Berliner TXL-Volksentscheid: Ein Facelift für Tegel - nötig, aber teuer
Entkernen, neu bauen oder abreißen? Die Sanierungsliste für den Flughafen Tegel wäre lang, die Kosten entsprechend hoch.
Es geht nicht weiter wie bisher. Sollte in Tegel auch in ferner Zukunft noch geflogen werden, müsste der Flughafen aufwendig aufgemöbelt werden. Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat schon vor Wochen eine Summe genannt, die für den Weiterbetrieb erforderlich wäre: rund eine Milliarde Euro, verteilt über mehrere Jahre.
Wer das Geld herbeischaffen soll, ist nicht geklärt, zumal auch der weitere Ausbau am BER nach dem von Lütke Daldrup vorgelegten Masterplan noch eine Milliardensumme erfordert.
Nach Angaben des Flughafenchefs müssten die Terminalbereiche A und B im klassischen Abfertigungstrakt bis auf den Rohbauzustand entkernt und neu aufgebaut werden. Auch der Brandschutz müsste heutigen Vorschriften angepasst werden. Und diese sind anspruchsvoller als zur Eröffnungszeit des Sechsecks im Jahr 1974 – wie es sich am nicht funktionierenden BER in Schönefeld gezeigt hat.
Was soll das kosten?
Die Kosten sind intern mit rund 270 Millionen Euro angegeben. Einer der größten Brocken dürfte die Gepäckanlage sein, deren Ausgabebänder jeweils im Bereich der Schalter liegen. Die alten Anlagen sind extrem störanfällig und müssten wohl komplett erneuert werden. Auch beim Einchecken am Schalter fallen die Anlagen öfter aus – und dann ist Handarbeit erforderlich. Weitere knapp 300 Millionen Euro wären demnach für die Sanierung der anderen Gebäude – einschließlich des Towers der Flugsicherung – erforderlich.
Ver- und Entsorgungsleitungen wären zu erneuern; erst im Juni war eine der beiden Hauptstromleitungen nach einem heftigen Regenguss für zwei Wochen ausgefallen. Zudem müsste das Heizungs- und Kühlsystem auf Vordermann gebracht werden. Die Kosten sollen bei rund 180 Millionen Euro liegen.
Auf Flughäfen wird zwar unablässig gebaut, doch für die in Tegel erforderlichen Arbeiten ginge es wohl nicht ohne Sperrungen großer Bereiche voran. Damit würde die Abfertigungskapazität in der Hochbauzeit eingeschränkt.
Shopping? Nein, danke
Am Konzept des Flughafens würde sich auch nach einer vollständigen Erneuerung nichts ändern. Für eine zentrale Sicherheitskontrolle, wie sie heute auf Flughäfen üblich und auch am BER vorhanden ist, fehlt in Tegel der Platz. Die Kontrollen müssten weiter in den jeweiligen Schalterbereichen erfolgen, was teuer ist. Die dezentrale Kontrolle erfordert mehr Personal und mehr aufwendige Technik als eine zentrale Station.
Auch ein anderer Bereich ist ausgereizt – das sogenannte Non-Aviation-Geschäft. Mit den Mieteinnahmen für Geschäfte und Gastronomie erzielen Flughäfen inzwischen oft sogar mehr als die Hälfte ihres Umsatzes – und ihres Gewinns. Beim Planen des Gebäudes in den 1960er Jahren war daran nicht zu denken. Und Architekt Meinhard von Gerkan vom Büro gmp, das das Tegel-Konzept entworfen hat, würde, wie berichtet, auch heute noch darauf verzichten.
In Tegel hat die Flughafengesellschaft die Flächen für Geschäfte nachträglich mehr oder weniger gelungen ins Gebäude gequetscht. Für einen großflächigen „Marktplatz“ wie Gerkan ihn nach den Vorgaben der Flughafengesellschaft am BER berücksichtigen musste, ist Tegel aber nicht geeignet.
Ins Geld ginge auch die Instandhaltung der beiden Start- und Landebahnen. Die Flughafengesellschaft hat zwar auch angesichts der Stilllegungspläne nochmals den Belag erneuert und „regenfester“ gemacht, doch langfristig stünde dann auch eine Grundinstandsetzung auf dem Programm. Mit weiteren Arbeiten an Rollflächen und Verkehrswegen sind für Tegel rund 270 Millionen Euro veranschlagt.
Offen ist, wie mit den provisorischen Abfertigungsanlagen, großspurig Terminal C und D genannt, umzugehen wäre. Bei ihnen ist aber ohnehin ein „natürliches Ende“ in Sicht.