Erinnerungskultur in Berlin: Müller: Umgang mit Palast der Republik ist "einigermaßen peinlich"
Den Palast der Republik ließ Berlin verfallen. SPD-Senator Michael Müller sagt mittlerweile: "Das ist mir einigermaßen peinlich" - und bekommt dafür bei einem Fest der Linken viel Applaus.
Er hätte es nicht tun müssen. Michael Müller – Bausenator und SPD-Bürgermeisterkandidat – hätte sich nicht zu Klaus Lederer, dem Berliner Linken-Chef, auf die Bühne setzen müssen. Lederer ist ein Podienprofi, er hat immer was zu sagen, kann es immer gut formulieren und lässt sich fast nie einschüchtern. Müller hingegen, nun ja, hat vielleicht auch immer was zu sagen, kann es aber oft nicht so gut formulieren und ist in seiner SPD auch schon „ein bisschen dröge“ genannt worden.
Am Samstagabend ging Müller zum Straßenfest der Linken in Mitte. „Den Alexanderplatz vom Kopf auf die Füße stellen“ – unter diesem Motto diskutiert der amtierende Senator dort mit Lederer, einer Landschaftsplanerin von der Technischen Universität sowie der Stadtentwicklungssprecherin der Linken, Katrin Lompscher. Das Podium steht ein bisschen abseits, so ein Fest soll ja Spaß machen, der ernste Politikalltag beginnt am Montag schon von ganz allein. Und so gibt es neben vollen Büchertischen weiter vorn gitarrenlastige Live-Musik und frisch gezapftes Bier.
Rund 70 überwiegend Grauhaarige sitzen dennoch vor dem Podium und lauschen den Stadtexperten: Lederer fordert mehr Mitbestimmung der Berliner, zumal der Alex ja nicht irgendein Platz sei. Lompscher sagt, die „Verrummelung des Alexanderplatzes ist ein Problem“, tatsächlich werden zeitgleich Buden für ein Oktoberfestimitat aufgebaut.
Doch bald geht es auf dem Podium generell um hohe Mieten, geplante Hochhäuser und den teuren Bau des Berliner Stadtschlosses. Dort stand bekanntlich ein wichtiges DDR-Gebäude. Und Müller sagt: „Mir ist inzwischen einigermaßen peinlich, wie mit dem Palast der Republik umgegangen worden ist.“ Applaus brandet auf. „Den hat man verwahrlosen lassen, bis auch die letzte Scheibe eingeschlagen war.“ Die Zuhörer klatschen, in den Köpfen wohl der Gedanke: Endlich sieht es mal einer von denen ein!
Der Budenzauber am Alex lasse den Platz tatsächlich furchtbar aussehen, fährt Senator Müller fort, doch die Berliner gingen gern hin. Und auch das Alexa, ein parteienübergreifend als hässlich eingestuftes Einkaufszentrum, könne man kaum anschauen. Nur: Der Klotz ist eben immer voll. „Offenbar“, sagt Müller sachlich, „gefällt das den Berlinern.“ Vorsichtiges Nicken im Publikum, der Mann hat ja recht ... Müller und Linke – es ist eine harmonische Debatte. Müller ist von einem Linken-Spitzenmann kürzlich übrigens der „letzte aufrechte Sozialdemokrat“ genannt worden.
Hannes Heine