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Der Angeklagte Silvio S. an den ersten Verhandlungstagen im Saal des Landgerichts.
© Bernd Settnik/dpa
Update

Prozess gegen mutmaßliche Kindermörder: Mutter von Mohamed: Silvio S. muss ihn weggelockt haben

Im Prozess gegen Silvio S. hat die Mutter des getöteten Mohamed ausgesagt. Außerdem wird eine weitere Frage in der Verhandlung wichtig.

Der kleine Mohamed wäre nach Einschätzung seiner Mutter nicht einfach so mit einem Fremden mitgegangen. „Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass dieser Mann mein Kind irgendwie angelockt haben muss“, sagte die 29-Jährige am Montag über den Angeklagten Silvio S., der in Potsdam wegen Mordes an dem Flüchtlingskind und dem sechsjährigen Elias aus Potsdam.

Mohamed war im vergangenen Oktober verschwunden, als seine Mutter einen Behördengang beim Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) in Moabit erledigte. „Als ich das Amt betrat, war er weg.“ Sie habe fest geglaubt, er sei zum nahen Flüchtlingskindergarten gelaufen. Auch im Flüchtlingsheim sei er manchmal kurz um die Ecke gegangen, aber immer zurückgekehrt.

Die Frage der Obduktionsfotos

In dem Prozess gegen den mutmaßlichen Kindermörder rückt jetzt zunehmend auch Randaspekt in den Mittelpunkt: Mathias Noll, der Verteidiger von Silvio S., bat während des vorigen Verhandlungstages vor einer Woche darum, weitere Bilder der Obduktion des sechsjährigen Elias aus Potsdam sehen zu wollen – die er dann auf einer CD ausgehändigt bekam. Doch könnten genau diese Aufnahmen aus Sicht der Verteidigung mitentscheidend werden, ob Silvio S. tatsächlich nachgewiesen werden kann, Elias mit Vorsatz ermordet zu haben.
Denn im Gegensatz zum zweiten Opfer von Silvio S., dem vierjährigen Mohamed, zu dem der Angeklagte kurz nach seiner Festnahme ein umfassendes Geständnis vorlegte, fehlt dieses bei Elias. Silvio S. gab zwar gegenüber der Polizei zu, den Tod verschuldet zu haben, und zeigte den Ermittlern den Schrebergarten in Luckenwalde, in dem Elias Leichnam gefunden wurde.

Aber Details zum Tatablauf im Fall Elias – die bei Mohamed etwa durch die Aussage und auch Videoaufnahmen vom Handy von Silvio S. relativ leicht ermittelt werden konnten – kamen im Prozess bisher nicht zur Sprache. Und mehrfach forderte Richter Theodor Horstkötter den Angeklagten auf, sich umfassend zu äußern. Die Eltern hätten ein Recht darauf zu erfahren, was mit ihren Kindern geschehen sei.
Ob Silvio S. aussage, hänge auch von den Bildern der Obduktion ab, hatten seine Verteidiger angedeutet.

Das Kalkül könnte sein: Wenn sich am Hals des rund vier Monate vergrabenen Leichnams kein Strangulationsspuren finden, ließe sich der Mordverdacht bestreiten. Dann könnte S. erklären, dass Elias auf anderem Weg erstickte – etwa durch die in der Anklage erwähnte Knebelmaske , die S. Elias aufgesetzt haben soll, nachdem er ihn in sein Auto gelockt hatte. Nach dem, was aus den Ermittlungen durchgesickert war, soll S. Elias mit einem Gürtel stranguliert haben. Auch ein anderes Detail des Prozesses ließe sich aus Sicht der Verteidigung möglicherweise so deuten: Denn noch Mitte Juli 2015, als die Polizei nach Elias suchte, schickte Silvio S. eine Trauerkarte an die Eltern, die allerdings bei einem Bestattungsinstitut landete.

Silvio S. schickte eine Trauerkarte

Auf dieser Klappkarte stand handschriftlich: „In tiefer Trauer um den verstorbenen Elias. Todeszeitraum: In der Nacht vom 11.7. auf den 12.7. zwischen 22 Uhr und 6 Uhr. Todesursache: Ersticken. Sorry.“ Auch das könnte die Verteidigung als Entschuldigung werten, die gegen den Mordvorwurf spreche.

Zumal Elias am Abend des 8. Juli verschwunden war. Hier tut sich ein Widerspruch auf. Die Anklage wirft Silvio S. nämlich vor, an jenem Tag den Jungen entführt und noch am selben Abend erdrosselt zu haben.
Die Frage, ob Silvio S. nur wegen einfaches Mordes sowie Totschlag oder Körperverletzung mit Todesfolge oder wie angeklagt wegen Doppelmordes verurteilt würde, ist wichtig: Etwa für die Entscheidung, ob er für die lebenslange Haft wegen Mordes auch noch in sogenannte Sicherungsverwahrung genommen wird.
Ein Urteil in dem bundesweit verfolgten und unter hohen Sicherheitsvorkehrungen stattfindenden Prozess wird am 26. Juli erwartet. Für die nächsten beiden Verhandlungstage am heutigen Montag und morgigen Dienstag wird laut Gericht der Tod des vierjährigen Mohamed im Mittelpunkt stehen. Außer seiner Mutter soll auch seine Schwester aussagen, die beide als Nebenkläger auftreten. Ebenso wird ein Begleiter der bosnischen Familie erwartet, der an jenem 1. Oktober bei ihnen war, als S. Mohamed vom Lageso-Gelände entführt haben soll. (mit AFP)

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