Neue Prognosen zum Flughafen Berlin Brandenburg: Mit der BER-Eröffnung soll es auch 2018 knapp werden ...
Schon 2013 ermittelte ein Experte, dass der BER nicht vor 2018 Betrieb gehen kann. Jetzt bekam er Post vom Flughafenchef.
Die Absage ist freundlich. Geschrieben hat sie Karsten Mühlenfeld. Vorweg leistet der Berliner Flughafenchef erst einmal Abbitte, dass seine Vorgänger es nie für nötig gehalten hatten, auf das Hilfsangebot für den unvollendeten Hauptstadtflughafen überhaupt zu antworten. „Bitte entschuldigen Sie, dass Sie bislang keine Antwort der Flughafen Berlin-Brandenburg GmbH erhalten haben.“ Das Schreiben, datiert vom 26. Mai 2016, ist gerichtet an Peter Hess, Geschäftsführer der Firma Berotronika Systeme GmbH aus Mainz. Er hat bereits vor drei Jahren die BER-Verantwortlichen – Manager, Aufsichtsräte, Bundesminister – gewarnt, dass der neue Hauptstadt-Airport nicht vor 2018 in Betrieb gehen kann. Niemand wollte das damals hören. Er ist neben dem Flughafenplaner Dieter Faulenbach da Costa bereits der zweite unabhängige Experte, der erst einen BER-Start im Jahr 2019 als realistisch ansieht.
Frühestens der 24. März
Hess ist spezialisiert auf Risikomanagement von Großprojekten. Er war 20 Jahre bei IBM, fünf Jahre bei der Computerfirma Tandem und machte sich später selbstständig. Wie er einmal über sich schrieb, hat er als „alter Projekthase“ seit 1969 diverse militärische, öffentliche und industrielle Vorhaben begleitet, „darunter militärische Großprojekte bei Bundeswehr und Nato.“
Die sind bekanntlich auch anfällig für Kostenexplosion und Verzögerungen. „Hierbei war stets die Abschätzung von Projektrisiken ein zentraler Punkt des Projektmanagements mit den bekannten Unschärfen.“ Und mit seinem erprobten Know-How, einem computergestützten Detailcheck von fast 8000 für eine Inbetriebnahme relevanten Fragen, hat Hess den BER unter die Lupe genommen. Er hat mit seinem Modell Fertigstellungstermine errechnet. Sein Fazit: Bei optimistischer Annahme könne der BER frühestens am 24. März 2018 eröffnen, der realistische Termin („most likely“) sei der 5. Februar 2019. Im Szenario „pessimistic“ kam Hess auf den 17. September 2019.
Er wolle Müller „nicht mit Details langweilen“
Diese Analyse stammt vom Januar 2013, als gerade mal wieder ein Eröffnungstermin abgesagt worden war. Hess hat sich damals an alle gewandt, an Flughafenchef Horst Amann, später auch Hartmut Mehdorn, an den damaligen Aufsichtsratschef und brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) und den damaligen Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). Resonanz? Fehlanzeige.
Vor ein paar Wochen hat Hess noch einmal Anlauf genommen, schrieb an Mühlenfeld und an Berlins Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD), der den Aufsichtsrat leitet. „Sehr geehrter Herr Müller, dass der Flughafen nicht mehr in 2017 eröffnet werden wird respektive kann, ist eine weise Vision.“ Er verwies auf seine damalige Prognose: „Unter anderem wurde damals das Gesamtrisiko des Projektes bei ca. 78% (High Risk) gesehen.“ Er wolle Müller „nicht mit Details langweilen“, aber „die Frage, warum diesen Hinweisen nicht nachgegangen wurde, darf man wohl stellen respektive wird man beweislastig noch stellen müssen.“
Nun bekam Hess zumindest erstmals eine Antwort, nicht von Müller, aber von Mühlenfeld, der erklärt, warum man seine Expertise nicht benötigt. Es sei ja „kein Geheimnis, dass bei Planung und Bau des Flughafens ... Fehler gemacht worden sind“, heißt es im Absagebrief. „Inzwischen haben wir das Projekt neu aufgestellt: Die Bauherrenrolle wurde gestärkt, Planung und Genehmigung stehen vor dem Bauen.“
Das von Hess „vorgestellte Modell erscheint fundiert und ist sicher mit detaillierten Informationen gespeist“, schrieb Mühlenfeld. Es basiere allerdings vor allem „auf sekundären Quellen“. Man verfüge selbst über ein Risikomanagementsystem, das auf aktuellstem Stand sei. Der Flughafen sei in diesem Bereich „für alle unternehmerischen Anforderungen gut gerüstet.“ Einen Termin, wann der BER startet, nannte Mühlenfeld nicht.