Ärger beim Berliner Verfassungsgerichtshof: Nach Eklat bei Richterwahl drängt die Zeit
Eine Richterin am Berliner Verfassungsgerichtshof hört auf. Die Kandidatin der Linken fällt bei der Wahl durch. Eine Richterstelle ist somit noch unbesetzt.
Der Gesprächsbedarf zwischen Berlins rot-rot-grüner Koalition und der CDU ist dringend, nachdem die Kandidatin der Linken, Lena Kreck, bei der Wahl neuer Richter für den Verfassungsgerichtshof Ende Oktober durchgefallen war. Das war ein Eklat im Abgeordnetenhaus.
Für die Wahl der Richter ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Die wurde entgegen der Absprachen nicht erreicht. Zum Jahresende legt Anke Müller-Jacobsen ihr Richteramt nieder. Ohne Nachwahl wären dann nur acht der neun Richterstellen besetzt. Die Zeit drängt. Und der Ärger beim Verfassungsgerichtshof wird größer.
Aus den Spitzen von SPD, Grünen und Linken hört man übereinstimmend, dass drei Anläufe für einen Termin mit der CDU nötig waren. CDU-Fraktionschef Burkard Dregger sagt aber, er habe den ersten Vorschlag für ein Gespräch innerhalb von 24 Stunden positiv beantwortet und zwei Terminvorschläge gemacht.
Die Richterin will auf keinen Fall nochmal verlängern
Die Richter, die gegen eine Aufwandsentschädigung im Ehrenamt arbeiten, müssen 200 Eingänge pro Jahr bearbeiten. In der Regel treffen sie sich zweimal im Monat, oft häufiger, wenn zum Beispiel Eilanträge zu behandeln sind. Die Amtszeit der 60 Jahre alten Anke Müller-Jacobsen wäre schon im März dieses Jahres abgelaufen, wurde aber automatisch verlängert, da noch keine Nachwahl avisiert wurde. Die Richterin will auf keinen Fall noch einmal verlängern. „Ich lege das Amt nieder“, sagte sie dem Tagesspiegel.
„Meine Amtszeit ist schon länger abgelaufen. Im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit bin ich darauf eingestellt, für weitere Aufgaben frei zu sein.“ Die Juristin hat Parlamentspräsident Ralf Wieland (SPD) schriftlich um ihre Entlassung zum Jahresende gebeten, die der Präsident wiederum bestätigte. Die acht Richter plus Präsident werden vom Abgeordnetenhaus für die Dauer von sieben Jahren gewählt. Eine Wiederwahl der Verfassungsrichter ist nicht zulässig.
Vor der Wahl hatte es Absprachen zwischen allen Parteien
Um die notwendige Zweidrittelmehrheit zu erhalten, hatte es vor der Wahl Ende Oktober Absprachen zwischen SPD, Linken, Grünen und der CDU gegeben, den jeweiligen Kandidaten der anderen Fraktionen mitzuwählen. Neben Kreck waren das SPD-Kandidatin Ludgera Selting und CDU-Kandidat Christian Burholt, die beide gewählt wurden. Kreck schaffte das Quorum von 100 Stimmen nicht.
„Verletzung der demokratischen Umgangsformen“
Alle Kandidaten hatten sich bei den Fraktionen vorgestellt. Die Linke hat nach eigenen Angaben mehrfach bei der CDU nachgefragt, ob es Probleme mit den Kandidaten gebe. Es sei kein entsprechendes Signal zurückgekommen.
Dregger sagte dagegen, dass es nach der Vorstellung keine Anfragen der Koalition bei ihm oder dem parlamentarischen Geschäftsführer gegeben habe. „Ich wundere mich sehr, dass die Koalition ein solches Spektakel betreibt und damit die Kandidatin beschädigt, obwohl sie nicht mal selbst alle ihre Stimmen auf sie vereinen konnte“, sagte der CDU-Fraktionschef.
Ein Richter des Verfassungsgerichtshofes sagte zu dem Vorfall: „Wenn man einen Kandidaten nicht mitträgt, muss man das vorher sagen und mitteilen. So aber ist der Name der Person beschädigt. Und das gehört sich nicht.“
Die Fraktionsspitzen der Koalition waren nach dem Durchfallen von Kreck sauer und sprachen wie Linksfraktionschef Udo Wolf von einer „Verletzung der demokratischen Umgangsformen“. Er fordert jetzt von der CDU eine „öffentliche Erklärung. Dass sie ihren Beitrag leistet, damit die Kandidatin der Linken eine Zweidrittelmehrheit erhält. Anderenfalls macht ein neuer Wahlgang wenig Sinn.“
Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek erwartet, dass die „CDU-Fraktion eine zügige Nachbesetzung des Verfassungsgerichtshofes ermöglicht. Sie muss sich dazu bekennen, die Kandidatin der Linksfraktion zu wählen“. Das wollen die Fraktionsspitzen von SPD, Linken und Grünen mit Dregger und den parlamentarischen Geschäftsführern am kommenden Dienstag besprechen.
Eine bewusste Strategie soll es nicht gegeben haben
Dregger sagte, er wolle nicht über Absprachen spekulieren und schaue bei Fraktionskollegen nicht über die Schulter, für wen sie bei einer geheimen Wahl stimmten. Übereinstimmend berichteten CDU-Fraktionäre, Kreck habe eine „unterirdische Vorstellung“ in der Fraktion gehabt. Dregger habe intern keine Empfehlung ausgegeben und sich nicht für Kreck stark gemacht.
Dass einige CDU-Abgeordnete mit der Nichtwahl der Kandidatin auch Dregger schaden wollten, ist zwar sehr wahrscheinlich, aber eine bewusste Strategie gab es wohl nicht. Sollte das Gespräch zwischen Koalition und CDU am Dienstag positiv verlaufen, ist es offen, ob die Linke Kreck in einen weiteren Wahlgang schickt oder eine neue Kandidatin vorschlägt.