BER-Kapazität "ganz schnell" ausgereizt: Militärische Planspiele für Tegel
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Steffel sieht den neuen BER schon jetzt nahe an seinen Kapazitätsgrenzen und will Tegel länger offen lassen. Eine Möglichkeit: Die Luftwaffe solle den Airport weiter betreiben. Doch die Flughafengesellschaft wehrt sich dagegen.
Die Bundeswehr – und damit auch die Flugbereitschaft der Bundesregierung – will Tegel gleichzeitig mit den zivilen Fluggesellschaften verlassen, sobald in Schönefeld der neue Flughafen in Betrieb gehen wird. An eine weitere militärische Nutzung der Anlage denke man bisher nicht, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Holger Neumann. Nur die Hubschrauber für die Bundesregierung bleiben vorläufig in Tegel.
Damit bricht eine Hoffnung des CDU-Bundestagsabgeordneten Frank Steffel weg, der Tegel länger am Leben halten will. Bei einer weiteren militärischen Nutzung könnte die Bundeswehr auch zivilen Verkehr zulassen: für Linien und Privatmaschinen. Steffel ist überzeugt, dass der Flughafen weiter gebraucht wird, weil die Kapazität des neuen Flughafens „ganz schnell“ ausgereizt sein werde: Wie beim Zeitplan und der Finanzierung habe sich Flughafenchef Rainer Schwarz auch bei der Zahl der abzufertigenden Passagiere verrechnet.
Tegel muss nach dem geltenden Planfeststellungsbeschluss für den Ausbau in Schönefeld spätestens ein halbes Jahr nach dem ersten Start eines Flugzeugs von der neuen Bahn in Schönefeld geschlossen werden. Zumindest diese Frist solle ausgenutzt werden, um Reserven zu behalten, sagte Steffel.
Bildergalerie: Viel Betrieb am Flughafen Tegel
Die Flughafengesellschaft will jedoch weiter – wie es bereits zur für den 3. Juni 2012 geplanten Eröffnung vorgesehen war – unmittelbar in der Nacht vor der Aufnahme des Flugbetriebs in Schönefeld die Anlage in Tegel komplett verlassen und den Flugverkehr sofort aufgeben. Ein Doppelbetrieb wäre unwirtschaftlich, argumentiert Flughafensprecher Ralf Kunkel.
Steffel ist trotzdem dafür, zu prüfen, ob die Vorgabe zur Schließung von Tegel aufgehoben werden kann. Dies sei möglich, wenn sich die Planungsbedingungen geändert haben, ist er überzeugt. Das sei der Fall, weil die Zahl der Passagiere bisher schon weit höher als prognostiziert gestiegen und demnach der neue Flughafen in Schönefeld zu klein sei.
Dort hat man planerisch für 27 Millionen Fluggäste im Jahr gebaut. Durch Anbauten an den bestehenden Terminal könne man auf bis zu 30 Millionen Passagiere kommen, sagte Kunkel. Dies reiche für die nächsten Jahre. Perspektivisch kann der neue Flughafen mit zwei sogenannten Satellitengebäuden auf eine Kapazität von 45 Millionen Passagieren erweitert werden. Wie die dafür erforderliche Investitionssumme aufgebracht werden kann, ist derzeit allerdings völlig unklar. Noch nicht einmal die Mehrkosten für den jetzigen Ausbau in Höhe von derzeit veranschlagten 1,17 Milliarden Euro sind bisher finanziert.
Sollte Tegel geschlossen werden, müssten zumindest die bisherigen Anlagen in Schönefeld für einen Flugbetrieb erhalten werden, fordert Steffel. Auch diesen Standort gibt der Flughafen auf, weil ein Weiterbetrieb mit doppelten Anlagen zu teuer sei. Das bisherige Abfertigungsgebäude A will die Bundesregierung nach dem Auszug der Flughafengesellschaft für 3,6 Millionen Euro als vorübergehendes Regierungsterminal umbauen.
Im Jahr 2016 ist dann der Einzug in ein neues Gebäude geplant. Rund 310 Millionen Euro soll der Regierungsflughafen kosten, in bekannter Schönefelder Tradition doppelt so viel wie zunächst geplant und ebenfalls mit großer Verspätung. Bauvorbereitende Arbeiten sollen 2013 beginnen, teilte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben mit. Ob sich eine neuerliche Verschiebung des BER-Eröffnungstermins auf den Bau des Regierungsflughafens auswirke, könne derzeit nicht beurteilt werden, hieß es.
Klaus Kurpjuweit