 14. September war die Linke auf 18,6 Prozent abgestürzt. Zwar habe sie ein Ministerium weniger, verantworte aber künftig trotzdem neun statt früher sieben Politikfelder, betonte Görke. Als Nachrücker Golzes in den Bundestag zieht der frühere Landtagsabgeordnete Norbert Müller ein, der Bundespräsident Joachim Gauck als „widerlichen Kriegshetzer“ verunglimpft hatte.
Das Kabinett ist weitgehend neu. Die einzige, die ihr Ressort behält, ist Wissenschafts- und Kulturministerin Sabine Kunst. Säuerlich reagierte die SPD-Basis, weil Kunst sowie die neue Infrastrukturministerin und bisherige Staatssekretärin Katrin Schneider parteilos sind. Der SPD-Politiker Norbert Langerwisch aus Brandenburg an der Havel kritisierte, dass der aus der Havelstadt stammende bisherige Innenminister Ralf Holzschuher offensichtlich bestraft wurde, weil er die geplante Einkreisung der kreisfreien Städte kritisch sieht.
"Innenpolitischer Sarrazin"
Dass Verwaltungsreformen nötig seien, bekräftigte Woidke in seinem Plädoyer zur Annahme des Koalitionsvertrages – und mit der Personalentscheidung. Innenminister wird Oberhavel-Landrat Karl Heinz Schröter, Präsident des Landkreistages, „einer der erfolgreichsten Landräte Deutschland“, wie Woidke sagte. Schröter ist umstritten, weil er in Oberhavel an Flüchtlinge nur Sachgutscheine ausgibt und kein Bargeld auszahlt. Auf dem Linke-Parteitag gab es Kritik, dass „ein innenpolitischer Sarrazin in einem rot-roten Kabinett sitzt.“
Wie berichtet, sollen für die SPD der bisherige Staatskanzleichef Albrecht Gerber (Minister für Wirtschaft und Energie), Jörg Vogelsänger (Agrar und Umwelt), Katrin Schneider (Infrastruktur), Günter Baaske (Bildung, bisher Arbeit und Soziales) ins Kabinett. Woidke wurde von der Kritik überrascht, ging aber nicht darauf ein. Görke schwor die Linken auf schwierige Jahre ein. Es gehe nicht um einen Marathon, „sondern um einen Iron Man.“ Es gibt viele Herausforderungen zu bestehen.