Attacke der Berliner SPD: „Die Grünen haben den Zenit überschritten“
Auf der Jahresklausur der Berliner SPD-Fraktion übt deren Chef Raed Saleh heftige Kritik am Koalitionspartner. Die Sozialdemokraten wollen sozialen Klimaschutz.
Auf ihrer Jahresklausur in Nürnberg will sich die SPD-Fraktion auf einen Forderungskatalog für den „sozialen Klimaschutz“ verständigen. Zur Eröffnung der dreitägigen Beratung ging der sozialdemokratische Fraktionschef Raed Saleh am Freitag aber erst einmal die Grünen heftig an.
Saleh: Grüne haben "den Zenit überschritten"
Der Koalitionspartner mache eine „ideologische, naive Politik“. Die Grünen spalteten die Stadt in die, „die mitziehen und die, die nicht mitziehen“. Dabei wäre er glücklich, sagte Saleh, wenn die Verkehrs- und Umweltsenatorin Regine Günther (Grüne) erst einmal ihre Aufgaben erledige und das umsetze, wofür sie jetzt schon genug Geld im Haushalt zur Verfügung habe.
Er habe übrigens das Gefühl, dass die Grünen „den Zenit überschritten haben und die Menschen den Sozialdemokraten wieder mehr vertrauen“, sagte Saleh.
Dann kritisierte er Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) wegen ihrer Skepsis beim Thema einer Ansiedlung der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Berlin. Sie sei schließlich nicht Grünen-Vorsitzende, sondern für Berliner Wirtschaftspolitik zuständig.
Deutlich kritisierte Saleh den grünen Baustadtrat in Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt. „Mich nervt diese Gutsherrenart – wenn jemand so tut, als könne er machen, was er will.“ Er wolle aber gar nicht auf die Grünen einhacken, versicherte der SPD-Fraktionschef anschließend unter dem Gelächter der Genossen.
Saleh hofft bei nächster Wahl auf 30 Prozent
In seiner Rede lobte Saleh ausdrücklich den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD). „Vielen Dank für das, was du für Berlin leistest!“ Die Sozialdemokratie stehe an der Seite der Menschen – und für die Abgeordnetenhauswahl 2021 formulierte der SPD-Fraktionschef große Ziele. Die Berliner SPD wolle über die Wahl hinaus stärkste Kraft bleiben, die Zielmarke sei 30 Prozent.
Der seit Wochen in kontroverser Diskussion vorbereitete Beschluss für einen sozialdemokratischen Klimaschutz für Berlin wurde am Freitag noch unter Verschluss gehalten, zumal das umfangreiche Papier noch nicht fertig ist und am Sonnabend wahrscheinlich noch verändert wird. Denn bei den Sozialdemokraten gibt es sehr unterschiedliche Meinungen darüber, wie eine klimafreundliche Politik ganz konkret aussehen könnte.
Das eine oder andere sickerte bei der Bahnfahrt nach Nürnberg aber schon durch. Beispielsweise will die SPD-Fraktion dazu verpflichten, auch bei privaten Neubauten Solaranlagen auf die Dächer zu bauen. Das 365-Euro-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr in Berlin wird es mit der SPD nicht so schnell geben, vor allem wegen der hohen Kosten. Denn dafür müsste auch der Fahrzeugpark aufgestockt und zusätzliches Personal eingestellt werden.
Die internen Schätzungen dafür bewegen sich im höheren dreistelligen Millionenbereich. Geplant ist aber, an den Fahrpreisen noch etwas zu schrauben, um die Fahrt mit Bussen, Tram und Bahn attraktiver zu machen.
Flugverbot bei innerdeutschen Dienstreisen
Die SPD will auch vorschlagen, dass Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung und der Landesunternehmen, Senatsmitglieder und Abgeordnete nur noch in Ausnahmefällen den innerdeutschen Flugverkehr in Anspruch nehmen. Auch bleibt der Ausbau der U-Bahn (U8 bis Märkisches Viertel, U3 bis Mexikoplatz und U2 bis Pankow-Kirche) auf der Agenda.
Für Kaminöfen soll eine Filterpflicht eingeführt werden, für die energetische Sanierung von Wohnungen sind öffentliche Zuschüsse bis 50 Prozent im Gespräch. Neue Kunden für das landeseigene Stadtwerk sollen mit einer Prämie von 100 Euro angelockt werden.
Die SPD-Fraktion will aber nicht nur das Klima schützen, sondern bereitet sich auch auf andere Ernstfälle vor. „Katastrophenschutz in Berlin – Verantwortung für Vorsorge und Krisenbewältigung“ war das Thema, mit dem die Abgeordneten am Freitag in ihre Jahresklausur starteten. Dazu gehört auch die Trinkwasserversorgung. Deshalb wurde beschlossen: „Wir fordern, die rund 1000 fehlenden Bundes- und Landesbrunnen rasch herzustellen und alle defekten Brunnen möglichst schnell zu reparieren.“
Straßenpumpen sollen repariert werden
Gemeint sind die Schwengelpumpen, die manchmal noch am Straßenrand zu finden sind. Oft verrostet, beschmiert und defekt. Jetzt setzen sich die Sozialdemokraten dafür ein, die Wasserpumpen zu alter Größe zu führen.
Sie sollten von den Berliner Wasserbetrieben übernommen werden. „In Hitzeperioden sollen die Brunnen verstärkt für die Versorgung des Stadtgrüns mit Wasser genutzt werden“, steht im Fraktionsbeschluss. Und als Trinkwasserspender in großer Not.