Nach dem TXL-Volksentscheid: Müllers Fünf-Punkte-Plan für Tegel
Unter Protest will Berlins Regierender Bürgermeister nun prüfen, was am City-Airport möglich ist. Die Opposition sieht den Senatschef schon gescheitert.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat für eine Versachlichung der Tegel-Debatte geworben und einen Fünf-Punkte-Plan vorgelegt, mit dem er dem erfolgreichen Volksentscheid gerecht werden will. „Es geht hier nicht um Rot-Rot-Grün, und auch nicht um mich“, sagte er am Donnerstag in einer Aktuellen Stunde des Abgeordnetenhauses. Der Senat habe von einer Mehrheit der Bürger einen klaren Auftrag erhalten, „auch wenn ich die Forderung nach einer dauerhaften Offenhaltung Tegels nach wie vor nicht richtig finde“.
"Neutrale Persönlichkeit" gesucht
Müller schlug vor, eine „anerkannte, neutrale Persönlichkeit“ zu benennen, die eine Kommission oder einen Runden Tisch leiten soll, um alle Konsequenzen zu prüfen, die eine Offenhaltung des City-Airports mit sich bringt. Dieses Gremium solle regelmäßig an den Senat und das Abgeordnetenhaus berichten.
Zweitens sollten die Miteigentümer der Flughafengesellschaft einbezogen werden.Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe er um einen zeitnahen Gesprächstermin gebeten, sagte Müller. Mit Brandenburg werde in einer gemeinsamen Kabinettssitzung über das Thema beraten.
Drittens werde sich der Senat im Rahmen der Finanzplanung mit den möglichen Kosten für eine Sanierung des Flughafens Tegel und die Lärmschutzmaßnahmen für die Anwohner auseinandersetzen, kündigte der Regierungschef im Parlament an.
Änderung des Landesentwicklungsplans
Viertens werde sich der Senat in Abstimmung mit Brandenburg über die Frage auseinandersetzen, ob und wie der gemeinsame Landesentwicklungsplan verändert werden könnte, um Tegel nach Eröffnung von BER in Betrieb zu halten. Der Landesplanungsvertrag lasse sich allerdings nur mit einer Frist von drei Jahren kündigen, anschließend müssten beide Nachbarländer jeweils eigene Pläne für die Raumordnung ihrer Länder erarbeiten. Müller hält ein solches Vorgehen allerdings „für verantwortungslos“.
Fünftens werde sich die Justizverwaltung des Senats auf die schon absehbaren Klagen gegen die Offenhaltung des Flughafens Tegel vorbereiten. „Nichts wird schnell gehen oder einseitig durch das Land Berlin entschieden werden können“, warnte der Regierende vor falschen Erwartungen.
Der Opposition nahm er mit seinem Plan ein bisschen den Wind aus den Segeln. Ein Antrag von CDU und FDP, die einen eigenen Forderungskatalog aufgestellt hatten, der den Müller-Vorschlägen teilweise ähnelt, wurde in die Fachausschüsse des Parlaments überwiesen.
Opposition geht hart mit Müller ins Gericht
In der Debatte hatten sich zuvor die Redner von CDU, FDP und AfD auf Rot-Rot-Grün und den Regierungschef eingeschossen. Der Volksentscheid sei ein Misstrauensvotum gegen Müller, der mit seiner Politik gescheitert sei, sagte CDU-Fraktionschef Florian Graf. „Ihre Tage sind gezählt, sie haben keine verbindende Idee für diese Stadt, Sie sind ein Regierender auf Abruf.“ Und das nächste Volksbegehren für mehr Videoüberwachung stehe vor der Tür.
Auch der FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja sprach von einem „Regierungschef auf Bewährung“. Er habe es nicht geschafft, verantwortlich auf den Volksentscheid zu reagieren „und zu versöhnen und zu verbinden“. Der AfD-Fraktionschef Georg Pazderski holte die ganz große Keule raus. Der Senat habe verzweifelt versucht, „einen Volkssturm der Argumente“ gegen den Volksentscheid zu mobilisieren. Aber dies sei nur ein „Aufbäumen vor dem tiefen Fall“ gewesen. Auch Pazderski sieht in Müller einen Regierenden Bürgermeister auf Abruf, getrieben von der Wahlniederlage, einer frustrierten Partei und aufbegehrenden Koalitionspartnern.
Scheindebatte über selbst herbeigeführte Probleme?
Besonders empört über die angriffslustige Opposition war die Fraktionschefin der Grünen, Antje Kapek. „Verschwenden Sie nicht unser aller Zeit mit Scheindebatten über Probleme, die sie selbst herbeigeführt haben“, rief Sie der CDU, AfD und FDP zu. Tegel sei eine Phantomdiskussion. Kapek regte an, die Regeln für Volks- und Bürgerbegehren so zu ändern, „dass sie vor Missbrauch geschützt werden“. Sie stellte damit die Nutzung der direkten Demokratie durch Parteien in Zweifel. Die Tegel-Abstimmung wurde maßgeblich von der FDP organisiert.