zum Hauptinhalt

Landeskriminalamt Berlin: Nach Amri-Attentat: Innensenator befördert Staatsschutz-Chefin

Sie war mitverantwortlich für die Pannen beim Terroristen Anis Amri. Nun will Berlins Innensenator Geisel die LKA-Staatsschutzchefin Jutta Porzucek befördern.


Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) will die Chefin des Staatsschutzes beim Landeskriminalamt (LKA) trotz der Pannen im Umgang mit dem Terroristen Anis Amri befördern. Und das ausgerechnet kurz vor dem zweiten Jahrestag des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz, bei dem am 19. Dezember 2016 insgesamt 12 Menschen getötet und Dutzende Besucher verletzt worden waren.

In dieser Woche soll die Chefin der LKA-Abteilung 5, Jutta Porzucek, in Geisels Amtssitz in der Klosterstraße in Mitte zur „Direktorin beim Polizeipräsidenten“ ernannt werden. Entsprechende Pläne sind dem Tagesspiegel von mehreren Seiten innerhalb der Berliner Polizei bestätigt worden. Porzucek soll künftig die für Pankow und Reinickendorf zuständige Direktion 1 leiten, deren bisherige Chef Bernhard Kufka wird pensioniert.

Porzucek wird von Mitgliedern des Amri-Untersuchungsausschusses im Abgeordnetenhaus mitverantwortlich gemacht für die Ermittlungspannen im Vorfeld des Anschlags.

Deshalb soll sie, wie Beamte der Polizei und aus der Innenverwaltung dem Tagesspiegel sagten, ihren Posten beim LKA räumen - aber „wegbefördert“ und wegen der Debatte um das Versagen der Sicherheitsbehörden im Fall Anis Amri aus der Schusslinie gebracht werden. Innenpolitiker und Abgeordnete des Amri-Untersuchungsausschusses lasten ihr an, konkreten Fragen zum Versagen des LKA in dem Fall ausgewichen zu sein: Sie habe ihre Verantwortung heruntergespielt.

Im Untersuchungsausschuss hatte Porzucek im Januar Sätze wie diesen gesagt: „Ich habe die Gefährlichkeit des Amri bezüglich eines islamistischen Terroranschlags nicht als hoch eingeschätzt.“ Er habe „für uns keine herausragende Rolle“ gespielt. Die Observation habe „uns keinen Mehrwert gebracht“, sie abzubrechen, sei fachlich entschieden worden. Und sie gestand ein: „Es wurde deutlich, dass der Ernst der Lage nicht erkannt wurde.“

Als Staatsschutzchefin war Porzucek „Leitende Kriminaldirektorin“ mit Besoldungsstufe A16, womit sie je nach Dienstjahren einen Monatssold zwischen 5363,14 und 6816,87 Euro bekam. Auf dem neuen Posten hat sie die Besoldungsstufe B2. In Beamtenkreisen ist es ein beliebter Spruch: „B2 - sorgenfrei“. Der monatliche Sold beträgt auf dieser Ebene in Berlin aktuell 7110,95 Euro.

Größerer Umbau bei den Sicherheitsbehörden

Innerhalb der Polizei wird die Beförderung durchaus kritisch gesehen. „Sie hätte kaum leichter fallen können“, heißt es intern. Ein ranghoher Beamter sagte dem Tagesspiegel: „Da tritt nur der Filz aus der zweiten Reihe in die erste Reihe. Der Senat scheint aus den vorangegangenen Fehlern nicht gelernt zu haben.“

Ein Sprecher des Senators ging am Montag auf die Kritik nicht ein. Zu „Personaleinzelangelegenheiten der Polizei“ könne man keine Auskunft geben, sagte er. Nachdem Tagesspiegel und Bild die Personalpläne publik gemacht hatten, soll dem Vernehmen nach aber wieder Bewegung in den Fall geraten sein. Die Sache, ob Porzucek wirklich befördert wird, müsse jetzt politisch entschieden werden, heißt es.

In der Polizei wird daran erinnert, dass Geisel Anfang 2018 den früheren Polizeipräsidenten Klaus Kandt entlassen hat und dessen Stellvertreterin Generalstaatsanwältin wurde. „Ein gelungener Neustart, wie ihn Geisel angekündigt hat, sieht anders aus“, sagte der ranghohe Beamte. „Man könnte die Polizei Berlin mit einer Jeanshose vergleichen. An den wichtigen Stellen sitzen weiterhin Nieten.“

Es ist nicht die einige Personalie, die bei der Polizei in dieser Woche ansteht. Ersatz wird auch für Marco Langner gesucht, der Anfang Oktober von Geisel zum Vize von Polizeipräsidentin Barbara Slowik ernannt worden war. Auf Langners bisherigen Posten als Leitender Polizeidirektor wird der Chef der LKA-Abteilung 6 gehandelt. Dort sind die Bereiche Spezialeinsatzkommando, Mobiles Einsatzkommando, Personenschutz und Aufklärung - operative Dienste und „szenekundige Beamte“ - vereint.

Die Personalie Porzucek ist Teil eines größeren Umbaus, den Geisel und dessen Innenstaatssekretär Torsten Akmann (SPD) seit Monaten vorantreiben. Nach Kandt und Koppers ist auch die Zukunft von LKA-Chef Christian Steiof ungewiss. Er ist seit Wochen und noch bis Jahresende krankgeschrieben. Intern wird nicht damit gerechnet, dass er zurückkommt.

Steiof solle wegen des Anschlags am Breitscheidplatz von der Innenverwaltung abserviert werden, heißt es intern. Er gilt aber als eigener, unabhängiger Kopf. Ob er in den vorzeitigen Ruhestand versetzt oder auf einen anderen Posten versetzt wird, ist unklar. Gleichwertige Stellen - Besoldungsstufe B3 mit monatlichem Sold in Höhe von 7.533,59 Euro - sind in der Landesverwaltung rar.

Überliefert wird polizeiintern Steiofs angebliche Ansage, er wolle sich von Geisel nicht zum Kandt machen lassen – also nicht wie der vormalige Polizeipräsident Klaus Kandt vom Innensenator vom Hof geschickt werden. 

Zur Startseite