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Der Regierende Bürgermeister Michael Müller.
© dpa

Münchener Verkehrschef warnt vor Geldverschwendung: Müller will sich 365-Euro-Ticket nicht kaputtreden lassen

Auf der Klausur der SPD-Fraktion raten Fachleute von den Plänen ab. Landesparteichef Müller hält dagegen.

Der Chef des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds, Bernd Rosenbusch, hat die Berliner SPD-Fraktion davor gewarnt, im öffentlichen Personennahverkehr ein 365-Euro-Ticket einzuführen. In der österreichischen Hauptstadt Wien, wo es ein solches Jahresticket seit Jahren gibt, habe diese Initiative für Busse und Bahnen keine neuen Kunden gebracht.

Der große Hebel für die Anwerbung zusätzlicher Nutzer für den öffentlichen Nahverkehr sei in Wien der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und die Erhöhung der Parkgebühren gewesen, sagte Rosenbusch den Genossen. „Das 365-Euro-Ticket hätten sich die Wiener schenken können, das kostet nur viel Geld.“ In Bayern sei dieses Projekt beerdigt worden. Stattdessen habe man sich auf die Einführung einer Jahreskarte für 365 Euro für Schüler und Auszubildende beschränkt.

Die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus beschloss auf ihrer Jahresklausur in Nürnberg am Samstag eine Resolution zum „sozialen Klimaschutz“, in der auch ein 365-Euro-Ticket vorgeschlagen wird. Nach internen Berechnungen des Senats würde dies jährlich 160 Millionen Euro als Zuschuss an die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) kosten. „Ich würde die Finger davon lassen“, warnte Rosenbusch in seinem Vortrag vor der SPD-Fraktion.

Auch Tilman Bracher vom Deutschen Institut für Urbanistik äußerte sich zurückhaltend. Mit einem 365-Euro-Ticket erreiche man Fußgänger und Radler, aber nur wenige Autofahrer. Außerdem sollte die Finanzierung aus Drittquellen kommen, etwa durch Parkgebühren oder eine City-Maut.

Müller fordert Unterstützung für das Ticket

Der Regierende Bürgermeister und SPD-Landeschef Michael Müller hielt dagegen. Berlin bewerbe sich für das 365-Euro-Ticket um Bundesmittel und habe schon ein Job- und ein Sozialticket. Und die Schüler könnten gratis mit BVG und S-Bahn fahren, gefördert aus dem Landeshaushalt. Die finanzielle Lücke zu einer 365-Euro-Karte für alle Berliner sei deshalb nicht mehr so groß.

Müller fragte die SPD-Abgeordneten, die das Projekt kritisch sehen, ob dies „gut und klug“ sei. „Können wir es uns wirklich leisten, diesen Vorschlag untereinander wieder kaputt zu machen?“ Er plädierte dafür, dass sich die Berliner SPD beim Klimaschutz von den Grünen abgrenzt „und ein eigenes Profil entwickeln“ müsse.

Dies sei die letzte Fraktionsklausur, bevor der Wahlkampf losgehe. 2020 sei für die Berliner SPD „ein Jahr der Chancen, in dem wir wichtige Themen kommunizieren können – und das müssen wir nutzen“.

Widerstand der Grünen sei „Trauerspiel für die Stadt“

Müller kritisierte, wie schon am Vortag SPD-Fraktionschef Raed Saleh, den Widerstand der Grünen gegen die Internationale Automobil-Ausstellung (IAA). „Das ist ein Trauerspiel für die Stadt“, sagte Müller. Es sei auch verrückt, dass Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) den Gasantrieb für Busse als „sinnvolle Brückentechnologie“ ablehne. Die SPD-Fraktion bedankte sich schließlich beim Regierenden mit großem Beifall.

Saleh und Müller (im Hintergrund) sind sich einig: Berlin soll Gastgeber der IAA sein.
Saleh und Müller (im Hintergrund) sind sich einig: Berlin soll Gastgeber der IAA sein.
© imago images/IPON

Schon vormittags hatte sich Müller am Rande der Fraktionsklausur mit Blick auf die Grünen über den „pauschalen Kampf gegen das Auto“ beschwert. Gemeinsam mit Fraktionschef Saleh machte er sich für den Ausbau der U-Bahn stark. Machbarkeitsstudien für die Verlängerung der Linien 2, 3 und 8 werden bis März von der Verkehrsverwaltung ausgewertet und veröffentlicht. Noch 2020 müsse darüber entschieden werden, forderte Saleh.

In einer Resolution, die am Samstagabend von der SPD-Fraktion beschlossen werden sollte, fordern die Genossen auch die Verlängerung der S-Bahn nach Falkensee, die Reaktivierung der Stammbahn zwischen Berlin und Potsdam sowie die Fertigstellung der Dresdner Bahn von Südkreuz bis Blankenfelde-Mahlow bis 2025 als Projekte „von höchster Priorität“.

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