TXL-Volksentscheid: Müller zu Tegel: „Meine Position ist glasklar“
Regierungschef Müller will schnell klären, was Bund und Brandenburg vom TXL-Votum halten. Der Senat bleibe bei seiner Position.
Es war keine Krisensitzung, sondern der normale Koalitionsausschuss, der in dieser Woche ohnehin anstand. Aber ein bisschen krisenhaft gucken die Beteiligten am Montagnachmittag doch, als sie nach gut eineinhalbstündiger Sitzung erscheinen. Drei Mikrofone sind aufgebaut im Hermann-Waesemann-Saal, der eher eine Rotunde im dritten Stock des Roten Rathauses ist. An die stellen sich der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sowie zu seiner Rechten Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) und zur Linken Kultursenator Klaus Lederer (Linke). Was also sagen sie zur Niederlage beim Tegel-Volksentscheid?
Müller zögert nicht
„Ob es eine Niederlage ist, das kann man diskutieren“, sagt Müller. Immerhin habe es vor ein paar Wochen noch nach 75 Prozent für den Weiterbetrieb des City-Flughafens ausgesehen; insofern waren die 56 Prozent eine halbwegs sanfte Landung. „Meine Position ist glasklar“, sagt der Regierende, „die hat sich nicht verändert seit gestern. Aber ich habe ein Votum, mit dem habe ich umzugehen.“
Der Umgang „bedeutet in allererster Linie für mich, auf die Anteilseigner (der Flughafengesellschaft) zuzugehen“ – und zwar „sehr schnell“. Per Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) wolle er klären, ob sie an ihrer Position festhalten oder die finanziellen und juristischen Risiken des Tegel-Weiterbetriebs neu abwägen würden.
Er wolle nicht warten, bis eine neue Bundesregierung sprechfähig sei, sagt Müller auf Nachfrage. Merkels Position zur Rechtslage – also für die Schließung – sei bekannt. Was er nicht sagt: Wenn Merkel erst mit der FDP Richtung Jamaika segelt, könnte sie ihre Position gezwungenermaßen überdenken.
„durchaus verfangen und gegriffen“
Mehrfach spricht Müller von „Abenteuern“, die im Gefolge eines Tegel-Weiterbetriebs drohten, und vehement betont er die Chance, dort ein ganz neues Stadtgebiet mit Forschung, Wohnungen, Arbeitsplätzen und Erholungsfläche zu schaffen. Die Argumente hätten „durchaus verfangen und gegriffen“. Hinter ihm steht Fraktionschef Raed Saleh und nickt energisch zu seinen Worten. Die anderen – auch die Landes- und Fraktionsspitzen von Grünen und Linken haben sich in der zweiten Reihe hinter den Mikros aufgestellt – gucken möglichst neutral.
Und was ist mit der vom Verfassungsrechtler Helge Sodan ins Gespräch gebrachten Option, die Landesentwicklungsplanung zu kündigen, um TXL ohne Zustimmung Brandenburgs zu erhalten? Abenteuer! Juristisch theoretisch möglich, aber das wachsende Berlin brauche „mehr Verzahnung“ mit Brandenburg statt Konfrontation. Sodan habe selbst deutlich gemacht, dass sein Vorschlag ein juristischer und er kein Politiker sei.
Wieder prüfen Experten
Auch nach dem Volksentscheid will Müller nun weiter für die Schließung werben – und so vielleicht doch noch die Mehrheit auf die Seite der Koalition holen. Nur gibt es dazu vorerst keine Abstimmung mehr. Absehbar ist stattdessen die Parlamentsdebatte am Donnerstag, bei der sich die Opposition vereint auf die Regierung stürzen wird mit dem Vorwurf, sie missachte den Wählerwillen.
Eher am Rande wird noch die Ankündigung wiederholt, die Dinge nochmals von einem Expertengremium prüfen zu lassen. Angesiedelt werden soll das bei der Flughafengesellschaft.
Bleibt noch die Frage, ob so ein Bauch-gegen-Jura-Volksentscheid Anlass sein könnte, die Regeln der direkten Demokratie infrage zu stellen, wie es auch Fachleute fordern. Darüber reden müsse man wohl, sagen sowohl Müller als auch Lederer. Aber natürlich nicht jetzt. Eine Schlagzeile in der Art, dass die Regierung Volksentscheide aus Unzufriedenheit mit deren Ergebnis zusammenstutzt, brauchen sie jetzt am allerwenigsten.